Das Fast-Dreiliter-AutoErste Fahrt im 20.000-Euro-Hybrid Toyota Aygo X
Von Patrick Broich, Florenz
Mit der Hybridisierung des Aygo X bringt Toyota den weltersten Vollhybrid im A-Segment. ntv.de war mit dem Stadtfloh bereits unterwegs. K(l)eine Überraschung: Der Japaner fährt ziemlich geschmeidig.
Lange wurden Hybride verspottet und die Hersteller, die sie bereits früh bauten, gleich mit. Physikalisch betrachtet ergibt die Skepsis auf den ersten Blick Sinn. Denn erstens macht ein Benzinantrieb mit zusätzlichem Elektroaggregat plus Batterie das Auto schwer - der Aygo X mit Doppelherz wiegt 140 Kilogramm mehr als der reine Benziner und kommt auf rund 1,2 Tonnen. Zweitens lebt auch ein Elektromotor nicht von Luft und Liebe, sondern er braucht handfeste Energie.
Und hier wird es spannend: Statt als Wärme zu verpuffen, wird die beim Bremsen frei werdende Energie durch Rekuperation in elektrischen Strom umgewandelt und im rund 1 kWh großen Akku gespeichert. Und genau diese Energie wiederum hilft dabei, den hier verbauten Dreizylinder-Benziner mit effizienter Atkinson-Arbeitsweise möglichst lange betriebsgünstig zu halten.
Das ist die ökonomisch-ökologische Seite. Aber dann gibt es ja noch die komfortable. Denn Hybrid bei Toyota heißt immer: Automatik. Und Automatik bei Toyota-Doppelherzen ist wiederum immer verknüpft mit dem leistungsverzweigten System samt Planetengetriebe, an dem wiederum die Komponenten wie der 91 PS starke Verbrenner sowie der 80 PS kräftige Stromer hängen.
So lassen sich die Betriebspunkte komplett flexibilisieren - also hier geht es quasi um die Beantwortung der Frage, welche Anteile die einzelnen Motoren zu welchem Zeitpunkt haben. Den Fahrer dürfte, wenn überhaupt, interessieren, ob er von den Übersetzungswechseln unbehelligt bleibt. Und das kann mit Fug und Recht bejaht werden. Auch das Anfahren gelingt betont geschmeidig.
Kraftübertragung erledigt der Hybrid sämig
Insgesamt ist der 3,78 Meter lange Stadtfloh mit 116 PS Systemleistung gar nicht schlecht aufgestellt; allerdings lässt sich der früher oft gescholtene Gummibandeffekt freilich nicht ganz leugnen. Bei voller Last verharrt die Drehzahl oben, während der Aygo gemächlich an Fahrt aufnimmt (wobei er im unteren Bereich bis 50 km/h durchaus nachdrücklich wirkt). Allerdings überwiegt hier der Vorteil der sämigen Kraftübertragung gegenüber dem Nachteil des nicht ganz so geschliffen laufenden Dreizylinders mit 1,5 Litern Hubraum.
Und sonst? Der Aygo X bleibt auch innen Stadtflitzer mit begrenzten, aber nicht unbedingt beengten Platzverhältnissen. Es ist jetzt aber auch keine Mittelklasse, was man vor allem im Fond spürt, wo der Platz für die Knie wohldosiert ist. Reiseauto? Ist der Japaner nicht primär, aber ein längerer Trip ist jetzt auch nicht undenkbar. Und die Vordersitze machen sogar einen recht soliden Eindruck, sind also nicht unbequem.
Etwas mehr Infotainment bitte
Was das Infotainment angeht, muss man sagen: Man merkt dem Aygo sein Alter einfach an. Vor einem halben Jahrzehnt war das Display-Angebot in diesem Segment generell eben noch ein bisschen magerer, wenngleich die Architektur immerhin ein Kombiinstrument ohne mechanische Anzeigen anbietet (reine Displayfläche) sowie einen zentralen Touchscreen. Das sieht jetzt alles eher ein bisschen konservativ aus, aber dieser Einschlag macht Toyota ja auch ein wenig aus.
Allerdings haben die Verantwortlichen gelernt, was intuitive Bedienung eigentlich bedeutet, und so lässt sich der Tempolimit-Warner jetzt mit einem kurzen Touch auf den Monitor ausschalten. Um Spurhalteassistent und Co. allerdings muss man sich weiterhin fummelig per Taste auf dem Multifunktionslenkrad und Menü in der Tachoeinheit kümmern. Gleiches gilt für die mannigfaltigen Informationen im Display vom Kraftfluss bis zum Verbrauch. Dafür gibt es jetzt eine induktive Fläche, auf der das Smartphone nicht bloß erwärmt, sondern ohne Probleme komplett vollgeladen werden kann.
Und noch ein Versprechen löst der kleine Toyota ein. Nach diversen Testrunden lässt sich feststellen, dass eine Drei vor dem Komma auf dem Bordrechner keine reine Illusion ist. Durchaus eine Illusion wäre es dagegen zu glauben, dass der Aygo X keine Kleinstwagen-Attitüden hätte. Blechern klingende Türen und hinten bloß Ausstellfenster zeigen, wo gespart wird.
Auf der anderen Seite sind sogar Features wie Tempomat mit adaptiver Steuerung an Bord (serienmäßig), was bedeutet: Man fährt ganz entspannt durch den städtischen Feierabend-Verkehr, die Beine haben Pause. Und etwas mehr Dämmung sowie dickeres Glas sollen den Fronttriebler leiser machen.
So gesehen ist das Angebot, den Aygo X als Hybrid in den ersten Wochen nach Marktstart zum Kurs von 19.900 Euro zu bekommen, ein ziemlich heißes. Schließlich gibt es Features wie Klimaautomatik, Rückfahrkamera und Smartphone-Integration (Apple CarPlay oder Android Auto) frei Haus. Und wer mag, bekommt mit dem GR Sport einen richtigen Hingucker. Dann gibt es nämlich schicke 18-Zoll-Alus, einen Wagengitter-Grill und generell auch deutlich mehr Zutaten für das Wohlbefinden an Bord. Mit 28.390 Euro ist der sportlichste Aygo aber alles andere als ein Schnäppchen. Der Toyota Aygo X Hybrid ist bereits im Handel.