Zwischenruf Hellas im Krieg?
03.03.2010, 16:33 Uhr
Nicht alle Griechen sind korrupt, aber die Suppe müssen vor allem jene auslöffeln, die wenig oder nichts für die Misere können.
(Foto: AP)
Griechenland steht vor schweren sozialen Verwerfungen. Würde jedoch weltweit ein Krieg gegen Finanzhaie geführt, dann brauchte Hellas keinen Krieg zu fürchten.
Griechenlands Ministerpräsident Giorgios Papandreou scheut starke Worte nicht, wenn es gilt, seine Landsleute auf das Sparprogramm seiner Regierung einzuschwören. Das Land steht vor der größten Herausforderung nach dem Ende der Militärdiktatur. Ausgangspunkt der Krise sind die gefälschten Angaben über die Haushaltslage, mit der sich das sozialdemokratische Kabinett unter Konstantinos Simitis an der Schwelle zum neuen Jahrtausend die Mitgliedschaft in der Eurozone erschlich. Das ist Regierungskriminalität. Die schlechte Steuermoral mag ein Grund für die stets klamme Staatskasse sein, Korruption ein weiterer. Doch nicht alle elf Millionen Hellenen sind korrupt, wie eine dieser Tage vorgestellte Studie von Transparency International suggerieren will.
Die Suppe auslöffeln müssen wie immer in solchen Situationen jene, die wenig oder nichts für die Misere können. Griechenland steht vor schweren sozialen Verwerfungen. Die Stabilität des Euro ist bedroht. Verlässt Griechenland die Währungsunion, droht dem Gemeinschaftsgeld eine Abwertung weit über das für die Exportwirtschaft vorteilhafte Maß hinaus. Eine Rückkehr zur Drachme würde zudem Griechenland selbst noch mehr Lasten aufbürden.
Berlin erklärt, Athen müsse sich selbst helfen und könne nicht auf Zuschüsse aus Brüssel hoffen. Das will Griechenland auch gar nicht. Papandreou fordert Kreditbedingungen wie sie auch anderen Staaten in Euroland gewährt werden. Einen beträchtlichen Teil der Schuld am schlechten Rating Griechenlands aber tragen Spekulanten wie Goldman Sachs, die mit dem Land dubiose Derivatgeschäfte abwickelten. Hedgefonds wetten auf Staatsbankrott in Athen und einen fallenden Euro. Einer der Fonds gehört George Soros, der Anfang der neunziger Jahre das britische Pfund in den Keller trieb. Die Finanzhaie dürften sich vor Lachen die Bäuche halten, wenn Eurozonenchef Jean-Claude Juncker nun mit Folterwerkzeugen droht. Über Maßnahmen gegen diese legale Kriminalität wird schon seit Beginn der gegenwärtigen Krise geschwafelt. Getan hat sich … nichts. Leerverkäufe - zum Beispiel - sind weltweit nach wie vor möglich und seit Februar auch in Deutschland wieder erlaubt. Würde weltweit ein Krieg gegen die Finanzhaie geführt, dann brauchte Hellas keinen Krieg zu fürchten.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de