Superrealistischer Superstar Mehrzad Marashi präsentiert "Change Up"
25.06.2011, 13:04 Uhr
So ein richtiger Hamburger Jung' treibt sich gern am Hafen rum.
Der "Deutschland sucht den Superstar"-Gewinner a. D. startet noch einmal durch. Mit seinem neuen Album "Change Up" hat er sich einen langgehegten Wunsch erfüllt: Musik, hinter der er hundertprozentig steht und mit der er bald auf Tour gehen wird.
Mehrzad sitzt an der Bar des Hotels, sommerlich blau-weiß gekleidet, flottes Hütchen auf dem Kopf (das ihm viel besser steht als die olle Base-Cap) und winkt uns gleich zu, als würden wir uns kennen. In den riesigen gemütlichen Sesseln des Weinmeister reden wir dann über sein neues Leben.
n-tv.de: Jetzt ist es ja schon über ein Jahr her, dass du DSDS gewonnen hast - was hast du denn das ganze letzte Jahr gemacht?
Mehrzad Marashi: Ich war viel unterwegs, die ersten vier, fünf Monate nach der Show natürlich noch viel intensiver als danach, aber das war ja auch klar. Ich hatte viele Auftritte, habe viele neuen Menschen kennen gelernt, ich war bei "Wetten, dass..?", da habe ich Lionel Ritchie getroffen. Das war einer meiner größten Wünsche, ihm mal die Hand zu schütteln. Und dann hat er mir auch noch gesagt: "Mann, ich habe deine Auftritte gesehen, du hast ja ein paar von meinen Songs gesungen, und das hast du klasse gemacht." Wow! Das war für mich wichtiger als der Auftritt selbst.
Und - habt ihr Visitenkarten ausgetauscht?
Nee, leider nicht, so weit ist es dann doch nicht gekommen. Das habe ich mich gar nicht getraut, denn er ist für mich natürlich ein Superstar. Da möchte ich irgendwann hin, und deswegen sag' ich auch immer, der Titel "Superstar" ist ganz schön hoch gegriffen. Ich finde, das wirkt für die Leute da draußen doch ein bisschen verwirrend.
Du findest diesen Begriff für dich also einen Tick zu überdreht oder hochgegriffen?
Ja, auf jeden Fall! Ich bin doch kein Superstar! DSDS ist eine Supershow, und es kann ein wahnsinniger Karrierestart sein, man bekommt ein Sprungbrett, so würde ich das formulieren, aber was du dann daraus machst, liegt doch in deiner eigenen Hand. Viele geben die Hoffnung zu schnell auf, wenn das Interesse nicht mehr ganz so groß ist wie am Anfang, aber so ein Interesse wie mit DSDS kann man auch nur schwer wieder erwecken. Überleg' mal, wieviele Wochen DSDS lief, und wie präsent man allein deswegen schon als Teilnehmer da war. Da ist man ja eine Zeit lang in jeder RTL- und Vox-Sendung, man ist permanent unterwegs und gibt Interviews. Die Leute werden ja so bombardiert von einem, dass sie gar keine Möglichkeit haben, einen eventuell nicht zu kennen (lacht). Und jeder, der schon mal irgendwas mit dem Business zu tun hatte, weiß, dass das nicht der normale Werdegang eines Musikers ist. Normalerweise muss man um solche vorderen Plätze immer kämpfen. Aber ich denke, wenn man gute Musik und einen guten Job macht und mit beiden Beinen auf dem Boden bleibt, dass man dann irgendwann auch dahin kommt. Das wird auf jeden Fall ein schwieriger Weg, aber ich bin und bleib‘ da kämpferisch.
Mit deiner neuen CD könntest du ja einen ähnlichen Hype nochmal auslösen, oder?
Ich hoffe das natürlich (lacht), ich hoffe natürlich, dass die Leute ein Ohr dafür haben werden, weil da sehr viel von mir selbst drin steckt. Ich habe ja auch zwei Stücke davon produziert und selbst geschrieben. Es ist auf Englisch, und ich finde, es ist sehr aktuell. Im Gegensatz zum ersten Album ist es auch sehr tanzbar, da waren ja fast nur Balladen drauf.
Welche sind denn deine Stücke? Und deine Lieblingsstücke?
Da ist zum einen das Mid-Tempo-Stück "All You Need Is Hope" - damit habe ich textlich versucht, den Verlust meines Bruder zu verarbeiten - und das andere ist "She’s The One“, eine etwas clubbigere Nummer, und auch einer meiner Lieblingstitel.
Bei dir hätte man, zumindest unserer Ansicht nach, am ehesten erwartet, dass es nach DSDS sofort losgeht mit der Karriere. Der Zweikampf, den du dir da mit Menowin geliefert hast, war ja schon filmreif. Trotzdem hat die Tournee danach nicht stattgefunden, wie hast du dir das alles erklärt?
Ja, das habe ich natürlich auch überlegt, aber wenn man sich mal das Finale von dieser Staffel und das von der Staffel davor anguckt, dann ist das ja der totale Unterschied. Dieses Jahr das Liebes-Finale von Pietro und Sarah, und bei mir damals das Hass-Finale zwischen Mehrzad und Menowin, den ehemaligen Freunden. Wenn man so ein Finale hat, dann spaltet man die Fernsehzuschauer total: Die einen waren für mich, die anderen für ihn, und da wir so hart gegeneinander gekämpft haben, hat eben auch keiner seiner Fans zum Beispiel mein Lied gekauft oder runter geladen. Während das bei Pietro und Sarah ja was ganz anderes ist, die sind ein Paar. Und die werden auch als etwas Gemeinsames wahrgenommen, da kaufen die Fans auch die Version des anderen.
War die Entscheidung der Zuschauer denn auch so knapp wie dieses Jahr?
Das weiß ich nicht, aber nee, ganz so knapp war es nicht. Ich hatte wohl gut 10 Prozent mehr Anrufer als er. Aber das war ja nicht der Punkt, das viel größere Problem war, dass mein Album genau an dem Tag heraus kam, als die WM begann. Da richtet sich der Fokus natürlich nur auf Fußball und nicht darauf, dass Herr Marashi eventuell ein Album auf den Markt gebracht hat oder nicht (lacht).
Und die Tour, ja das war wohl 'ne Fehlkalkulation der Veranstalter. Ich denke, man kann keinen Künstler, der direkt aus so einer Fernsehshow kommt, nehmen und dann mit ihm Hallen füllen wollen. Was soll der denn singen? Da hat man ein Album mit 12 Titeln, das reicht doch nicht! Man muss sich doch erst einmal beweisen, welchen Grund sollten die Leute sonst haben, dich live sehen zu wollen? Die Eintrittkarten kosten mindestens 35 Euro, wer soll sich das denn leisten?
Klingt superrealistisch, was du da sagst.
Ja, na klar, ich versuche nur, das objektiv zu betrachten, deswegen hat mich das auch überhaupt nicht getroffen. Die Tour wurde auch sechs Monate vor ihrem Start abgesagt … ich meine, da waren einige auch vor den Kopf gestoßen, die sich erst später eine Karte kaufen wollten. Die haben die Karten nicht vorbestellt, ich bin ja schließlich nicht Robbie Williams. Und das sind so Sachen, die natürlich nicht so toll liefen, aber auf der anderen Seite habe ich viel Schönes erlebt. Ich hab' das Vergnügen gehabt, mit Moses P zu arbeiten, und habe ein paar wirklich schöne deutsche Titel mit ihm aufgenommen. Damals hatte ich leider keine Befürworter, die mich auf deutsch unterstützen wollten, und deswegen sing' ich eben wieder englisch, aber das war ein gutes Erlebnis, denn wir sind jetzt befreundet und ich habe auf jeden Fall vor, das deutsche Album irgendwann zu machen. Und das wird dann alle umhauen, weil die Titel, die wir jetzt schon haben, sehr geil geworden sind. Aber das braucht noch seine Zeit, ehe ich mit so einem Album komme, muss ich mich erstmal etablieren.
Eigentlich hieß es doch, dass es gut wäre, wenn du deutsch singen würdest.
Ja, aber ich muss jetzt erst einmal diesen DSDS-Stempel loswerden. Da nimmt man mich mit anderen Sachen vielleicht ernster.
Dann hast du ja eine echt große Bandbreite, von Lionel Richie bis Moses P. Da wird es schwierig, sich zu positionieren, oder? In welcher Ecke stehst du denn? Für viele ist das vielleicht schwer nachzuvollziehen, wenn sie dich nicht einordnen können.
Ja, natürlich. Aber ich will meine Fans eigentlich mitnehmen auf meiner musikalischen Reise. Ich hab‘ bei meinem Auftritt bei "The Dome" mal einen deutschen Titel performed, und den haben alle da gefeiert. Der wurde leider nicht veröffentlicht, aber die fanden das ganz gut die Leute, und ich sing' den immer noch gerne live. Aber jetzt ist erstmal mein neues Album dran, und das bedeutet Change. Mir ist ein Riesenstein vom Herzen gefallen, wir haben lange dafür gearbeitet. Wir haben Songwriter aus Schweden und aus England eingeflogen, wir haben getüftelt, getextet, Melodien ausgedacht, da steckt ganz viel von mir drin. Auf jeden Fall wird das die Leute überraschen, sag‘ ich mal.
Bist du denn jetzt wesentlich entspannter?
Ja, sehr, auch bei Live-Gigs. Und abgesehen davon habe ich jetzt Geld verdient und meine Absicherung, das macht mich ganz relaxed. Das gibt mir die Ruhe und die Möglichkeit, mich auf meine Musik zu konzentrieren. Ich will mich schließlich auf lange Sicht etablieren, deswegen hat es auch so lange gedauert. Mit "Beautiful World" jetzt fühl' ich mich ganz sicher, das schafft man nicht mal so eben von heute auf morgen. Das braucht Zeit, da muss man sich Gedanken machen. Und ich finde: Das ist ein Hammerlied!!! Meiner Meinung nach hat das auch international Potential! Und um als Künstler sowas sagen zu können von seiner eigenen Musik, da musst du wirklich hundertprozentig hinter dieser Musik stehen. Das tu' ich! Das hatte ich zuvor nicht.
Machst du dir Gedanken darüber, wer deine Fans sind?
Ja, ich hab' ja schon so 'ne kleine Umfrage gemacht (lacht, wie er überhaupt häufig und gerne lacht!). Ich habe sehr viele Fans ab dreißig aufwärts. Viele Mütter mit Kindern. Natürlich gibt’s da noch die ganz Kleinen, aber die feiern alles. Ich denke, meine richtigen Fans sind so alt wie ich. Das ist gut, denn die befassen sich mit der Musik, und auch mit den Texten. Und die unterstützen einen Künstler, weil sie sehen, wie er Gas gibt, und nicht nur, weil er gerade im Fernsehen war.
Siehst du die Sendung DSDS denn jetzt kritisch?
Nee, es ist ein tolles Format. Ich mach' seit 17 Jahren Musik und ohne Background ist das echt schwierig, fast unmöglich. Für mich war das damals so, dass ich hart an der Grenze gelebt hatte, aber trotzdem diesen Traum von der Musik hatte, und den wollte ich nicht aufgeben. Mein Vater hat immer gesagt, okay bis dreißig musst du es gepackt haben, wenn du es dann nicht geschafft hast, dann musst du was anderes machen. Und dann dachte ich, okay, dann geh' ich da jetzt mal hin, einmal zu so 'ner Casting-Show, geb' da alles, und nehm' es verdammt ernst. Und egal was passiert, wenn du gewinnst, dann ziehst du das mit der Musik durch, und wenn nicht, dann suchst du dir einen vernünftigen Job. Ich konnte ja auch nicht ewig meinem Vater auf der Tasche liegen.
Dann ist der Plan für dich ja voll aufgegangen!
Ja, auf jeden Fall. Mein Vater platzt vor Stolz, und endlich kann ich ihm das zurückgeben, was er mir die ganzen Jahre über gegeben hat. Das macht mich verdammt glücklich. Und meine Eltern davon zu überzeugen, dass mein Traum in Erfüllung gehen konnte, das war auch super, denn ab und zu haben die natürlich auch mal an mir gezweifelt.
Wie ist dein Verhältnis zu Dieter Bohlen heute?
Wir schreiben uns hin und wieder, wir haben uns nur musikalisch getrennt. Ich werde nie ein schlechtes Wort über ihn verlieren, denn im Endeffekt soll man nie vergessen wo man herkommt! Und er hat mir diese Karriere erst ermöglicht. Musikalisch geht er eben einen anderen Weg als ich, und im Endeffekt sind wir beide locker, jeder macht sein Ding, und ich kann jetzt hinter der Musik stehen, die mich und meine Fans berührt. Ich bin sowieso keiner, der sich gerne streitet. Ich brauche Harmonie, und man sieht sich in diesem Business immer zwei Mal.
Volker Neumüller managt dich ja noch, oder?
Genau, wir machen Business zusammen. Wir sind keine dicken Kumpels und grillen abends (lacht), aber auf der geschäftlichen Ebene ist alles gut.
Dass du mit dem diesjährigen Gewinner Pietro gleichzeitig erscheinst, ist kein Problem, glaubst du?
Das seh' ich überhaupt nicht. Unsere Fans kommen sich ja nicht in die Quere. Ich hoffe ehrlich, dass er Erfolg haben wird. Er ist ein guter Junge! Sarah hat natürlich die bessere Stimme, aber er hat eben die ganzen Sympathien bekommen!
Apropos Sympathie: Hast du Menowin mal im Knast besucht?
(lacht) Nee, hab' ich nicht, aber das Thema Menowin, oh Mann, schwer. Ich hab' nie ein böses Wort über ihn verloren. Ich hoffe nur, er wird seinen Weg finden, denn er ist ein guter Sänger. Er hat ja auch 'ne große Fanbase.
Was sind deine Pläne?
Ich geh' bald auf Tour, aber in kleinere Hallen. Ich will für die Menschen da sein, die mich hören wollen, und deswegen geh' ich in Clubs, wo so 500 bis 1000 Leute reinpassen. Da freu' ich mich, das wird ein ganz anderes Programm. Mit DJ, wir haben echt was Schönes vorbereitet. Ich bin eh gern nah an meinen Fans dran, ich mag das, wenn ich in deren Augen sehen kann. Ich will, dass die mitsingen, dass die Hände oben sind. Ich will, dass da Emotionen sind. Am besten nur ich, ein Gitarrist, Percussion, zwei Backgroundsänger, so richtig gemütlich.
Nimmst du deine Familie mit auf Tour?
Nee, nur wenn wir in der Nähe von Hamburg sind. Der Kleine ist jetzt eineinhalb, und das ist schwierig mit Reisen, und ich möchte nicht, dass er gestresst wird. Er ist so ein entspanntes Kind, der soll lieber mit Opa in den Schrebergarten gehen, das ist gut.
Was macht denn dein Musikstudio und die Tanzschule?
Mein Traum war immer, ein eigenes Tonstudio zu haben, einen eigenen Ort, an dem ich kreativ sein kann. Und dann dachte ich mir, was fängst du mit der ganzen Kohle jetzt an? Ich wollte gleich etwas Größeres, so dass die Tänzer da üben können, dass man da Musik machen kann, ja, alles eben. Aber wir machen da auch viel mit Kindern, oft Charity-Geschichten, ich singe dann mit denen ...
… und tanzt?
Nee, tanzen mit mir nicht, lieber nicht!! Das machen die Profis, ganz klar. Und ich bin immer offen für neue Talente, ich arbeite jetzt schon mit zwei Künstlern zusammen, die ich dann irgendwann auch produzieren möchte.
Den Traum vom Produzenten hast du dir ja im Video schon erfüllt, oder?
Ja, ein wunderschöner Tag in meinem Leben ist das! Diese Studioszene ist ganz wichtig. Die Leute sollten mal sehen, wie ich privat bin.
Hast du irgendwas bereut? Du wirkst so positiv.
Ich bin schon so oft auf die Fresse geflogen, aber das hat mich immer nur angespornt, weiter zu machen, deswegen: Nee ich bereue nix! Seit ich 13 bin, lebe ich diesen Traum. Ich bin ein Macher, ich will das umsetzen, was ich mir vorgenommen habe. Und wenn das noch länger dauert - egal! Ich will live unterwegs sein, das ist es, worauf es mir ankommt. Ob ich den Charts bin, ist eher zweitrangig.
Was rätst du anderen, die einen ähnlichen Weg gehen wollen?
Einen Klaren Kopf zu behalten und das Ziel zu verfolgen. Klar ist das mit einer Show wie DSDS leichter, aber wenn du einen Traum hast, dann leb' ihn, auch wenn du nicht auf Platz eins landest. Egal! Denn auch bei DSDS endet man nicht als Superstar nach der Sendung, sondern man ist der Gewinner einer Sendung, das ist ein Unterschied.
Mit Mehrzad Marashi sprachen Volker Probst und Sabine Oelmann
Das Album von Mehrzad Marashi ist ab 24. Juni im Handel.
Quelle: ntv.de