Inside Wall Street Libysche Anlagen an der Wall Street
02.03.2011, 08:59 UhrRund um den Globus wird das Vermögen des libyschen Machthabers Gaddafi eingefroren. Zwar liegen die größten Schätze in Europa, doch auch an der Wall Street wird durchgezählt. So manches US-Finanzhaus hat Gaddafi beim Geldvermehren kräftig mitgeholfen.
Seit Wochen gibt es an der Wall Street nur ein Thema: die Unruhen im Nahen Osten. Was sich dort abspielt, wird für Amerika immer dramatischer – über die Bewegung in Tunesien sah man zunächst hinweg, mit Ägypten rückte plötzlich ein Verbündeter in den Vordergrund, mit Libyen nun ein alter Feind mit engen geschäftlichen Beziehungen in die USA.
Nach Wochen der Proteste in Tripolis und nach gewalttätigen Ausschreitungen von Pro-Gaddafi-Truppen gegen das eigene Volk haben zahlreiche Länder, darunter auch die USA, das Vermögen des Herrscher-Clans eingefroren. Das schlägt an der Wall Street Wogen, denn zahlreiche der großen Banken und Investmenthäuser sind hier direkt betroffen.
Die Masse des Gaddafi-Vermögens liegt wohlgemerkt in Europa. Ersten Erkenntnissen zufolge hält man gewaltige Einlagen in Großbritannien, bei der holländische-belgischen Fortis und der italienischen UniCredit, dazu Investments beim Öl-Riesen BP und bei Juventus Turin.
Doch auch in New York finden sich Gelder im neunstelligen Bereich. Seit der damalige US-Präsident George W. Bush 1994 die Sanktionen gegen Libyen gelockert hat – übrigens auf Druck der Öl- und Rüstungslobby – bemühte sich eine Reihe von Unternehmen um die großen Deals mit dem nordafrikanischen Staat. Erstes US-Finanzhaus mit direktem Zugang zu Libyen war, wen wundert's, Goldman Sachs. Der Wall-Street-Riese wird wegen seiner engen Verbindungen zur Regierung oft "Government Sachs" genannt.
Die Libyan Investment Authority (LIA), die das staatliche Anlagevermögen in Höhe von mindestens 70 Milliarden Dollar verwaltet, soll Insidern zufolge mehrere hundert Millionen Dollar in Fonds bei Goldman Sachs liegen haben. Weitere Beträge liegen bei der Citigroup und bei JP Morgan, wo auch die Cash-Rücklagen der LIA und die Reserven der libyschen Notenbank lagern.
Gute Geschäfte mit Gaddafi machten auch die Carlyle Group und Blackstone, die zwei größten "Heuschrecken" in den USA. Beide pflegten auch enge persönliche Beziehungen zum Clan. So reisten Carlyle-Gründer David Rubenstein und Blackstone-Chef Steven Schwarzman nach Informationen der Huffington Post gemeinsam zur Hochzeit von LIA-Direktor Mustafa Zarti nach Tripolis. Auch um Besuch aus Libyen kümmerte man sich bestens. Gaddafi-Sohn Saif al-Islam zu Ehren gaben Rubenstein ein exklusives Lunch-Event und Carlyle-Kontakte ein Dinner.
Angeblich zahlte die LIA in großem Stile in beide Gesellschaften ein, was auf Anfrage der Huffington Post weder Carlysle noch Blackstone bestätigen wollten.
Andere libysche Anlagen in den USA gelten hingegen als bestätigt. Bereits vor Monaten wurde im Zusammenhang mit den WikiLeaks-Enthüllungen vertraulicher diplomatischer Kabel klar, dass mehrere amerikanische Banken jeweils zwischen 300 und 500 Millionen Dollar der LIA verwalten. Verglichen mit den Anlagen in anderen Ländern sind das wohlgemerkt überschaubare Beträge. Das politisch schwierige Verhältnis zwischen den USA und Libyen hatte die Nordafrikaner bisher davon abgehalten, noch mehr Kapital über den Atlantik zu schicken.
Quelle: ntv.de