Ausgaben steigen ungebremstWo die Beitragsmilliarden der Krankenversicherten bleiben

Die Krankenkassenbeiträge sind bereits seit Jahren der wesentliche Faktor, der die Lohnnebenkosten in Deutschland auf ein Rekordniveau getrieben hat. Und die Ausgaben steigen immer weiter. Aktuelle Zahlen zeigen die größten Kostenblöcke und steilsten Anstiege.
Die Krankenkassen schlagen Alarm, wieder einmal. Die Beitragssätze dürften im kommenden Jahr erneut kräftig steigen. Die Frage ist nur noch, wie kräftig. Laut Bundesgesundheitsministerin Nina Warken soll der allein von den Arbeitnehmern zu zahlende Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 2026 von derzeit 2,5 auf 2,9 Prozent steigen. Dieser Satz ist allerdings nicht verpflichtend, jede Kasse kann ihn nach dem eigenen Bedarf anpassen, viele verlangen schon jetzt deutlich mehr.
Angesichts der ungebremst steigenden Ausgaben der Krankenkassen wäre eine Beitragserhöhung um 0,4 Prozentpunkte laut Kassenvertretern allerdings selbst dann knapp, wenn von Warken geplante Sparmaßnahmen noch kurzfristig vor Jahresende umgesetzt würden. Der entsprechende Gesetzentwurf, der im kommenden Jahr zu Einsparungen von zwei Milliarden Euro für die gesetzlichen Kassen hätte führen sollen, wurde vom Bundesrat vorerst gestoppt.
Laut der aktuellen Prognose des GKV-Schätzerkreises, der die Finanzentwicklung der Kassen für das Gesundheitsministerium abschätzt, dürften die jährlichen Ausgaben von 330 Milliarden Euro in diesem auf 353 Milliarden Euro im nächsten Jahr steigen. Bei diesem Plus von 23 Milliarden Euro oder 6,7 Prozent hätte Warkens Minireform ohnehin nur eine leichte Dämpfung des Beitragsanstiegs bewirken können. Für eine Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung wäre eine viel weitergehende Reform notwendig. Solange die nicht kommt, werden auch die Ausgaben der Kassen und die Beiträge weiter steigen. Nach der nun anstehenden Beitragserhöhung werde es im übernächsten Jahr "noch schlimmer weitergehen", warnte jüngst der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, in der ARD.
Schon in den vergangenen Jahrzehnten haben die steigenden Krankenkassenbeiträge, neben denen zur Pflegeversicherung, maßgeblich die Lohnnebenkosten nach oben getrieben - bis auf das aktuelle Rekordniveau von 42,5 Prozent und 42,9 Prozent im kommenden Jahr. Dagegen sind die Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken.
Aktuelle Zahlen des GKV Spitzenverbands zeigen, wo die größten Kostenblöcke und höchsten Steigerungen liegen. Absoluter Spitzenreiter ist dabei die Krankenhausbehandlung. Mehr als 100 Milliarden Euro gaben die Kassen im vergangenen Jahr für die Behandlung in Kliniken aus, fast doppelt so viel wie für den nächstgrößten Kostenblock, die Arzneimittel. Umso schwerer wiegt, dass der riesige Posten Krankenhausbehandlung aktuell auch den schnellsten Zuwachs verzeichnet. So stiegen in den ersten neun Monaten dieses Jahres die Ausgaben pro Versichertem in diesem Bereich um fast 10 Prozent.
Ebenfalls stark gestiegen sind in den ersten drei Quartalen 2025 die Kosten für ambulante ärztliche Behandlung. Die Ausgaben dafür bildeten schon im Vorjahr mit gut 50 Milliarden Euro den dritten großen Kostenblock und legten pro Kopf nun noch einmal um gut 7,5 Prozent zu. Auf Rang drei und vier bei den Ausgabensteigerungen liegen die Arzneimittel mit etwa 6 Prozent und die zahnärztliche Behandlung mit rund 4,3 Prozent.
Die Zahlen zeigen auch, wo die wichtigsten Hebel sind, an denen eine umfassende Gesundheitsreform ansetzen müsste. Eine Experten-Kommission, die Vorschläge für eine solche Reform vorlegen soll, hat Gesundheitsministerin Warken bereits im September eingesetzt. Mit deren Hilfe sollen die Finanzen der GKV ab 2027 stabilisiert werden. Bis dahin dürften die Sozialversicherungsbeiträge die 43-Prozent-Marke schon deutlich überschritten haben.