Dritter in der Bundesliga, aber keinen interessiert's Bayer kämpft mit Minderwertigkeitskomplex
16.10.2013, 15:29 Uhr
Oben dabei, aber nicht richtig anerkannt: Bayer Leverkusen hadert mit seinem Image.
(Foto: imago sportfotodienst)
Was ist Erfolg wert, wenn keiner ihn wahrnimmt? Bayer Leverkusen spielt zwar eine gute Saison, das Stadion ist aber trotzdem nicht voll. Der Verein hat schwer zu knabbern an seinem Image. Und da ist noch ein Problem: Es fehlt ein Erfolg gegen ein Top-Team.
Tabellendritter in der vergangenen Saison mit nur einem Punkt Rückstand auf Vizemeister Borussia Dortmund - und keiner hat's so richtig mitbekommen. Tabellendritter in dieser Saison gleichauf mit dem BVB und nur einen Zähler hinter den Bayern - und wieder bekommt es keiner so richtig mit. Bayer Leverkusen kämpft weniger mit den Gegnern als mit einem Imageproblem. "Wir sind nicht richtig wahrgenommen worden", sagte der neue Geschäftsführer Michael Schade, der als Nachfolger von Wolfgang Holzhäuser angetreten ist, den Ruf der "Werkself" zu verbessern und das Zuschauerinteresse zu erhöhen. Die häufig freibleibenden Plätze in der BayArena würden dazu führen, dass "weder die Mannschaft den nötigen Respekt noch wir die finanziellen Mittel dafür bekommen", so Schade.
Dabei haben sie am Rhein zuletzt vieles richtig gemacht. Nach dem gescheiterten Dutt-Intermezzo setzten die Verantwortlichen mit Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski auf eine Doppelspitze in der sportlichen Leitung. Das ungewöhnliche Duo führte Bayer erst in die Europa- und dann in die Champions League. Seit dieser Saison ist der baumlange Finne alleinverantwortlich, offiziell noch als Teamchef, da er nebenbei noch seinen Trainerschein in Finnland macht. Hyypiä ist eine Art Gegenmodell zu all den Guardiolas, Klopps und Tuchels dieser Welt. Während diese ihren Rumpelstilzchen-Tanz an der Seitenlinie aufführen, verzieht Hyypiä in der Regel keine Miene, im positiven wie negativen Sinn. Sollte das Attribut "ruht in sich" jemals auf einen Trainer zugetroffen haben, dann auf den 40-Jährigen. Dazu passt auch seine simple Arbeitsbeschreibung: "Training und konzentrierte Vorbereitung auf die Spiele."
Probleme gegen große Gegner
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Doch mit seiner stoischen, aber keineswegs unbeirrbaren Art (Hyypiä: "Zufriedenheit ist gefährlich und schlecht für die Weiterentwicklung") kommt der Finne in der Mannschaft gut an. Dabei hat er mit einigen Akteuren wie Stefan Kießling und Simon Rolfes sogar noch zusammen gespielt. Autoritätsprobleme sucht man dennoch vergeblich. Ohnehin befindet sich unter dem Bayer-Kreuz seit der missglückten Ballack-Rückkehr eine konfliktfreie Zone. Die Kaderstruktur wirkt wie auf dem Reißbrett entworfen: Auf der einen Seite bestückt mit Routiniers wie Rolfes, der seine beste Saison seit Jahren spielt, und Kießling. Auf der anderen Seite mit unverzichtbaren Stützen wie Leno, Castro, Bender oder Reinartz. Und dazu die geballte Offensiv-Power um Sam, Son und Kruse.
Sechs Siege aus acht Spielen und nur eine Niederlage sind bislang eine eindrucksvolle Bilanz in der Liga. Dabei zeigte die "Werkself" nicht immer begeisternden Fußball, agierte dafür aber erheblich effektiver und somit erfolgreicher als in früheren Jahren. "Immer unter dem Aspekt, dass Platz drei angesichts der Situation in der Liga für uns nicht selbstverständlich ist, haben wir es bis jetzt richtig gut hingekriegt", sagte Sportchef Rudi Völler. Er habe geglaubt, dass die Mannschaft das kann, "aber nicht zwingend damit gerechnet". Auch im DFB-Pokal und in der Champions League (ein Sieg, eine Niederlage) liegt Bayer noch gut im Rennen.
Also alles rosarot in Leverkusen? Nicht ganz. Schaut man sich die bisherigen Gegner etwas genauer an, fällt auf, dass die Hyypiä-Elf mit Schalke, Manchester United und den Bayern erst gegen drei Top-Mannschaften gespielt hat - und jedes Mal unterlegen war: Auf Schalke setzte es eine 0:2-Pleite, in Manchester bekam Leverkusen beim 2:4 die Grenzen aufgezeigt. Gegen die Münchner bejubelten Rolfes & Co. am Ende zwar ein 1:1, aber das war angesichts der bayerischen Überlegenheit eines der schmeichelhaftesten Unentschieden der Bundesliga-Geschichte. Und Hyypiä? Der war dennoch stolz auf seine Mannen, "denn sie haben alles gegeben". Ganz der Spielerfreund.
Quelle: ntv.de, sport.de