Dominator bei den Reisemobilen Hymer wird größter Sprinter-Kunde
25.03.2018, 20:04 Uhr
Das der Sprinter ein universelles Fahrzeug ist ist bekannt. Dass er jetzt aber auch den Reisemobil-Markt erobert ist neu.
(Foto: Daimler AG)
Der neue Sprinter hat Mercedes und Hymer noch enger zusammengeschweißt. Bereits im Mai wird der Reisemobil-Hersteller eine komplett neue Baureihe auf Basis des neuen Benz präsentieren. Bis zum Caravan-Salon werden weitere Wettbewerber folgen.
Bei einem Reisemobil spielen in der Regel zwei Unternehmen die Hauptrolle: der Caravaning-Spezialist, der für das Wohnen an Bord zuständig ist, und der Automobil-Hersteller, der das Basisfahrzeug für das Eigenheim auf Rädern liefert. Eine gute Kooperation ist dabei unerlässlich. Doch eine so enge Zusammenarbeit, wie sie die Mercedes-Nutzfahrzeug-Abteilung bei der Entwicklung des neuen Sprinters mit dem baden-württembergischen Reisemobil-Hersteller Hymer pflegte, gab es bisher wohl noch nie.
Nicht ohne Grund war die Kernmarke der Erwin-Hymer-Gruppe schon ungewohnt frühzeitig und intensiv in den Entwicklungsprozess des neuen Sternen-Transporters eingebunden. Das unaufhaltsam rasante Wachstum des Reisemobil-Segments weckt bei der Van-Sparte von Mercedes-Benz neue Begehrlichkeiten. Und der Sprinter bietet für die Stuttgarter beste Möglichkeiten, die gewiss nicht schwache Position als Partner der Caravaning-Branche weiter auszubauen. Was lag da näher, als die Kompetenz jener Marke mit einzubeziehen, mit der man schon vor 40 Jahren das erste Hymermobil auf die Beine stellte und die bereits seit 1995 als treuer Kunde den Sprinter als Basisfahrzeug für verschiedene Reisemobile nutzt.
Sprinter jetzt auch mit Frontantrieb
Vor allem zwei Aspekte benennt Volker Mornhinweg, der Chef von Mercedes-Benz Vans, als Grundlage für die umfangreiche Kooperation: "Der erstmals auch im neuen Sprinter verfügbare Frontantrieb und die neue Triebkopf-Variante unseres Bestsellers eröffnen uns zusätzliche Absatzpotenziale auf dem Reisemobil-Markt."
Konkret bedeutet das: Durch den Vorderradantrieb fällt die Kardanwelle weg und die nicht angetriebene Hinterachse ist zudem leichter, was summa summarum rund 50 Kilogramm Gewicht einspart und speziell in der 3,5-Tonnen-Klasse für eine willkommene Verbesserung der Nutzlast sorgt. Zudem kann durch den Frontantrieb erstmals auch eine Triebkopf-Variante speziell für Wohnmobile angeboten werden. Triebköpfe werden technisch fahrfertig ausgeliefert mit Antrieb, Tank und allen anderen Aggregaten vor oder unter dem Fahrerhaus, aber ohne Rahmen und Hinterachse.
Direkt an den Triebkopf lässt sich also ein besonders niedriges Alko-Tiefrahmen-Chassis anflanschen, das den Aufbauherstellern völlig freie Hand bei der Gestaltung des hinteren Fahrzeugbereichs und damit auch Spielraum für kreative Ideen lässt. Eine niedrigere Ladekante macht zudem das Ein- und Aussteigen in und aus dem Wohnbereich deutlich komfortabler.
Hymer wird größter Kunde des Sprinters
Um die Fahrzeug-Spezifikationen optimal auf die Bedürfnisse der Aufbauhersteller auszurichten, wurde gerade bei der Entwicklung des neuen Triebkopfes das Knowhow der Hymer-Ingenieure besonders geschätzt. Es gab aber sicher noch einen anderen wichtigen Grund für die Sonderbehandlung durch Mercedes: Die Marke Hymer wird der größte Kunde des neuen Sprinters. Die beiden Unternehmen haben dazu bereits einen Vertrag über die Lieferung einer hohen vierstelligen Zahl von Fahrzeugen noch im Jahr 2018 abgeschlossen. In den nächsten drei Jahren soll sich das zu einem fünfstelligen Absatzvolumen der Triebkopf-Variante summieren.
Die ersten Fahrzeuge werden bereits im April ausgeliefert, und schon jetzt ist klar, dass der europäische Marktführer von Premium-Reisemobilen Mitte Mai auch der erste Caravaning-Hersteller sein wird, der ein fertiges Premierenfahrzeug präsentieren wird. Dem Vernehmen nach soll es sich dabei nicht um die Neuauflage der ML-T- und ML-I-Baureihe oder des Hymercar-Kastenwagens Grand Canyon handeln, sondern um eine komplett neue Baureihe. Erlkönige, die schon vor gut einem Jahr erwischt wurden, lassen zumindest auch auf eine teilintegrierte Variante schließen.
MBUX hält Einzug im Sprinter
Die dritte Generation des Sprinters hievt mit ihren zahlreichen elektronischen Helferlein den Transporter-Komfort auf die Stufe eines Pkw. Unter anderem wird der Fahrer mit aktivem Abstands-, Brems- und Spurhalte-Assistenten auf Wunsch beim Lenken und Steuern unterstützt, außerdem halten neue Konnektivitäts-Lösungen einschließlich des per Sprachsteuerung intuitiv wie Siri oder Alexa bedienbaren MBUX-Multimedia-Systems aus der A-Klasse im Sprinter Einzug.
Das begeistert natürlich auch andere Hersteller. Und so wird spätestens bis zum Düsseldorfer Caravan-Salon Ende August auch gleich mit einer Flut neuer Sprinter-Reisemobile zu rechnen sein. Während der viel gelobte Konkurrent VW Crafter, der in puncto Assistenzsystemen sogar noch einen Tick besser da steht, bisher nur vereinzelt als Kastenwagen zum bewohnbaren Fahrzeug ausgebaut wurde, wird mit den rollenden Sprinter-Eigenheimen das breit gefächerte Reisemobil-Spektrum abgedeckt.
Sprinter soweit das Auge reicht
Die edle Reisemobil-Manufaktur La Strada aus dem hessischen Echzell in der Wetterau will auf jeden Fall den Nachfolger des Kastenwagens Regent S präsentieren, wenn auch noch nicht mit Allradantrieb, der im neuen Sprinter erst etwas später verfügbar sein wird. Für eine Neuauflage des Flaggschiffes Nova mit der aufwendigen Monocoque-Bauweise dürfte allerdings die Zeit bis zum Caravan-Salon nicht reichen.
HRZ Reisemobile aus Bretzfeld im Hohenlohekreis, ein weiterer Kastenwagen-Spezialist, wird gleich mit vier neuen Sprinter-Ausbauten ins Rennen gehen. Drei davon auf dem mittleren Radstand und als Krönung der Tango XL auf dem langen Radstand mit Hochdach und Einzelbetten im Heck.
Auch Westfalia hat etwas Neues auf Sprinter-Basis in petto. "Das ist selbstverständlich", sagt Vertriebsleiter Udo Schauland, "dazu ist der Sprinter als Basis-Fahrzeug viel zu interessant." Ob die zur französischen Rapido-Gruppe gehörende Marke das allerdings schon zum Caravan-Salon oder erst zur CMT 2019 schafft, und ob das eine Neuauflage des Klassikers James Cook oder ein anderes Modell wird, dazu wollte sich Schauland noch nicht festlegen.
Auch ein Alkoven-Fahrzeug wird kommen
Frankia kündigt an, seine beiden Top-Baureihen M-Line und Platin bis zum Düsseldorfer Branchengipfel auf die neue Sprinter-Generation umgerüstet zu haben. Der Luxusliner Platin wird ausschließlich als integriertes Modell angeboten, während es von der M-Line bisher neben drei I-Varianten auch ein teilintegriertes Fahrzeug gab, das auch mit der neuen Basis wieder zu haben sein soll.
Auch ein Alkoven-Fahrzeug wird sich unter die Sprinter-Debütanten mischen. Die Firma Robel aus Emsbüren, die bei ihrer Kundschaft für individuelle Ausbauten geschätzt wird, will eine eher kompakte Version mit dem Schlaferker über dem Mercedes-Fahrerhaus vorstellen. Die Niedersachsen nutzen dabei die Sprinter-Variante mit Heckantrieb. Mit Details halten sich alle noch bedeckt. Schließlich waren auch nicht alle so früh eingeweiht in die Geheimnisse des neuen Sprinters wie die Hymer-Leute und sind deshalb bis zum Caravan-Salon noch kräftig am Werkeln.
Quelle: ntv.de, Michael Lennartz, sp-x