Wirtschaft

Geldregen im neuen Haushalt Putins Waffenmaschine stottert - wie lange noch?

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Im März hat Wladimir Putin eine Hubschrauberfabrik besucht.

Im März hat Wladimir Putin eine Hubschrauberfabrik besucht.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Im kommenden Jahr erhöht Russland seine Militärausgaben dramatisch. Doch der Geldregen trifft im Rüstungsbereich auf massive Probleme: Korruption und fehlende Bauteile lassen Beschaffungsverträge platzen.

Die russische Armee geht auf dem Zahnfleisch, doch Wladimir Putin denkt gar nicht daran, seine Invasion zu stoppen. Im Gegenteil: Bei einem Blick in seinen neuen Haushaltsentwurf offenbart sich seine Gier auf einen russischen Sieg. "Russland plant 2024 eine enorme Erhöhung der Verteidigungsausgaben", berichtete Bloomberg vor wenigen Tagen. Das Wirtschaftsportal konnte einen Blick werfen in den neuen Haushaltsentwurf, den das russische Finanzministerium inzwischen bestätigt hat.

Die Zahlen darin sind gigantisch: Die Ausgaben für den Bereich "Nationale Verteidigung" sollen nächstes Jahr 68 Prozent höher sein als in diesem Jahr und insgesamt sechs Prozent des russischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen - so viel war es zuletzt im Kalten Krieg.

Verdreifachung des Verteidigungsbudgets

In absoluten Zahlen sind nächstes Jahr 10,8 Billionen Rubel für das russische Militär vorgesehen, umgerechnet 106 Milliarden Euro. Zum Vergleich lag das Kriegsbudget in diesem Jahr "nur" bei 6,4 Billionen Rubel. 2021 - im letzten Jahr vor dem russischen Angriff auf die Ukraine - waren es noch 3,6 Billionen Rubel.

Weiterhin plant Russland elf Billionen Rubel für einen Bereich ein, der im Haushalt als geheim eingestuft ist und in der Regel ebenfalls die Sicherheit des Landes betrifft. Auch das wäre eine fast 70-prozentige Steigerung im Vergleich zu diesem Jahr. Insgesamt könnte Russland also mehr als 200 Milliarden Euro oder zwölf Prozent des BIP in den Angriff auf die Ukraine und die Konsequenzen daraus fließen.

"Fokus auf Sieg"

Die Botschaft dieses Haushalts ist eindeutig: Putin will den Krieg gewinnen. Die Rüstungsindustrie soll Waffen, Munition und anderes Kriegsgerät in riesigen Mengen produzieren. "Der Fokus liegt darauf, unseren Sieg zu sichern", sagt auch Finanzminister Anton Siluanow öffentlich.

Doch noch stottert die Kriegsmaschine: Russland kann zwar nach wie vor Maschinen und Bauteile für die Waffenproduktion in Europa und Deutschland besorgen, weil einige Firmen die Sanktionen anscheinend nicht streng genug kontrollieren. Trotzdem hat die russische Rüstungsindustrie gewaltige, systematische Probleme.

"Prekäre Lage"

In einer neuen Recherche berichtet die "Nowaja Gaseta Europa", dass sich die russischen Rüstungshersteller in einer "prekären Lage" befinden. Sie würden von Korruption und einem chronischen Mangel an Bauteilen aus dem Ausland gelähmt, schreibt die unabhängige russische Exilzeitung. Deswegen falle es den Unternehmen schwer, Beschaffungsverträge des russischen Verteidigungsministeriums einzuhalten, obwohl sie seit Monaten rund um die Uhr produzieren.

Die Konsequenzen können für die Unternehmen dramatisch sein: Wer Aufträge des Verteidigungsministeriums ablehnt oder nicht rechtzeitig liefert, kann ins Gefängnis kommen. Seit Kriegsbeginn hat sich die Zahl der Strafverfahren wegen nicht eingehaltener Rüstungsverträge verdoppelt, wie die "Nowaja Gaseta Europa" berichtet. Mindestens 419 Personen wurden bereits für Verstöße im Beschaffungswesen bestraft.

Besonders düster ist die Lage demnach in der Schifffahrt. Das "Wall Street Journal" berichtete, dass der größte russische Schiffsbauer United Shipbuilding Corporation kaum vorankommt beim Bauen oder teilweise gar nicht arbeiten kann, weil Motorenteile aus dem Ausland fehlen. Dieser Bericht stammt aus dem April. Danach begann die Ukraine, die russische Schwarzmeerflotte ins Visier zu nehmen.

Was machen China und die VAE?

"Westliche Sanktionen haben es für russische Unternehmen fast unmöglich gemacht, im Ausland Halbleiter oder andere elektronische Bauteile für die Herstellung von Flugzeugen, Schiffen, Luftabwehrsystemen und Fahrzeugen zu bestellen", fasst die "Nowaja Gaseta Europa" ihre Recherche zusammen. Ohne diese Teile sei es aber praktisch unmöglich, selbst einfachste Waffen wie Artilleriegeschosse, Minen oder Gewehre in den Mengen zu bauen, die die russische Armee benötigt.

Ein massives Problem bleibt auch die Korruption. Erst im Mai beschwerte sich der höchste russische Korruptionsjäger öffentlich, dass Unternehmen "in dieser für Russland schwierigen Zeit noch immer Korruption und Diebstahl bei der Erfüllung von Verteidigungsaufträgen zulassen". Beispielsweise soll ein früherer Abgeordneter der russischen Duma, der mit seiner Firma Kriegsschiffe repariert, 80 Prozent der Gelder gestohlen haben, die er dafür erhalten hatte.

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Und trotz des Geldregens könnten sich die Probleme der Rüstungsindustrie nächstes Jahr weiter verschlimmern: Die russische Wirtschaftszeitung "Kommersant" berichtet, dass auch chinesische Behörden inzwischen die Lieferung von Bauteilen zum Beispiel für den Drohnenbau nach Russland erschweren. Die Vereinigten Arabischen Emirate überlegen, ob sie Exportkontrollen einführen sollten für Halbleiter und andere Dual-Use-Güter, die für zivile, aber auch militärische Zwecke eingesetzt werden können, meldet Bloomberg.

Wladimir Putin pumpt unfassbar viel Geld in seine Rüstungsindustrie, weil er mehr Waffen für seinen Angriff auf die Ukraine will. Doch die Militärmaschine stottert.

"Wieder was gelernt"-Podcast

"Wieder was gelernt" ist ein Podcast für Neugierige: Warum wäre ein Waffenstillstand für Wladimir Putin vermutlich nur eine Pause? Warum fürchtet die NATO die Suwalki-Lücke? Wieso hat Russland wieder iPhones? Mit welchen kleinen Verhaltensänderungen kann man 15 Prozent Energie sparen? Hören Sie rein und werden Sie dreimal die Woche ein wenig schlauer.

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Quelle: ntv.de

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