Marktberichte

Dax-Vorschau Dubai im Fokus

Die Schwäche von Deutschlands Aktienmärkten dürfte sich auch kommende Woche fortsetzen. Die Zahlungsprobleme Dubais werden den deutschen Aktienmarkt dominieren.

(Foto: REUTERS)

Experten rechnen daher mit größeren Kursausschlägen. Da einige Investoren Rücksetzer aber zum Einstieg nutzen könnten, sei auch eine Erholung des Dax nicht auszuschließen.

Doch die Kreditprobleme des Golfstaates Dubai haben wohl für einen Wechsel in der Risikowahrnehmung der Marktteilnehmer gesorgt. Die lange vernachlässigte Angst vor Domino-Effekten vom Schuldenausfall bis hin zur Bankbilanz ist wieder ins Bewusstsein gerückt. Und ohne stützende Unternehmenszahlen einer Berichtssaison wiegen schlechte Nachrichten von der Makro-Front um so schwerer.

Die Bitte des Emirats um Zahlungsaufschub für zwei Staatskonzerne habe den Anlegern Risiken vor Augen geführt und könnte eine schärfere Korrektur im Dax auslösen, stellte die Landesbank Berlin fest. "Die insgesamt aufgehellten Konjunkturperspektiven sowie die unverändert üppig vorhandene Liquidität dürften aber mittelfristig stützen. Unsere empfohlene Strategie, bei Kursschwäche Positionen am Aktienmarkt vorsichtig auszubauen, halten wir weiter aufrecht", machten sie zugleich deutlich. "Fundamental hat sich aber nichts geändert", betonte Christian Jasperneite, Chief Investment Officer bei MM Warburg. "Die Konjunkturszenarien müssen nicht neu geschrieben werden." Die Negativnachrichten aus Dubai seien eher ein psychologisches Phänomen.

Misstrauen wächst

Fatal daran ist, dass das konkrete Problem von Dubai nur ein Kleines ist. Aber die Wahrnehmung von Risiko findet allein auf Investorenseite statt. Selbst zuversichtliche Aussagen von Unternehmen und Staaten nutzen dann nichts, die Kursfindung ihrer Aktien, Anleihen und Rohstoffe liegt nicht in ihrer Hand. Ist das Misstrauen der Investoren erst einmal geweckt, werden alle Anlage mit einem Risikoabschlag bewertet. Und die Position in kreditfinanzierten Anlagen in sämtlichen Vermögensklassen reduziert.

Deutlich zeigt sich die neue Angst vor Risiko an der Schwäche der Carry-Trades. Die mit nahezu kostenlosen Dollar-Krediten finanzierten Anlagen in Euro-Aktien waren ein wichtiger Kurstreiber an den Märkten. Währungen wie australischer, neuseeländischer und US-Dollar zeigen bereits erste Erholungszeichen, der Euro also umgekehrt Schwäche. Sollten diese klassischen "Funding Currencies", Währungen in denen gerne Kredit aufgenommen werden, weiter steigen, wäre auch die Erholung der Aktienmärkte dahin, heißt es von Analysten. Eine Stärkung dieser Währungen würde automatisch zur Rückführung von Krediten führen und damit zum Ausstieg aus Aktien. Besonders unter Druck gerieten dann Konjunkturzykliker wie Auto- und Chemiewerte, sowie die beliebten Rohstofftitel. Selbst Gold und andere Commodities wären dann kein "sicherer Hafen". Hier ist der Anteil von kreditierten Käufen viel zu hoch.

"Dubai ist Island"

Mit "Dubai ist Island" beschrieb ein Händler treffend, für welchen Schock der Wüstenstaat an den Börsen gesorgt hatte. "Dubai" greift das Fundament der Kursfindung an den Börsen an - die Bewertungsmodelle. Wenn etwas als "sicher" bewertet wurde und plötzlich als "unsicher" erweist, sinkt automatisch der Wert dieser Anlage. Dass jetzt auf einmal ein Staatsfonds, bzw. Staat, als "unsicher" gepreist werden muss, erzwingt eine komplette Neubewertung aller Risiko-Parameter. Anleger aus den Golfstaaten und Staatsfonds im Allgemeinen waren in den vergangenen Krisenjahren immer als Retter und Finanzierer aufgetreten. "Keiner hatte aber auf dem Radar, dass die Retter vielleicht selber mal Rettung benötigen", so der Analyst weiter.

Direkt ablesbare Folgen des Zwangs zur Neubewertung waren der Ausverkauf an den Aktienmärkten und der Sprung der Optionsvolatilitäten. Das Risikoparameter der deutschen Aktien, der VDax, sprang um rund 20 Prozent. Schwieriger zu verfolgen ist dagegen die schleichende Ausbreitung und Ansteckung über Länder und Assetklassen. Nach Einschätzung von Jim Reid von der Deutschen Bank machen die Entwicklungen um Dubai die noch immer vorhandenen hohen systemischen "Tail Risks" deutlich. Angesichts der Schwere der Krise bleibe die Wahrscheinlichkeit weiterer Krisen auf Länderebene hoch. "Tail Risk" ist dabei eine nette Umschreibung aus der Börsentheorie, die heftige Kurseinbrüche beschreibt.

"Die Angst vor fallenden Dominosteinen breitet sich in den letzten Winkel aus", ergänzte ein weiterer Kredit-Analyst. Habe ein Land wie Dubai Probleme, stiegen auch die Kreditversicherungen ähnlicher Länder. Damit erhöhten sich ihre Finanzierungskosten, bzw. ihr finanzieller Spielraum sinke. Dies bringe zum einen ihre direkten Gläubiger unter Druck und wirke sich auch im Risikoaufschlag für andere Schwellenländer aus. Probleme in den baltischen Staaten oder Osteuropa würden über dann beispielsweise über schwedische oder österreichische und Schweizer Banken direkt nach Kerneuropa transportiert. Der Kurseinbruch in Griechenland noch vor der Dubai-Krise zeige, wie schnell die Zweifel vor Refinanzierbarkeit von Staatshaushalten selbst in Europa wachse.

Blick in die USA

Neben diesen langfristigen Belastungen werden sich Anleger in der kommenden Woche auch mit kurzfristigen Problemen befassen müssen. So blicken Händler mit Sorge auf das beginnende Weihnachtsgeschäft in den USA. Als traditioneller Start wird der Tag nach dem "Thanksgiving"-Feiertag gesehen. Die neue Sparneigung der US-Verbraucher dürfte aber für keine Wachstumsimpulse sorgen. Enttäuschungen sind hier vorprogrammiert.

Ebenso dürften die Konjunkturaussichten viel zu positiv sein. "Mit einem selbsttragenden Aufschwung, kräftig steigenden Ausrüstungsinvestitionen und deutlich steigender Beschäftigung rechnen wir nicht", sagte Holger Fahrinkrug, Chef-Volkswirt der WestLB dazu. Die Aktienmärkte seien schon weit vorausgeeilt

Und zu allem Überfluss ist auch das Sentiment an den Aktienmärkten zu bullish geworden. Die Analysten von Cognitrend warnen, dass über 60 Prozent der Marktteilnehmer Bullen geworden sind und nur noch 23 Prozent Bären. Frisches Geld von konvertierten Bullen fließt den Märkten dann auch nicht mehr zu.

Bei den Terminen der kommenden Woche dominieren die US-Daten. Vor allem der monatliche Arbeitsmarktbericht am Freitag steht im Fokus. Daneben werden der Einkaufsmanager-Index aus Chicago (Montag), diverse Bau-Indikatoren für Oktober und Kfz-Absätze (Dienstag), das Beige Book der Fed (Mittwoch) sowie die wichtigen ISM-Indizes (Dienstag und Donnerstag) veröffentlicht. Investoren erhoffen sich Hinweise auf die Aussichten für die weltgrößte Volkswirtschaft. "Die Stimmungsindikatoren werden das positive Konjunkturbild stützen", gibt sich NordLB-Aktienstratege Tobias Basse optimistisch. Seine Einschätzung zum US-Arbeitsmarktbericht fällt aber zurückhaltender aus: "Der Arbeitsmarkt ist und bleibt die Achillesferse der US-Wirtschaft." Volkswirte rechnen allerdings mehrheitlich mit einer Verlangsamung des Stellenabbaus im November.

In Deutschland vermeldet der Maschinenbau-Verband VDMA am Dienstag seine Auftragseingänge. Zudem wird die Europäische Zentralbank am Donnerstag das Ergebnis ihrer Sitzung bekannt geben.

Börsengang angekündigt

Von Unternehmensseite sind nur vereinzelt kursrelevante Nachrichten zu erwarten. Am Donnerstag veröffentlicht Siemens ihr Jahresergebnis, VW hält eine außerordentliche HV zur Kapitalerhöhung ab. Am Tag darauf soll die Hochtief-Infrastrukturtochter Concessions erstmals auf den Kurszetteln erscheinen. Das Emissionsvolumen könnte bis zu 1 Mrd. Euro erreichen. Dies wäre der größte Börsengang in Deutschland seit dem von Hamburger Hafen vor zwei Jahren.

Am Donnerstag berät die Deutsche Börse über die Zusammensetzung ihrer Indizes. LBBW-Aktienexpertin Anke Platzek rechnet mit einem Abstieg von MPC aus dem Kleinwerte-Index SDax. Der Fondsanbieter werde voraussichtlich durch den IT-Dienstleister Teleplan ersetzt. Keine endgültige Entscheidung erwartet Platzek dazu, ob die VW-Stammaktien im Dax bleiben. Es sei weiter unklar, wann der Streubesitz unter die für den Verbleib notwendige Schwelle von zehn Prozent falle. Heißester Kandidat für einen Aufstieg seien derzeit die Vorzüge von Volkswagen. Allerdings sei der Vorsprung gegenüber HeidelbergCement denkbar knapp, betonte die LBBW-Analystin.

Quelle: ntv.de, jga/DJ/rts

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