Erster PKW mit MegawattladenDenza Z9 GT von BYD bietet Komfort und ein Gefrierfach
Patrick Broich
Wer ab Frühjahr 2026 eine chinesische Alternative im gehobenen viertürigen Gran-Turismo-Bereich sucht, könnte sie im Denza Z9 GT finden. Der Luxusliner aus dem BYD-Konzern wartet mit so manchen Superlativen auf. ntv.de ist auf Tuchfühlung gegangen.
Ein bisschen traurig ist es schon: Da steht der Denza Z9 GT quasi zum Greifen nah, aber viel fahren ist nicht drin. Ein bisschen auf dem Prüfgelände und eine ganz kleine Testrunde auf einem Mini-Track, danach ist Schluss. Dabei machen schon die Angaben auf dem Papier Appetit, rangieren auf dem Niveau von High-End-Premium-Produkten wie Audi E-Tron GT oder Porsche Taycan. So mobilisiert die batterieelektrische Variante ziemlich heftige 965 PS, danach sieht dieser Denza gar nicht aus. Es gibt auch einen ungleich langweiligeren Plug-in-Hybrid mit Vierzylinder-Benziner, aber der ist sowieso nicht relevant für unseren Markt.
Der elegante Viertürer von 5,18 Metern Länge wirkt rein optisch schon eher komfortabel-tourig als drahtig, auch wenn er binnen 3,4 Sekunden auf 100 Sachen sprinten können soll. Allerdings passen 240 km/h Topspeed ins Bild.
Er hat etwas Amerikanisches mit seinen bandförmigen Rückleuchten; die Karosse erinnert an einen typischen Shooting-Brake-Style und strahlt damit etwas Urban-Ästhetisches aus. Von den Daten allerdings ist das eher Intercity-Express mit 100 kWh Batteriekapazität. Und jetzt kommt der dicke Hammer: Während die chinesische Version bisher mit 270 kW Ladeleistung in den Papieren notiert, soll das europäische Modell tatsächlich mit 1 Megawatt laden können.
Das Ladetempo wird ein Gamechanger
Sollte sich das in dieser Form bewahrheiten, wäre das tatsächlich ein Gamechanger. Allerdings müsste man selbst bei einer solchen Nominalleistung sehen, wie viel Zeit das Befüllen des Akkus in der Praxis dann wirklich in Anspruch nimmt - schließlich ist ja die Ladekurve entscheidend. Spannend ist, dass der BYD-Konzern günstigere und gleichzeitig robustere LFP-Zellen einsetzt. Die Besonderheit liegt in der flachen und langen Zellenform, die an eine Klinge (Blade) erinnert. Sie erlaubt ein besseres Package, was die Energiedichte erhöht. Außerdem gelingt die Wärmeableitung besser.
So weit, so sensationell. Angekommen im Z9, gibt es eigentlich keine großen Überraschungen auf den ersten Blick. Der große Luxusliner ist von der Innenarchitektur letztlich eben auch ein BYD (nur ein bisschen nobler), was sich stilistisch niederschlägt. Vor allem der zentrale Screen sorgt für Wiedererkennungswert. Allerdings haben die Kreativen den Innenraum schon segmentgemäß gestaltet. Breite Holzdekors, üppige Ledersessel und feine Ziernähe demonstrieren schon Oberklasse.
Man muss allerdings auch sagen, dass Finish und Materialgüte einfach nicht an das Level deutscher Premiumhersteller heranreicht. Macht aber gar nichts, denn BYD möchte mit dem Denza Z9 GT die 100.000-Euro-Marke unterschreiten, was mehr als fair wäre.
Witzige Gimmicks
Und obendrein hat der Oberklasse-Vertreter ja auch noch ein paar witzige Gimmicks an Bord, über dessen Nutzwert man sich jedoch streiten kann. Neben den heute völlig üblichen Massagesessel gibt es ein kleines Gefrierfach. Warum nicht, wenn man am Straßenrand eine Eisdiele entdeckt und gleich eine Familienration der kühlen Süßspeise mit nach Hause nehmen möchte.
Doch einer der verrücktesten Gadgets präsentieren das Denza Team vor Ort im Rahmen eines interessanten Versuchsaufbaus: Mit leuchtend roten Pylonen haben die Kollegen ein extrem kleines Wendeszenario markiert. Wie soll dort ein Fahrzeug bitte wenden? Ich fahre mit dem Z9 in den markierten Bereich, neben mir sitzt ein Instruktor. Er bittet mich, vorher anzuhalten und nimmt ein paar Einstellungen auf dem Touchscreen vor. Und dann hoppelt und rubbelt es ein bisschen - aber der große Denza wendet souverän mit einem Radius von knapp unter fünf Metern. Das funktioniert, indem durch eine gezielte Drehmomentverschiebung ein Giermoment erzeugt wird, das den Viertürer ein bisschen stärker eindreht. Cooler Move, muss man schon sagen.
Wie der große Denza bei den hiesigen Autokäufern ankommt, bleibt abzuwarten. Die Zeiten erinnern tatsächlich an die späten 1970er- und insbesondere frühen 1980er-Jahre, als große Exoten wie Datsun Laurel oder Mazda 929 mit seidigen Sechszylinder-Motoren Platzhirsche wie BMW 5er-Reihe und Mercedes-W123 angriffen. Produkte japanischer Marken galten damals als eher liederlich.
In den 1990ern und 200ern waren die Koreaner dran mit verrückten Modellen wie Hyundai XG350 oder Kia Opirus. Manchmal wiederholt sich Geschichte eben doch - nur ein bisschen anders. Dass jetzt als erster ein chinesischer Hersteller mit dem Megawattladen in die Serie geht, ist zwar bemerkenswert, allerdings offen gestanden kein wirklicher Aufreger. Denn erstens steht derzeit weder hierzulande noch global eine Infrastruktur in ausreichendem Maße zur Verfügung, um eine solche Ladeleistung überhaupt zu supporten. Zweitens wird auch Mercedes nächstes Jahr ähnliche Lade-Dimensionen darstellen, falls Sie sich jetzt denken, die deutsche Autoindustrie habe mal wieder den Anschluss verschlafen. In diesem Sinne: Es bleibt weiterhin spannend.