Wirtschaft

China will in Hamburg einsteigen SPD-Senator wettert gegen "selbst ernannte Hafenexperten"

"Es sind noch viele Fragen zu klären", sagt Kanzler Scholz über den möglichen chinesischen Einstieg im Hamburger Hafen.

"Es sind noch viele Fragen zu klären", sagt Kanzler Scholz über den möglichen chinesischen Einstieg im Hamburger Hafen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der Hamburger Hafenlogistiker HHLA will eine strategische Partnerschaft mit einem chinesischen Staatskonzern eingehen. Ein Fehler? Der Ausverkauf deutscher Infrastruktur an China? Nein, betont Hamburgs SPD-Finanzsenator in Richtung FDP und Grüne. Auch der Kanzler versucht zu beruhigen.

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel hat im Streit um die geplante Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco an einem HHLA-Containerterminal im Hamburger Hafen Sachlichkeit angemahnt. "Dass in der aktuellen Lage Leute bei solchen (Minderheits-) Beteiligungen Fragen haben, ist mehr als verständlich", schreibt der SPD-Politiker auf Twitter. Dass es sich um einen Ausverkauf an China handele, stimme aber nicht, ergänzt er unter Verweis auf den Hashtag #ChinaSellOut. "Da sollten die vielen selbst ernannten Hafenexperten quer durch die Republik mal bei den Fakten bleiben."

Als Begründung verweist der Finanzsenator in seinem Tweet auf eine Stellungnahme des Hamburger Hafenlogistikers HHLA. Darin betont dieser, dass der chinesische Konzern Cosco durch die geplante 35-Prozent-Beteiligung am Terminal Tollerort keinen Zugriff auf den Hamburger Hafen, die HHLA und auch nicht auf strategisches Know-how erlange. Zudem bekomme Cosco an dem Terminal auch keine exklusiven Rechte.

Insofern würden durch die Beteiligung auch keine einseitigen Abhängigkeiten geschaffen, heißt es in der Mitteilung. "Im Gegenteil: Sie stärkt die Lieferketten, sichert Arbeitsplätze und fördert Wertschöpfung in Deutschland."

"Es sind noch viele Fragen zu klären"

An dem geplanten Teilverkauf des Hafenterminals gibt es große Kritik. Unter anderem sind sechs Ministerien auf Konfrontationskurs mit dem Kanzleramt gegangen, das den Deal Berichten zufolge durchboxen will. Nach dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-Länder in Brüssel schien Kanzler Olaf Scholz die Wogen glätten zu wollen. "Es sind noch viele Fragen zu klären", sagte der frühere Erste Bürgermeister Hamburgs am Nachmittag. Es gebe keinen Zwischenstand zu vermelden. Der entsprechende Antrag werde sorgfältig geprüft. Dabei spielten Sicherheitsinteressen auch immer eine Rolle.

HHLA und Cosco hatten die 35-prozentige Beteiligung 2021 vereinbart. Die Hamburger Logistiker fürchten einen Wettbewerbsnachteil, da die chinesische Reederei bereits in anderen europäischen Häfen wie Antwerpen und Rotterdam an einem Terminal beteiligt ist. Da es sich beim Hamburger Hafen allerdings um Kritische Infrastruktur handelt, hatte das Bundeswirtschaftsministerium ein Investitionsprüfverfahren eingeleitet. Der Verkauf kann somit vom Bundeskabinett untersagt werden.

"Das ist mit Verlaub irre"

Darauf drängt unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Er wolle "regierungsinternes Handeln" nicht kommentieren, sagte er am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover. Man habe aber gelernt, "dass Abhängigkeiten von Ländern, die dann möglicherweise ihre eigenen Interessen in diese Abhängigkeiten hineinspielen, also uns dann erpressen wollen, nicht mehr nur ein abstraktes Phänomen sind, sondern - Gas/Russland - Realität in dieser Welt sind". Habeck betonte: "Wir sollten diese Fehler nicht wiederholen."

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Auch die FDP als dritte Partei der Ampel-Koalition betrachtet den Verkauf kritisch. "Wir werden das nicht mittragen - unter keinen Umständen", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, beim Sender Phoenix. "Die Chinesen sind weltweit auf dem Balkan, in Afrika, in Deutschland oder den Häfen von Piräus, Triest oder Genua unterwegs - und die sind alle schon in chinesischer Hand. Das ist mit Verlaub irre."

Vor diesem Hintergrund gibt es auch Kritik an einer möglichen China-Reise von Scholz. Im Bundeswirtschaftsministerium, dem Auswärtigen Amt und der EU werde befürchtet, dass der Kanzler bei dem für Anfang November angesetzten Besuch den konzilianten China-Kurs seiner Vorgängerin Angela Merkel fortsetzen könnte, berichtet das "Handelsblatt". Demnach wolle Scholz die Cosco-Beteiligung in Hamburg "bei seiner geplanten China-Reise als Morgengabe mitbringen", erklärte der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer. Dies werde ihn aber "gegenüber der Pekinger Führung schwächen, nicht stärken".

Quelle: ntv.de, chr/dpa/rts

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