Harte Kritik an Röslers Kopfpauschale Finanzierung völlig offen
03.02.2010, 14:28 Uhr
Philipp Rösler will kein Gesundheitsminister sein ohne die Kopfpauschale.
(Foto: dpa)
Solidarität und Gerechtigkeit sind die großen Begriffe, die bei der Diskussion um die sogenannte Kopfpauschale in die Waagschale gelegt werden. Das einkommensunabhängige Prämiensystem sei wesentlich gerechter, sagt Bundesgesundheitsminister Rösler. Wie die Gerechtigkeit finanziert wird, ist allerdings unklar.
Seit Tagen kämpft Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler um seine Kopfpauschale. Das Geld für diejenigen, die sich den Einheitsbetrag nicht leisten können, soll aus dem Steuertopf kommen, heißt es von Seiten des Ministeriums. Wie das angesichts klammer Kassen gehen soll, weiß dort allerdings niemand. Zumindest hat es noch niemand erklärt.
Während Philipp Rösler (FDP) die Pauschale mit seinem persönlichen Schicksal verknüpft, sorgen sich andere um das Schicksal der Geringverdiener. Grünen-Chefin Claudia Roth fürchtet, dass viele Versicherte zu Hilfsempfängern würden, deren Unterstützung dann jedes Jahr bei den Haushaltsberatungen zur Disposition stünde. Das "Gerede von einem steuerfinanzierten Ausgleich" sei "Augenwischerei", weil dieser nicht finanzierbar sei, sagt sie n-tv.de. "Die Kopfpauschale im Gesundheitswesen ist schwarz-gelbe Umverteilung von unten nach oben in Reinform", kritisiert Roth und plädiert für eine solidarische Bürgerversicherung.
Zweifel am Solidarausgleich

Claudia Roth: Steuerfinanzierter Ausgleich ist Augenwischerei.
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Die will auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB): An dem Solidargedanken nach dem Grundsatz "starke Schultern zahlen mehr als schwache" soll nach Ansicht der Gewerkschafter festgehalten werden. "Wir lehnen die Kopfpauschale ab", erklärt DGB-Pressesprecherin Marion Knappe. Röslers Modell sei zum einen kein solidarisches Gesundheitssystem, zum anderen werde bezweifelt, dass der Solidarausgleich kommt. Kritik äußert der DGB auch an dem Ansinnen, den Arbeitgeberbeitrag einzufrieren. Im Koalitionsvertrag heißt es, "weil wir eine weitgehende Entkoppelung der Gesundheitskosten von den Lohnzusatzkosten wollen, bleibt der Arbeitgeberanteil fest". Der DGB setzt eine eigene Reformkommission ein, die bis zum Herbst ein alternatives Modell für ein Gesundheitssystem unterbreiten soll. Geplant ist nach Gewerkschaftsangaben, diese Kommission mit Wissenschaftlern, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden und weiteren gesellschaftlichen Gruppen zu besetzen, mit dem Ziel, ein "breites Bündnis" zu schmieden.
SPD-Fraktionsvize Elke Ferner ist der Ansicht, dass Röslers Schicksal besiegelt sei, und er schon mal anfangen könne, seine Koffer zu packen, da es die Kopfpauschale aus drei Gründen nicht geben werde: Sie sei nicht finanzierbar, die CSU sei dagegen und auch in der Bevölkerung gebe es keine Mehrheit für Röslers Konzept. So sieht das auch Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU), der sich erneut gegen die Pauschale aussprach. Am Ende gehe es darum, was aus Sicht von Patienten und Beitragszahlern das Beste sei, und da fehle es der Kopfpauschale an gesellschaftlicher Akzeptanz. Auch Söder stellt die Frage nach der Finanzierbarkeit des sozialen Ausgleichs. Die Kosten dafür beliefen sich auf 15 bis 40 Milliarden Euro, je nachdem, wie hoch die Prämie ausfalle.
Schritt für Schritt
Auch dem Verband der gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist die geplante Gesundheitsprämie zu ungenau. "Wir brauchen konkrete Vorstellungen, über die wir sprechen können", sagt die stellvertretende Pressesprecherin Ann Marini gegenüber n-tv.de. Wichtig sei die Frage, wie der soziale Ausgleich organisiert werde und insbesondere, dass er auch zeitnah geschehe.
Fragt man bei der CDU nach der Finanzierbarkeit, wird deutlich, wie unkonkret das im Koalitionsvertrag vereinbarte Modell der "einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeiträge" ist: Selbst der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, tastet sich nur vorsichtig heran: "Wenn man es richtig macht, ist es in der Theorie ein wunderbares Instrument, besonders wegen des Ausgleichs über Steuern", sagt er n-tv.de. Spahn spielt auf Zeit: Wenn, dann müsse man Schritt für Schritt zur Gesundheitsprämie kommen, antwortet er auf die Frage, wo das Geld herkommen soll. "In sehr kleinen Schritten", fügt er hinzu, ohne konkret eine Finanzierungsquelle für den sozialen Ausgleich zu nennen.
Quelle: ntv.de