Schutz vor feindlichen Übernahmen NRW plant Hochtief-Gesetz
16.10.2010, 14:13 UhrDie Übernahmepläne des spanischen Baukonzerns ACS lösen in Deutschland hektische Betriebsamkeit aus: Das Land Nordrhein-Westfalen arbeitet unter Hochdruck an einem Gesetz, das deutsche Unternehmen vor feindlichen Übernahmen schützen soll. Unklar ist, ob das Schutzschild rechtzeitig fertig wird.

Niedersachsen kennt das VW-Gesetz: Nur ein Beispiel für die schirmende Einflussnahme der Politik in das Wirtschaftsleben.
(Foto: dapd)
Angesichts der drohenden feindlichen Übernahme des Baukonzerns Hochtief durch den spanischen Konkurrenten ACS strebt die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen schärfere Gesetze zum Schutz deutscher Unternehmen an. "Wir wollen die Möglichkeiten für feindliche Übernahmen erschweren", sagte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD). Eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Ressorts Wirtschaft, Finanzen und Justiz sowie der Staatskanzlei wolle die Möglichkeiten einer Gesetzesänderung über eine Bundesratsinitiative ausloten. "Eine Entscheidung wird in der nächsten Woche fallen", sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).
ACS ist mit 29,98 Prozent bereits größter Einzelaktionär an Deutschlands größtem Baukonzern. Nach eigenen Angaben will der Konzern per Aktientausch einen Anteil von etwas über 50 Prozent übernehmen. Hochtief lehnt eine Übernahme durch die Spanier generell an ab. Arbeitnehmervertreter und Unternehmensführung suchen auf allen Ebenen nach Unterstützung. Im Abwehrkampf hatte der Konzern Anfang Oktober bereits die Bundesregierung um Hilfe gebeten, Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) lehnte ein Eingreifen jedoch ab.
Appell an die Banken
SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die deutschen Banken auf, sich im Übernahmekampf für Hochtief zu engagieren. "Wenn unsere Banken den Ruf, vaterlandslose Gesellen zu sein, loswerden wollen, dann sollten sie gute Hochtief-Aktien statt schlechter Auslandsanleihen kaufen", sagte Gabriel der "Bild"-Zeitung.
Der Wirtschaftsrechtler Uwe Schneider unterstützt die Forderung des Essener Baukonzerns nach einer schnellen Änderung des deutschen Übernahmerechts. Nur so seien feindliche Übernahmen deutscher Unternehmen zu verhindern, sagte der Professor der Technischen Universität Darmstadt der "Wirtschaftswoche". "Fälle wie Hochtief werden wir in Zukunft häufiger erleben, wenn der Gesetzgeber nichts tut."
Schneider kritisierte, dass es "in Deutschland keine Möglichkeiten gibt, sich gegen Übernahmen wirksam zu wehren". Das gelte auch noch nach den bald gesetzlich verbesserten Offenlegungspflichten für angreifende Unternehmen. Das Übernahmerecht nehme zudem keine Rücksicht auf die freien Aktionäre, meinte Schneider.
An Recht und Gesetz gebunden
Dagegen erteilte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), Forderungen nach einer Änderung des Übernahmegesetzes eine Absage. "Aus meiner Sicht ist eine Lücke im deutschen Übernahmerecht nicht zu erkennen. Es besteht kein Handlungsbedarf", sagte er der Wirtschaftszeitung "Euro am Sonntag". "Wer Aktien kauft, hat Risiko und Chance. Eine Übernahme kann sich hierbei sowohl positiv als auch negativ auswirken."
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, dämpfte Erwartungen, dass die Politik Hochtief helfen könne. Zwar wünsche er sich den Erhalt der Selbstständigkeit des Konzerns, sagte Laumann der "Rheinischen Post". "Man muss aber auch sehen, dass irgendwer ja mal die Aktien an die Spanier verkauft hat. Jetzt wird man die Geister nicht mehr los, die man gerufen hat. Und jetzt ruft man nach der Politik, die sich aber an Recht und Gesetz halten muss."
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts