Wirtschaft

Ärger für Banken und Reedereien US-Regierung jagt Putins Auslandshelfer

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Schrittweise überprüft die US-Regierung die Geschäfte ausländischer Banken und Firmen.

Schrittweise überprüft die US-Regierung die Geschäfte ausländischer Banken und Firmen.

(Foto: picture alliance / abaca)

Indien kauft russisches Öl, chinesische und türkische Banken freuen sich über Geschäfte mit russischen Unternehmen. Viele der ersten Russland-Sanktionen werden von anderen Ländern nicht als Abschreckung, sondern als Chance verstanden. Jetzt hat die US-Regierung die Nase voll.

Indische Öl-Importe füllen die russische Kriegskasse, denn unter anderem der indischen Regierung ist ein gutes Geschäft wichtiger als der russische Angriff auf die Ukraine. Doch derzeit machen russische Öl-Tanker merkwürdige Dinge: Auf dem Weg nach Indien bleiben sie plötzlich stehen, drehen ab oder schalten ihre Ortungssysteme aus, um von Schifffahrtskarten zu verschwinden. Andere legen auf dem Weg zu russischen Ostsee-Terminals überraschende Kehrtwenden ein und ankern stattdessen im Schwarzen Meer. Beobachter sind sich sicher: Die Anzeichen verdichten sich, dass Russland Schwierigkeiten hat, sein Öl zu verkaufen.

Denn bereits im Januar hatte das Finanzportal Bloomberg 14 Frachter identifiziert, die 11 Millionen Barrel russisches Rohöl nach Indien liefern sollten, es aber nicht taten. Im Februar wuchs die Liste auf mindestens 21 Tanker an. Auf Nachfrage erklärte die indische Regierung knapp: Man habe die Importe gestrichen, weil die Preise nicht niedrig genug seien.

Möglich scheint aber auch eine andere Ursache: Alle Schiffe gehören zu einer Gruppe von insgesamt 50, die seit Oktober entweder selbst oder über ihre Reedereien auf eine Schwarze Liste der USA gesetzt wurden, weil sie Russland mit ihren Lieferungen helfen, US-Sanktionen zu umgehen.

Angriff auf die Schattenflotte

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatten die G7-Staaten im Dezember 2022 eine Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel für russisches Rohöl beschlossen, um Geld aus der russischen Kriegskasse zu ziehen, ohne den Welthandel zu torpedieren. Der Erfolg war von kurzer Dauer: Russland baute eine eigene Schattenflotte auf, um sein Öl ungestört an indische oder chinesische Kunden liefern zu können. Auch einige westliche Unternehmen ignorierten den Preisdeckel und transportierten russisches Öl, weil es wenige oder gar keine Kontrollen gab.

Bis jetzt jedenfalls, denn Ende vergangenen Jahres haben die USA begonnen, mögliche Verstöße gegen die Preisobergrenze zu untersuchen und mit einem Ausschluss aus dem amerikanischen Finanzsystem zu bestrafen - Washington hat ein neues Kapitel der Russland-Sanktionen eingeleitet.

Griechenland steigt aus

Die Konsequenzen bekommen derzeit auch griechische Schifffahrtsunternehmen zu spüren. Sie verdienen ebenfalls sehr viel Geld mit Öl-Transporten und haben deshalb bis vergangenen September weiter Geschäfte mit Russland gemacht. Zuletzt lehnten die drei führenden griechischen Reedereien weitere Aufträge für November oder später allerdings ab, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.

Der Grund? Das US-Finanzministerium hat im November mehrere Tanker aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) mit Sanktionen belegt, weil Verstöße gegen den Ölpreisdeckel festgestellt wurden. Ihr Besitz, der sich in den Vereinigten Staaten befindet, oder Geldflüsse, die US-Systeme wie den Dollar nutzen, können somit beschlagnahmt werden. Das sind praktisch alle.

Noch ist das Bild uneinheitlich, das US-Finanzministerium untersucht und bestraft Verstöße gegen die Russland-Sanktionen schubweise. Aber auch an anderer Stelle ist erkennbar, dass die USA und die EU nicht daran denken, ihr Sanktionsregime zu lockern - im Gegenteil.

Schließung russischer Konten

Direkt nach Kriegsbeginn hatten etwa die Vereinigten Arabischen Emirate bereitwillig russische Privatpersonen oder Unternehmen mit neuen Konten, Büroräumen und Kontakten ausgestattet, die in Europa oder Nordamerika nicht mehr willkommen waren. Jetzt allerdings haben mehrere Banken der Emirate aus Angst vor Verstößen gegen die US-Sanktionen begonnen, Zahlungsflüsse von und nach Russland einzuschränken und Konten von russischen Unternehmen und Privatpersonen wieder zu schließen. Das hat die russische Wirtschaftszeitung "Wedemosti" berichtet unter Berufung auf drei russische Geschäftsleute, die mit dem Ölhandel in den Emiraten ihr Geld verdienen.

Die Emirate holen damit nach, was in der Türkei und China in vielen Fällen schon länger Usus ist: Obwohl die türkische Regierung angekündigt hatte, westliche Sanktionen nicht anzuerkennen, haben türkische Banken laut der russischen Tageszeitung "Moscow Times" Anfang dieses Jahres angefangen, keine russischen Zahlungen mehr anzunehmen, Konten zu sperren oder zu schließen. Die russische Wirtschaftszeitung "Kommersant" vermeldete vor wenigen Tagen die Konsequenzen: Die Zahl der Transaktionen türkischer Lira brach von Dezember auf Januar um 75 Prozent ein.

Ebenfalls nach dem Jahreswechsel zogen staatliche chinesische Banken die Notbremse: Mindestens zwei verlangen laut Bloomberg von ihren russischen Klienten eine ausführliche und verbindliche Dokumentation, dass Waren oder Geld nicht für die russische Rüstungsindustrie gedacht sind.

Ausschluss vom Dollar-System

Vorausgegangen war diesen Fällen eine Anordnung, die US-Präsident Joe Biden im Dezember unterzeichnet hatte und die man wie folgt zusammenfassen kann: Sollten Banken dabei erwischt werden, dass sie mit ihrem Geld indirekt die russische Invasion der Ukraine unterstützen, werden sie auf eine Schwarze Liste gesetzt und vom Dollar-System ausgeschlossen - und damit praktisch vom globalen Finanzsystem.

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Auch die EU zieht ihre Schrauben an: Sie hat im Februar neue Handelsbeschränkungen für Firmen in Hongkong, Serbien, Indien und der Türkei vorgeschlagen. Und erstmals in ihrer Geschichte für drei chinesische Elektronik- und Technologie-Unternehmen, die somit keine Geschäfte mehr in Europa machen dürften.

Der russischen Führung ist die Problematik bewusst: Man halte die Probleme für nicht kritisch und verhandle derzeit um eine Lösung, erklärten Kreml-nahe Quellen, nachdem die Banken der Emirate auf Distanz zu russischen Unternehmen gegangen waren. Andere wurden deutlicher: Es handele sich um "beispiellosen, unverhohlenen und aggressiven Druck."

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Dieser Text ist eigentlich ein Podcast: Welche Region schickt nur Verlierer in den Bundestag? Warum stirbt Ostdeutschland aus? Wieso geht dem Iran das Wasser aus? Welche Ansprüche haben Donald Trump und die USA auf Grönland?

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Quelle: ntv.de

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