Leben

Aus der Schmoll-Ecke Krieg? Ach was, genießen Sie Ostern!

Dies ist gewiss ein traditioneller Sehrgut-Osterhase.

Dies ist gewiss ein traditioneller Sehrgut-Osterhase.

(Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Der Krieg, die Kriegsverbrechen und natürlich Zar Wladimir der Schreckhafte – alles ganz schrecklich. Aber was soll man tun außer die ukrainische Fahne bei Whatsapp einstellen und freiwillig Tempo 130 fahren? Das Leben geht doch weiter. Also auf in den Urlaub!

Ich weiß nicht, ob sich die Fortschrittskoalition gerade voll auf die Suche nach Panzern konzentriert, die Deutschland mit freundlicher Genehmigung von Olaf dem Unklaren - früher Olaf der Unsichtbare genannt - im Herbst 2023 blitzkriegsartig mit Eilkurier in die Ukraine schicken will, um international zu punkten, oder ob sie nach wie vor auch noch Zeit hat für die Suche nach einem Bundestagspoeten - ich habe weiterhin großes Interesse an dem Job. Und um meine Eignung unter Beweis zu stellten, präsentiere ich hier mein neustes Bonmot mitten aus meinem Hirn: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die beste Ministerin im Büßergewand?".

Sie denken nun selbstredend an Anne Spiegel, auch Anne die Urlaubsfahrerin genannt, die gerne Ferien im Kreise der Familie macht, aber jederzeit bereit ist, ihn für einen Tag zu unterbrechen, um nach dem Rechten zu sehen, etwa wenn es brennt und es an Löschwasser mangelt oder das Gegenteil der Fall ist, dass zu viel Wasser dort ist, wo es brennt. "Es war ein Fehler, dass wir so lange in den Urlaub gefahren sind", sagte Anne die Urlaubsfahrerin. Sie lesen richtig: "Wir." Als hätten ihre Kinder gesagt: "Du, Mama, Ahrtal hin oder her. Wir bestehen auf vier Wochen Ferien."

Mir scheint es: Wenn es um die Rettung der Karriere geht, müssen die Kinder herhalten und mithelfen, das gehört nun mal zur Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Urlaub. Hat aber nichts genützt, aus und vorbei, Anne die Urlaubsfahrerin musste abtreten. Nun ja, Reisende soll man nicht aufhalten. So geht sie nun dahin, ohne irgendein Gesetz geschaffen zu haben, das zur Fortschrittskoalition passt. Was von ihr zurückbleibt, ist der Vorschlag, Stiefvater und -mutter in Bonusvater und -mutter umzubenennen. "Die böse Bonusmutter fragte: Spieglein, Spieglein an der Wand …"

Anne die Urlaubsfahrerin glaubt wie alle ihre MitstreiterSTERNCHENinnen fest an das Gendern, die Macht der Worte, wie ihr Auftritt vergangenen Sonntagabend bewies: "Jetzt überlege ich gerade, ob ich irgendwas … jetzt muss ich das noch irgendwie abbinden." War sie da schon in Gedanken im nächsten Urlaub und hat überlegt, wie sie die herrliche Soße abbinden könnte, die sie in Frankreich probieren will, falls der Krieg in der Ukraine ihre Abwesenheit erlaubt und die Kinder sie auch dieses Mal nicht von einem Fehler abhalten. Eine letzte SMS an Olaf den Unklaren könnte gelautet haben: "Bitte noch gendern SoßenabbinderInnen. Ansonsten danke für die Freigabe. Jetzt geht es in den Urlaub!"

Eine Ersätzin muss her

Ihre MitstreiterSTERNCHENinnen sahen sich plötzlich gezwungen, neben den Panzern - und vielleicht dem Bundestagspoeten - eine Ersätzin für Anne die Urlaubsfahrerin zu suchen. Gefahndet wird in den eigenen Reihen nach einer Frau mit zwei linken Flügeln und aus dem goldenen Westen, damit der Proporz stimmt. Kompetenz und die Fähigkeit zur Kommunikation sind drittrangig, entscheidend sind äußere Merkmale wie Wohnort, politische Ausrichtung und perfektes Gendern.

Deshalb sagt die Partei von Anne der Urlaubsfahrerin ja auch nicht Infanteristen, sondern zu Fuß Gehende mit Schießgewehr. Das klingt umständlich, ist aber gerechter, weil es auch diejenigen einschließt, die noch am überlegen sind, welches Geschlecht sie sein wollen. Spätestens nach einem Volltreffer hat sich die Frage allerdings erledigt. Im Tod (oder kurz danach) sind wir alle gleich. Das sollte ein Trost für die ukrainischen zu Fuß Gehenden mit Schießgewehr sein, die keinen der 5000 Helme aus Deutschland abbekommen haben.

Mein Zynismus - ich weiß, ich weiß. Sehen Sie ihn mir nach und schalten Sie ab. Wir verurteilen das Böse, den Krieg, die Kriegsverbrechen und genießen ansonsten das Leben und freuen uns auf den Osterurlaub und das Eier-Suchen, selbstverständlich aus biologischer Produktion. Auf in die Ferien! Aber natürlich nur mit Tempo 130 (freiwillig!) auf der Autobahn aus Solidarität mit den Ukrainern. Wir fahren Putin in Grund und Boden.

Das Tempolimit muss her! Nicht aus Umwelt- und Sicherheitsgründen, sondern weil wir ohne russisches Gas auskommen wollen. Was für eine Strategie der Politik. Doch halt mal. Lang lebe die Moral! Tod dem Bösen! Denn gewiss, Krieg ist hässlich. Aber Wohlstandsverlust auch. Also warnen vor allem die Herren von Union, FDP, BASF und aus der Wirtschaft vor unabsehbaren Folgen für die deutsche Industrie und unseren Wohlstand, wenn wir den Russen kein Gas mehr abkaufen. Dann ist von "Katastrophe" und "Zusammenbruch" der Wirtschaft die Rede, während in der Ukraine ganze Städte kollabieren.

Frieden oder Klimaanlage?

Das wiederum finden alle ganz schrecklich, die Kriegsverbrechen und natürlich Zar Wladimir den Schreckhaften, der kein Interesse an Frieden hat, bevor er nicht die Ukraine einkassiert und das ukrainische Volk ausgelöscht hat. Italiens Ministerpräsident Mario Draghi fragte immerhin, "ob der Gaspreis für den Frieden eingetauscht werden darf. Angesichts dieser beiden Dinge, was bevorzugen wir da - den Frieden oder entspannt bleiben, mit angeschalteten Heizungen oder jetzt mit laufender Klimaanlage über den ganzen Sommer?"

Ist doch klar: die Heizungen und die Klimaanlage! Wer wird sich denn den Spaß nehmen lassen und auf irgendetwas verzichten. Es reicht doch zu verurteilen. So war es schon immer, das genügt. Pipeline-Manu in Schwerin sagte dem "Spiegel" im September 2020: "Ich unterstütze die Forderung der Bundesregierung, dass der Fall Nawalny vollständig aufgeklärt werden muss. Da ist jetzt Russland am Zug. Aber dieses Verbrechen darf nicht dazu benutzt werden, Nord Stream 2 infrage zu stellen."

Nein, natürlich nicht. So wie die Schweiz jetzt auch nicht ihr Geschäftsmodell der Neutralität infrage stellt, damit Oligarchen und andere gruselige Gestalten weiter ihre Kohle in der Alpenrepublik bunkern können. Natürlich verurteilt die Regierung in Bern die "mutmaßlichen Kriegsverbrechen", wer immer sie begangen hat. Solange man das nicht ganz genau weiß und Zar Wladimir der Schreckhafte in den Haag verurteilt worden ist, wird man doch neutral bleiben dürfen.

Also: Scheren Sie sich nicht um den Krieg, leben Sie weiter Ihr Leben und fahren Sie in den Urlaub, so wie ich das mache: Denn ich bin schon in Italien - und wenn sich das ein Sehr-Gutmensch wie ich erlauben kann, dürfen Sie auch. Nur bitte, machen Sie es wie ich: Verurteilen Sie den Krieg! Auch im Urlaub.

Quelle: ntv.de

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