Duisburg schickt OB in die Pension Sauerland ist abgewählt
12.02.2012, 19:34 Uhr
Noch bis Mittwoch ist Sauerland im Amt.
(Foto: dpa)
Die Initiative zur Abwahl des Duisburger Oberbürgermeisters Sauerland ist erfolgreich. Regulär wäre seine Amtszeit erst 2015 zu Ende gegangen. Die CDU wirft der SPD vor, die Abwahl aus parteipolitischen Gründen unterstützt zu haben. Innerhalb von sechs Monaten muss nun ein neuer OB gewählt werden.
Rund eineinhalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten muss der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland sein Amt abgeben. Der CDU-Politiker wurde in einem Bürgerentscheid abgewählt.
Sauerland wird von seinen Kritikern für Fehler bei der Genehmigung der Großveranstaltung im Sommer 2010 verantwortlich gemacht. Sie werfen ihm außerdem "völliges Versagen" beim Umgang mit Opfern und Angehörigen vor. Der Oberbürgermeister hatte stets jede Schuld an der Massenpanik von sich gewiesen und einen Rücktritt abgelehnt.
Für den Abwahlantrag einer Bürgerinitiative stimmten nach Angaben der Stadt 129.833 Wähler. Das waren deutlich mehr als die für eine Abwahl notwendigen rund 92.000 Stimmen. Für einen Verbleib Sauerlands im Amt sprachen sich 21.557 Wähler aus. Seine Amtszeit hätte noch bis zum Spätsommer 2015 gedauert.
"Gott schütze Duisburg"
Der Sprecher der Abwahlinitiative, Theo Steegmann, sprach von einem eindeutigen Ergebnis der Abstimmung. "Damit kommt der politische Frieden in die Stadt zurück", sagte er im WDR. SPD und Grüne begrüßten das klare Ergebnis des Bürgerentscheids.

Theo Steegmann (l.), der Sprecher Bürgerinitiative "Neuanfang für Duisburg", freut sich über die Abwahl von OB Sauerland.
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"Ich war gern Oberbürgermeister mit Herzblut und Leidenschaft", sagte Sauerland bei einem kurzen Auftritt im Rathaus. "Ich hoffe, dass die politischen Parteien jetzt die Kraft haben, aufeinander zuzugehen." Er verabschiedete sich mit den Worten "Gott schütze die Stadt Duisburg".
Die Schuldfrage ist nach der Massenpanik mit 21 Toten und 541 Verletzten bis heute nicht geklärt. Sauerland gehört nicht zu den Beschuldigten, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt. Einen Anfangsverdacht der fahrlässigen Körperverletzung und Tötung haben die Ermittler gegen 17 Personen. Unter den Beschuldigten sind 11 Mitarbeiter der Duisburger Stadtverwaltung, 5 des Veranstalters Lopavent und ein Polizeibeamter.
Sauerland war auch in die Kritik geraten, weil er den Verletzten und Angehörigen der Opfer lange eine Entschuldigung verweigert hatte. Erst spät übernahm er die moralische Verantwortung für das Unglück am 24. Juli 2010.
Attacke mit Ketchup und Morddrohungen
Bei den Trauerfeiern war er nicht erwünscht und nahm mit Rücksicht auf die Gefühle der Angehörigen nicht teil. Bei öffentlichen Auftritten war er Buhrufen und Beschimpfungen ausgesetzt, es gab eine Attacke mit Tomatenketchup und sogar Morddrohungen.
In Duisburg wird angenommen, dass Sauerland sich auch aus finanziellen Erwägungen gegen sein Karriereende gestemmt hatte: Weil das Landesbeamtengesetz in Nordrhein-Westfalen einen Rücktritt aus politischen Gründen für Stadtoberhäupter nicht vorsieht, hätte er einen Antrag auf Entlassung stellen müssen. Damit hätte Sauerland auch seinen Anspruch auf die Beamten-Pension verloren, die er sich schon vor seiner OB-Zeit als Oberstudienrat in Krefeld erworben hatte.
Neuwahl binnen eines halben Jahres
Der Oberbürgermeister und die Duisburger CDU hatten das Abwahlverfahren als "Kampagne" und "parteipolitische Abrechnung" kritisiert, die nichts mit der Loveparade zu tun habe. Der Abwahlantrag der Bürgerinitiative wurde auch von SPD, der Linken, den Grünen und Gewerkschaften unterstützt.
Sauerland scheidet nach der Sitzung des Wahlausschusses am Mittwoch (15.2.) aus dem Amt. Die Stadt wird dann vorübergehend vom 1. Bürgermeister repräsentiert. Der Stadtdirektor übernimmt die Rolle des Chefs der Verwaltung. Innerhalb von sechs Monaten muss ein Nachfolger gewählt werden. Einen Kandidaten für seine Nachfolge will die SPD nicht strikt nach Parteibuch auswählen. "Wir brauchen jetzt einen, der die Gräben zuschüttet", hieß es aus der Fraktion.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa