Wirtschaft

Drohende Rezession Euroraum gleitet ab

Die Rezession wirft drohende Schatten über Europa.

Die Rezession wirft drohende Schatten über Europa.

(Foto: REUTERS)

Die jüngsten Konjunkturzahlen aus dem Euroraum sprechen eine deutliche Sprache: Die Wirtschaft befindet sich immer noch im Rückwärtsgang. Einzig Deutschland verzeichnet laut den Ökonomen "wie ein Leuchtturm" Wachstumsaussichten.

Die Hoffnungen auf eine Rückkehr des Wirtschaftswachstums im Euroraum haben einen Dämpfer erhalten. Der Einkaufsmanagerindex der Privatwirtschaft des Währungsraums sank im März entgegen den Erwartungen weiter in den rezessiven Bereich, während Ökonomen einen leichten Anstieg in Richtung Wirtschaftswachstum prognostiziert hatten.

Damit dürfte die Wirtschaft nach dem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Ende 2011 Anfang des laufenden Jahres zum zweiten Mal in Folge geschrumpft sein, womit sie sich erstmals seit 2009 in einer Rezession befände. Einige Regierungen könnten angesichts schwacher Wachstumszahlen Probleme bei der Einhaltung ihrer Haushaltsziele bekommen, was die Staatsanleihemärkte und damit auch den Bankensektor belasten würde.

Industrie schwächelt

Schwach zeigte sich im März vor allem der industrielle Sektor. Regional gesehen hat sich die Schwäche jetzt bis nach Frankreich ausgebreitet, wo die Wirtschaft gleichfalls schrumpfte. Einziger Wachstumsleuchtturm unter den großen Volkswirtschaften ist nun Deutschland. Ob hier eine Rezession vermieden werden kann, wird von der Entwicklung des traditionell moderaten Konsums und der Auslandsnachfrage abhängen. Jüngste Konjunkturdaten aus China versprechen in dieser Hinsicht aber nicht allzu viel.

Die enttäuschend ausgefallenen Einkaufsmanagerindizes verpassten dem Risikoappetit der Anleger einen ordentlichen Dämpfer. Der Dax fiel mehr als ein Prozent ins Minus unter die wichtige Unterstützung bei 7.000 Punkten. Der Euro gab zum Dollar auf unter 1,32 Dollar nach. Umgekehrt zogen die als sichere Häfen geltenden Bund-Futures an.

Die Geschäftsaktivität in der Privatwirtschaft des Euroraums hat sich im März stärker als erwartet abgeschwächt, was vor allem an einem Einbruch in der Industrie lag. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes fiel auf 47,7 Punkte von 49,0 im Vormonat, wie der Finanzinformationsdienstleister Markit Economics berichtete. Volkswirte hatten dagegen einen Anstieg auf 49,4 Zähler prognostiziert. Der Einkäuferindex für den Servicesektor fiel auf 48,7 Punkte von 48,8 im Januar. Ökonomen hatten einen Anstieg auf 49,2 Punkte erwartet.

Der aggregierte Sammelindex, der auf dem Produktionsindex für das verarbeitende Gewerbe und dem Index des Dienstleistungsbereichs basiert, verringerte sich auf 48,7 Zähler von 49,3 im Vormonat und erreichte damit den niedrigsten Stand seit drei Monaten. Ökonomen hatten eine leichte Befestigung des Index auf 49,6 Zähler prognostiziert.

Regional gesehen verzeichnete unter den größten Volkswirtschaften des Euroraums alleine Deutschland noch ein gesamtwirtschaftliches Wachstum. Der Sammelindex lag mit 51,4 Punkten noch im Wachstumsbereich, doch sank der Industrieindex von 50,2 auf 48,1 Punkte. Der Serviceindex ging von 52,8 auf 51,8 Punkte zurück.

In Frankreich dagegen fiel auch der Sammelindex im März erstmals seit vier Monaten wieder unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Der Index ging auf 49,0 Punkte zurück von 50,2 im Februar. Der Indikator für den Service-Sektor verharrte mit 50,0 auf der Neutrallinie, während der PMI für das verarbeitende Gewerbe auf 47,6 einbrach von 50,0 im Vormonat. Volkswirte hatten dagegen Indexanstiege erwartet.

Volkswirte enttäuscht und pessimistisch

Nach Einschätzung von Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson müssen mit den aktuellen Daten Hoffnungen auf ein Wirtschaftswachstum im ersten Quartal begraben werden. "Mit der beschleunigten Talfahrt der Eurozone im März deutet alles darauf hin, dass die Region nach dem Schlussquartal 2011 auch im ersten Quartal 2012 geschrumpft und damit wieder in die Rezession abgerutscht ist", sagte er.

Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, äußerte sich ähnlich pessimistisch: "Die Unterstützung von der Weltwirtschaft nimmt zur Zeit ab, die Staatsschuldenkrise ist nicht gelöst und damit sind die Konjunkturrisiken weiterhin größer als die Wachstumschancen", sagte er. Seiner Meinung nach setzt sich beiden Wirtschaftsakteuren nun wieder die Erkenntnis durch, dass zur Bewältigung der Schuldenkrise bisher nichts weiter als Gelddrucken geschehen ist.

Auch aus Sicht von Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil haben die dreijährigen Repo-Geschäfte der Europäischen Zentralbank (EZB) die Stimmung in der Wirtschaft nur kurzfristig aufgehellt. "Offensichtlich lässt die unterliegende konjunkturelle Entwicklung keine nachhaltige Stimmungswende zu", sagte er. Zum einen belaste die unausweichliche Konsolidierung der Staatsfinanzen in der Peripherie die inländische Nachfrage. Zum anderen dürften die steigenden Rohstoffpreise und die nicht mehr ganz so positiven Konjunkturmeldungen aus China die Stimmung der Unternehmen gedrückt haben, kalkulierte er.

Der chinesische Einkaufsmanagerindex liegt nun schon seit fünf Monaten unter der Marke von 50 Punkten. Im März erreichte er mit 48,1 Punkten den tiefsten Stand seit vier Monaten, wobei der Subindex für die Auftragseingänge sogar auf 46,1 zurückging. Nach Einschätzung von Beobachtern machen die schwachen Konjunkturdaten weitere wirtschafts- und geldpolitische Lockerungsmaßnahmen wahrscheinlich.

Quelle: ntv.de, sla/DJ

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