Hoffen auf den September Anleger unter Peformancedruck
01.09.2009, 05:55 UhrDer September hat begonnen, er gilt als ein traditionell schwieriger Monat für Aktien. Das löst aber nicht bei allen Anlegern unisono Befürchtungen aus, nein ganz im Gegenteil, zahlreiche Investoren hoffen geradezu auf eine stärkere Korrektur in den kommenden Wochen. Der Grund hierfür ist einfach zu verstehen: Viele Anleger haben die Rally seit März schlicht und einfach verpasst und geraten zusehends unter Performancedruck.
Die Skepsis im Markt bleibt hoch. Zahlreiche Investoren glauben noch immer nicht an die Nachhaltigkeit der Dax-Erholung und verweisen auf die in der Zwischenzeit nicht mehr günstigen Marktbewertungen. Dabei wird aber verkannt, dass der Markt zunehmend Sentiment-getrieben ist. Je skeptischer die Teilnehmer sind, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit einer Korrektur. Ohne Zweifel ist der Optimismus der Anleger in den vergangenen Wochen angesichts steigender Notierungen gewachsen. Von Euphorie kann aber sicher noch keine Rede sein.
Und diejenigen Anleger, die versucht haben, sich gegen den Markt zu stellen, haben sich bislang die Finger verbrannt. Daher sollte die Korrektur an den Aktienmärkten - sollte sie denn kommen - vergleichsweise moderat ausfallen. Stärkere Abgaben werden schon durch die Skeptiker verhindert, die eine Konsolidierung zum Einstieg nutzen wollen.
Konjunkturdaten im Blick
Auch wird sich die Tendenz zu besser als erwarteten Konjunkturdaten vermutlich fortsetzen. So ist zu erwarten, dass der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe aus den USA wieder über die Expansionsschwelle von 50 steigen wird. Ein Argument, dass die Skeptiker immer wieder anführen, ist die Diskrepanz zwischen der Entwicklung an den Aktien- und Rentenmärkten. Laut Berechnungen von M.M. Warburg müsste die aktuelle Rendite für zehnjährige Bundesanleihen gemessen an der Aktienmarktperformance etwa 45 Basispunkte höher liegen.
Verwerfungen dieser Art waren in der Vergangenheit häufig ein Warnsignal und lösten sich früher oder später auf - nicht selten in einem Gewaltakt. Noch ist unklar, ob nun der implizierte Optimismus der Aktien- oder der Konjunkturpessimismus der Rentenmärkte recht behalten wird. Dabei ist zu beachten, dass die niedrigen Renditen am Anleihemarkt nicht nur Konjunkturskepsis offenbaren, sondern auch die Erwartung eines langfristig niedrigen Inflationsumfeldes, was vor allem dem Einbruch der Energiepreise geschuldet ist.
Kreditvergabe stockt
Die meisten Analysten gehen davon aus, dass die wichtigen Zentralbanken erst im Verlauf des kommenden Jahres damit beginnen werden, die Leitzinsen anzuheben. Daher dürfte auch das Interesse an der Zinsentscheidung der EZB am kommenden Donnerstag eher ein akademisches sein. Von Beobachtern wird einhellig erwartet, dass die Notenbank die Zinsen bei 1 Prozent bestätigen wird. Die Frage, als wie nachhaltig sich der in den Aktien eingepreiste wirtschaftliche Aufschwung erweisen wird, wird wohl erst in der ersten Hälfte 2010 entschieden werden.
Und hier gibt es durchaus einige Gründe, zurückhaltend zu sein. Das gerade angelaufene Entschuldungsprogramm der US-Privathaushalte, steigende Sparquoten und eine erneute Abschreibungswelle, die mit zunehmenden Insolvenzen auf die Banken zurollt, wird die Wirtschaft noch auf Jahre belasten und die Kreditvergabe einschränken. Am schwersten wiegt wohl die steigende Zahl der Arbeitslosen. Der US-Arbeitsmarktbericht am kommenden Freitag dürfte einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 9,5 Prozent nach 9,4 Prozent offenbaren.
Allgemein wird erwartet, dass die US-Arbeitslosenquote über 10 Prozent klettern und dort auch für längere Zeit verharren wird. Die Kernschmelze des Finanzsystems und damit eine zweite Große Depression konnte zwar durch massivste Konjunkturprogramme der Regierungen und noch nie gesehene Liquiditätszuführungen durch die Zentralbanken verhindert werden. Der Preis für die Stabilisierung ist eine Steigerung der Staatsverschuldung in einem Maße, wie das sonst nur zu Kriegszeiten üblich ist.
Wie weit der Schuldenberg aufgehäuft werden kann, bevor die Investoren deutliche höhere Renditen am Bondmarkt einfordern, und ob all diese Programme letztendlich in einen selbsttragenden Aufschwung führen, wird erst die Zukunft zeigen. Bis dahin kann der Dax aber noch bedeutend höher stehen.
Quelle: ntv.de, jga/DJ