Nach dem Vorbild von Amsterdam Melnyk fordert Hafen-Boykott russischer Tanker
02.05.2022, 19:43 Uhr
Das Großtanklager Ölhafen Rostock: Hier wartet ein Tanker aus Russland auf die Abfertigung.
(Foto: picture alliance/dpa)
In Amsterdam weisen Hafenarbeiter einen russischen Öltanker zurück, der zuvor schon in Schweden nicht anlegen durfte. Der ukrainische Botschafter Melnyk wirbt nun auch in Deutschland für den Boykott solcher Schiffe: Eines wartet gerade im Hafen von Rostock auf Entladung.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat dazu aufgerufen, Schiffe mit russischen Lieferungen nicht in deutschen Häfen zu entladen. "Ich rufe die Ampel-Regierung, alle Landesregierungen sowie alle deutschen Häfen auf, sämtliche russischen Schiffe oder Schiffe mit russischer Ladung - vor allem Öltanker - zu boykottieren", sagte Melnyk dem "Spiegel". Am Samstag hatten Mitarbeiter des Amsterdamer Hafens ein mit Dieselöl beladenes Tankschiff aus Russland abgewiesen. Der Tanker "Sunny Liger" sei vor der niederländischen Küste vor Anker gegangen, nachdem die Hafenarbeiter sich geweigert hätten, das Schiff zu entladen, hieß es vom Sender NOS. Zuvor hatten Hafenarbeiter in Schweden bereits den Tanker abgewiesen, woraufhin er Kurs auf die Niederlande nahm.
Melnyk sagte dem "Spiegel" zufolge, der in Rostock liegende Tanker "Advantage Point", der nach Internetangaben aus dem russischen Primorsk kommt und russische Erdölprodukte geladen habe, solle nicht entladen werden. Die Entladung ist den Informationen zufolge für Montag oder Dienstag geplant. Rostock spielt eine wichtige Rolle bei der Versorgung der ostdeutschen Raffinerien in Schwedt (Brandenburg) und Leuna (Sachsen-Anhalt) mit Öl und Ölprodukten.
Habeck wirbt für EU-Embargo bei russischem Öl
Aus dem Umfeld des Rostocker Hafens hieß es, dass es nach aktueller Rechtslage keine Möglichkeiten gebe, die Entladung zu verweigern. Weitere Informationen über die Ladung des unter der Flagge der Marshall Islands fahrenden Tankers beziehungsweise den Termin der Entladung waren nicht zu erhalten. Die Gewerkschaft Verdi äußerte sich laut dem Bericht zurückhaltend zu Melnyks Forderungen. "Wir brauchen klare politische Leitlinien zu diesem Thema, dann setzen wir diese sofort um", sagte Maja Schwiegershausen-Güth, Leiterin maritime Wirtschaft bei Verdi.
In der Debatte um ein Öl-Embargo gegen Russland rief derweil Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck alle EU-Länder dazu auf, ihre Abhängigkeit von russischer Energie möglichst schnell zu reduzieren. "Die Solidarität mit der Ukraine gebietet es jetzt, die Lieferungen von fossilen Energien aus Russland schnell und drastisch zu reduzieren", sagte Habeck am Rande eines Sondertreffens der für Energie zuständigen EU-Minister in Brüssel. Es müsse Rücksicht auf die jeweiligen Abhängigkeiten der Länder genommen werden, aber die Anstrengungen müssten gemeinsam vorangebracht werden. Ungarn, das stark von russischer Energie abhängig ist, hatte gedroht, Sanktionen gegen russische Öl-Lieferungen abzulehnen.
Quelle: ntv.de, mau/dpa