Markus Zschaber, V.M.Z. Griechenland - Chance oder Fluch
10.05.2010, 13:16 UhrIn den letzten Wochen rückte das sogenannte Staatenrisiko in den Fokus der Finanzmärkte, welches seinen Auslöser sowohl durch die horrende Verschuldungssituation, als auch durch die enorme Neuverschuldung der Griechen fand. In den 70er, 80er und 90er Jahren hatte Griechenland die monetären Möglichkeiten, die chronische Ineffizienz und die nicht vorhandene Wettbewerbsfähigkeit des inländischen Wachstumsmodells gegenüber den industrialisierten Nachbarstaaten durch die regelmäßige Abwertung der eigenen Währung zu vertuschen. Für einen seriösen Beitritt in die Währungsunion wurde seitens der großen Staaten, vor allem durch Deutschland, verlangt, dass die finanzielle Situation des griechischen Haushalts gestärkt wird und ineffiziente Strukturen abgebaut werden.
Als die Griechen nachweislich ihre Statistiken geschönt haben und Staaten wie Deutschland oder Frankreich nicht in Erwägung zogen, dass diese Bilanzen nicht ansatzweise der Realität entsprachen, wurde Griechenland in die Währungsunion aufgenommen. Durch den Euro konnten viele Nationen, deren Wachstumsmodell nicht wirklich funktionsträchtig war und ist, profitieren. Fakt ist, dass der Euro im Kern eine deutschgeprägte Währung ist. Dieser monetäre Verzerrungseffekt, dass Volkswirtschaften dadurch automatisch eine stabile Währung erhielten, lag auch an der EZB, welche auch auf institutioneller Ebene immer wieder ähnliche, deutschgeprägte Präferenzen hinsichtlich einer stabilen Währung äußerte.
In der Konsequenz resultierte daraus, dass Griechenland, Spanien, Portugal und Italien eine monetäre Seriosität zugestanden wurde, die sie zuvor nie hätten erreichen können. Die Nachteile dieser neu gewonnen Seriosität waren, dass Staaten wie z.B. Griechenland nicht mehr die Möglichkeit hatten, durch die Abwertung ihrer Währung die Missstände der Wirtschaft zu vertuschen. Das Einsetzen der Weltwirtschaftskrise und das hierdurch weg brechende Konsumwachstum sorgten dafür, dass die Schuldenquoten, welche durch unwirtschaftlichen Überkonsum erzeugt wurden, jetzt eine negative Hebelwirkung verursachten.
Bedenkt man, dass ursprünglich das Rettungspaket für Griechenland mit 12 Mrd. Dollar angedacht wurde, anschließend auf 30 Mrd. Dollar erhöht wurde und heute mindestens 133 Mrd. Dollar benötigt werden, um Griechenland zu stabilisieren, gleicht das politische Verhalten einer Farce. Die griechischen Staatsanleihen büßten alleine im Monat April auf Kursebene über 22 Prozent ein. Die Tatsache, dass innerhalb diverser institutioneller und privater Portfolios Griechenlandanleihen integriert waren und sind, gilt aus unserer allokativen Perspektive als sehr verwunderlich. Aufgrund der hohen Neuverschuldungsquote von 14 Prozent des griechischen Bruttoinlandproduktes, basierend auf einem sich ökonomisch nicht nachhaltig tragenden Wachstumsmodell, besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft ein nicht zu verachtendes Risiko.
Griechenland hat zur Zeit 33 Staatsanleihen im Wert von 140 Mrd. Euro ausgegeben, die mit einer Restlaufzeit bis zum Jahr 2015 ausgestattet sind und an den Märkten gehandelt werden. Hinzu kommen Zinskosten in Höhe von ca. 90 Mrd. Euro, so dass in den kommenden 4,5 Jahren summa summarum ca. 230 Mrd. Euro als Forderungen gegenüber Griechenland vorhanden sind. Im Zuge des ausgehandelten Sparkurses wird Athen bis 2013 im Haushalt die für griechische Verhältnisse erhebliche Summe von 30 Mrd. Euro einsparen müssen. Dadurch könnte sich nach unseren Bewertungen das Haushaltsdefizit bis 2014 von derzeit 13,6 auf 3,3 Prozent reduzieren. Zuletzt lag die Gesamtverschuldung des griechischen Staats bei 300 Mrd. Euro.
Laut Angaben verschiedener griechischer Politiker wird zusätzlich zum zweiten Mal seit Jahresbeginn die Mehrwertsteuer um zwei Prozent erhöht, diesmal von 21 auf 23 Prozent, was wir auch als absolut notwendig erachten, sollten die Pläne wirklich nachhaltig erfolgreich umgesetzt werden können. Außerdem wurde seitens des Büros des Finanzministers veröffentlicht, dass Staatsbedienstete acht Prozent weniger Lohn erhalten sollen. Die harten Restrukturierungsprogramme werden das zukünftige Wirtschaftswachstum mit ca. 20 Prozent belasten, so dass ein erfolgreiches Gelingen noch nicht wirklich absehbar ist, selbst wenn sich die stark wehrende griechische Bevölkerung schlussendlich doch noch dazu bereit erklärt, ihren Beitrag auf den verschiedenen Ebenen zu leisten.
Es werden also weitere Milliarden benötigt werden, um Griechenland nachhaltig zu stabilisieren. Die größte Herausforderung wird es aber sein, in Griechenland ein funktionsfähiges Wachstumsmodell zu erzeugen. Sollte dies nicht gelingen, wird ein Austritt aus der Währungsunion wohl alternativlos!
Ihr Markus Zschaber
Markus C. Zschaber ist leitender Fondsmanager der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft (www.zschaber.de) in Köln. Nach seinem BWL-Studium ließ er sich in den USA bei der Chase Manhattan Bank zum Fondsmanager ausbilden und kehrte danach wieder zurück in seine Wahlstadt Köln. Bereits mehrfach ausgezeichnet für sein Portfoliomanagement, zuletzt als "Bester Fondsverwalter 2008"durch den "Handelsblatt-Elite-Report", kennen ihn die n-tv-Zuschauer seit 1997 als Experte unter anderem in der Telebörse, dem Investment-Check, Börse@n-tv oder dem Geldanlagecheck. Drei seiner Fachbücher konnten Leser bereits in den Bestseller-Listen finden u.a. „Der Börse voraus“ als Gemeinschaftsproduktion mit dem Nachrichtensender n-tv. Sein aktuelles Buch "Der Aufschwung kommt" war bereits 4 Wochen nach Erscheinung ein Bestseller.
Quelle: ntv.de