
Der Jeep Wrangler ist eine Ikone und als solche hat sie sich konsequent optisch nicht verändert.
(Foto: Holger Preiss)
Auf der Suche nach einem echten Offroader landet man schnell beim Jeep Wrangler. Und betrachtet man die Sache genau, könnte man noch schneller dabei bleiben, denn der Urenkel des CJ-5 bietet wohl das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
Dass Ikonen funktionieren, hat nicht zuletzt Mercedes mit der G-Klasse unter Beweis gestellt. Wie aus der Zeit gefallen steht der Kanten auch in seiner neuesten Auflage da. Aber die Stuttgarter sind nicht die Einzigen, die solch eckiges Offroad-Gerät in fast unveränderter Form durch die Jahrzehnte fahren lassen. Auch Jeep hat mit dem Wrangler ein kantiges Urgestein im Programm, das optisch nur feine Zugeständnisse an die Neuzeit macht.
So fährt das einstige Militärfahrzeug auch in der vierten Auflage mit runden Hauptscheinwerfern und sieben Lüftungsöffnungen - oder wie der US-Amerikaner es nennt: einem "Seven-Slot-Grill" - vor. Geblieben sind auch die klappbare Frontscheibe, die trapezförmigen Radhäuser, die sichtbaren Scharniere an Türen und Motorhaube sowie die klappbare Frontscheibe und der Überrollbügel. Zudem sind die Türen weiterhin abnehmbar und die Wahl von Hard- und Softtop ist dann einfach nur noch Ehrensache.
Der CJ-5 lässt grüßen
Doch bei aller Verbundenheit zum CJ-5 aus den 1950er-Jahren haben sich sichtlich noch einige Dinge geändert. Die Sahara- und Rubicon-Modelle erhellen die Nacht jetzt auf Wunsch mit LED-Scheinwerfern und geben ihnen ein unverwechselbares Gesicht. Dazu gibt es LED-Blinker und das moderne Licht strahlt auch in den ausgestellten Heckleuchten. Und weil wir gerade bei den sichtbaren Neuerungen sind, nehmen wir im Wrangler Platz und stellen fest: alles ist anders und dennoch vertraut.

Im Inneren ist der Jeep Wrangler moderner geworden, ohne aber seine Wurzeln zu verleugnen.
(Foto: Holger Preiss)
Zwar wurde die Konsole modifiziert, beherbergt aber weiterhin sämtliche Hebel für Getriebe, Verteilergetriebe und die mechanische Feststellbremse. Nur mit dem Unterschied, dass die jetzt trotz der gewünschten Robustheit besser zu erreichen sind. Ein feines Feature sind auch die Echtmetall-Akzente und die Inbusschrauben auf Schalthebel, an den Haltegriffen und am Rahmen des 7 oder 8,4 Zoll messenden Bordmonitors. Sie geben der vierten Generation des Wranglers eine gehörige Portion seiner Ursprünglichkeit zurück. Ursprünglich ist auch die Rahmenkonstruktion des neuen Wrangler. Allerdings haben die Ingenieure, um die Geländefähigkeit als auch die Straßenlage zu verbessern, ein Fahrwerk mit Fünflenker-Radführung angeflanscht. Um die sensiblen Fahrzeug-Komponenten wie das nunmehr über acht Stufen schaltende Automatikgetriebe, die Ölwanne, den Tank und das Verteilergetriebe im unwägbaren Geläuf zu schützen, wurde die mit vier massiven Unterfahrschutz-Elementen verblendet. Und damit sind wir auch gleich bei dem, was einen Jeep Wrangler ausmacht: die Möglichkeit, Wege zu befahren, die außer ihm noch eine Mercedes G-Klasse oder ein Land Rover Defender - Gott hab ihn selig - überwinden können.
4H, 4L und durch
Und hier ist es dann auch. Die US-Amerikaner nennen den Wrangler ob seiner schnellen Umgestaltung - den schon erwähnten entfernbaren Türen oder dem Wechsel der drei Dachkonstruktionen - "Play Car". Aber eigentlich ist er ein Spielzeugauto wegen seiner Fähigkeiten. Wer hier beim Überlaufen von riesigen Brocken, dem Durchfahren mächtiger Schlammfurchen oder der "Schwimmprüfung" in der 76 Zentimeter tiefen Furt keine Freude hat, der macht etwas verkehrt. Natürlich sind das alles Fähigkeiten, die einen technischen Hintergrund haben. Jeep hat den Wrangler mit zwei Vierradantrieb-Systemen versehen: dem Command-Trac für die Versionen Sport und Sahara und dem Roc-Trac für den Alleskönner Rubicon. Beide haben allerdings das neue, zweistufige und vollautomatische Selec-Trac-Verteilergetriebe zur Überwachung des Motordrehmoments an Vorder- und Hinterachse.
Wer sich vorwiegend auf der Straße bewegt, kann den Heckantrieb benutzen, um Sprit zu sparen. Allerdings sollte er sich darüber im Klaren sein, dass die 450 Newtonmeter maximales Drehmoment, die der 2,2-Liter-Diesel neben 200 PS zur Verfügung stellt, locker ausreichen, den Jeep quergehen zu lassen. Vor allem auf nasser Straße oder auf Schotterwegen geht das ganz schnell, denn das volle Drehmoment liegt bereits bei 2000 Kurbelwellenumdrehungen an. Besser also "4H Auto" einlegen und alle vier Räder bei vollautomatischer Kraftverteilung für den Vortrieb nutzen. Das Ganze geht natürlich auch mit einer klaren 50:50-Verteilung in "4H Part-Time". Sollte es mal richtig arg werden, dann gibt es natürlich auch die Geländeuntersetzung, die das Drehmoment vervielfacht und mit der Einstellung "4L" bereitgestellt wird. Heißt, jetzt kann jedes Rad einzeln mit 25 Prozent der vollen Kraft angesteuert werden.

Wer den Jeep Wrangler Sahara vorzieht, muss keine Angst haben, dass er nicht durchs Gelände kommt.
(Foto: Holger Preiss)
Und ganz ehrlich? Bereits hier gilt: Geht nicht gibt's nicht! Der Wrangler fräst sich durch Schlammfurchen, überrollt mächtige Brocken und schiebt sich über ausgespülte Bergwege mit Unterstützung der Down Hill Control nach unter. Dabei ist es auch egal, ob die Langversion mit vier Türen (die nicht nur mehr Platz, sondern auch den höheren Nutzwert wegen des größeren Kofferraums bietet) oder der Zweitürer durchs Gelände geprügelt werden. Einzig, dass der Kurze wesentlich authentischer über alle Unebenheiten wackelt und wankt. Wir reden hier übrigens in beiden Fällen noch von der Ausstattungslinie Sahara. Der, so hat es jedenfalls das Marketing von Jeep festgelegt, ist der Urban-Offroader, also das Stadtmobil. Meint aber eigentlich nur, dass die Innenausstattung etwas gediegener, zum Beispiel mit cremefarbenen Sitzen und beledertem Dashboard vornehmer daherkommt und die Erstbereifung mehr für die Straße als für den Offroad-Einsatz geeignet ist. Aber wie gesagt, dem Wrangler ist das schnuppe und dem Fahrer eigentlich auch.
Im Rubicon durchs Unterholz
Na gut, werfen wir noch einen Blick auf den Rubicon. Der Knabe hat alles, was oben für den Sahara beschrieben wurde, kann aber neben Stollenbereifung auch auf einen Vierradantrieb mit zweistufigem Verteilergetriebe und Geländeuntersetzung zugreifen. Zudem gibt es die weiterentwickelte heavy-duty Achse und die Schlupfbegrenzung. Hinzu kommen verbesserte Verschränkungs-Fähigkeiten und längere Federwege dank der entkoppelbaren Querstabilisatoren an der Vorderachse. Wer also wie der Autor glaubte, der Sahara könne schon jedes Gelände, der darf sich mit dem Rubicon und seiner Kriechübersetzung mal ganz gepflegt über Wege schaukeln lassen, die man nicht zu Fuß gehen möchte. Wer die Sache von außen betrachtet, glaubt, die Räder scheren ab, so weit drücken sie sich seitlich aus den Radhäusern, um den Wrangler durch den Schlamm zu ziehen, über Felsen zu heben oder in Richtung Alpenpass durch den Wald zu schieben. Wer Seekrankheit nur vom Wasser kannte, kann sie hier an Land erleben.

So sieht der 2,2-Liter-Diesel des Jeep Wrangler nach dem Offroad-Programm aus.
(Foto: Holger Preiss)
Auch der Italiener, der unter der Haube des Wrangler seine Arbeit verrichtet, macht das für seine Verhältnisse recht souverän. Der 2.2 MultiJet II Turbodiesel, der die Euro-6d-Norm erfüllt, leistet 200 PS, die für die hier beschriebenen Anforderungen durchaus ausreichend sind. Auf der Straße bleibt er in der Geräuschentwicklung verhalten, was aber auch den ab 140 km/h deutlich vernehmbaren Wind- und Rollgeräuschen geschuldet sein kann. Wer das eine will, der muss das andere mögen. Immerhin ist der Wrangler wie die G-Klasse ein Kasten. Und daran ändert auch nichts, dass die Frontscheibe einen Hauch schräger gestellt wurde. Aber denken wir mal an den Defender - die Fans mögen mir verzeihen - hier sind eigentlich schon ab 80 km/h Ohrschützer verordnet.
Am liebsten immer über den Bordstein
Doch bleiben wir noch einen Moment auf der Straße. Was im Gelände nämlich seine Vorteile hat, ist auf dem Highway gewöhnungsbedürftig: die Starrachse. Sie sorgt bei aller neuen technischen Feinheit dafür, dass Kurven nie in einem Zug durchfahren werden können. Vielmehr ist es wie bei Digitalzeichnungen, die Aneinanderreihung von Geraden. Meint nichts anderes, als dass in der Kehre immer kleine Lenkkorrekturen durchgeführt werden müssen. Ist aber auch egal, denn eigentlich hat man im Wrangler ohnehin immer das Gefühl, man müsse eigentlich über den nächsten Bordstein fahren. Warum? Weil man es einfach kann! Jedenfalls dann, wenn man mindestens 46.500 Euro zahlt. Dafür gibt es den Wrangler Sport mit dem im Test gefahrenen und beschriebenen 2,2-Liter-Diesel mit zwei Türen. Wer die empfohlene Variante mit den vier Türen möchte, der zahlt 49.500 Euro. Sahara und Rubicon steigen bei gleicher Motorisierung mit 53.000 Euro für zwei und 56.000 Euro für vier Türen ein.
Die Preise für den ab Ende des Jahres verfügbaren Benziner sind übrigens mit denen des Diesels identisch. Der 2,0 Liter Reihen-Vierzylinder wurde völlig neu entwickelt, leistet dank Twinscroll-Turbolader 270 PS, generiert 400 Newtonmeter maximales Drehmoment und soll mit einem verringertem Verbrauch daherkommen. Apropos, wird der aufmerksame Leser fragen, was verbraucht denn der Diesel? Nun, da der Wrangler sein Können vorrangig auf dem durchaus anspruchsvollem Testgelände rund um den Red Bull Ring in Spielberg unter Beweis stellen musste, sind Verbrauchswerte gemessen an der alltäglichen Nutzung an dieser Stelle Schall und Rauch.
Wer sich jetzt die nächste Frage stellt, ob denn der nicht nur in den USA so beliebte Sechsender gemeinsam mit dem Wrangler seinen Weg nach Europa finden wird, der muss enttäuscht werden. Nein, wird er nicht. Jedenfalls momentan nicht. Dabei stünde ihm das gute Stück unter der Haube gut zu Gesicht. Aber man kann eben nicht alles haben, würde der weise Vater den Kindern jetzt sagen.
Quelle: ntv.de