Unterhaltung

Schwarzwald-"Tatort" Die Bio-Nazis von nebenan

Die Kommissare Tobler (Eva Löbau, l.) und Berg (Hans-Jochen Wagner) ermitteln auf einem Biohof.

Die Kommissare Tobler (Eva Löbau, l.) und Berg (Hans-Jochen Wagner) ermitteln auf einem Biohof.

(Foto: SWR/Benoît Linder)

In ihrem zweiten Fall ermitteln die Schwarzwälder Kommissare auf einem völkischen Biobauernhof. Klingt komisch, ist aber so - und gar nicht so weit von der Realität entfernt.

Jeder braucht ein Ziel im Leben. Manche suchen seltene Briefmarken, andere wollen die perfekte Welle erwischen, und für Volkmar Böttger (Nicki von Tempelhoff) ist es eine "Lebensaufgabe, heimische Arten zu schützen". So klingt das eben, wenn Biobauern von ihrer Arbeit schwärmen. Könnte man jedenfalls meinen. Außer dass in diesem speziellen Fall nicht nur von Obst die Rede ist.

Kommissar Berg (Hans-Jochen Wagner) lässt sich bei der Ernte von Öko-Nazis helfen.

Kommissar Berg (Hans-Jochen Wagner) lässt sich bei der Ernte von Öko-Nazis helfen.

(Foto: SWR/Benoît Linder)

"Sonnenwende" hat sich eine eigenwillige Thematik zur Brust genommen: Die Kommissare Berg (Hans-Jochen Wagner) und Tobler (Eva Löbau) ermitteln in ihrem zweiten Fall auf einem abgelegenen Bauernhof im Hochschwarzwald, der sich recht schnell als Brutstätte für Öko-Nazis herausstellt. Rechtsradikale mit Biosiegel, das klingt abgedrehter, als es in Wahrheit ist: Tatsächlich gibt es in Deutschland rund 1000 sogenannte völkische Siedler, die das Bauerntum zur Grundlage ihrer Existenz gemacht haben und die Blut-und-Boden-Ideologie der Nazis ins 21. Jahrhundert übersetzt haben.

Und da geht es dann nicht mehr darum, Lebensraum im Osten zu schaffen, sondern erst mal in der eigenen Heimat, im Schwarzwald eben. Samstags regional und fair Produziertes auf dem Biomarkt verkaufen, sonntags das Vierte Reich planen, kein Problem. Nach außen hin fallen weder die echten Bio-Nazis noch Volkmar und seine Sippe auf, ihr Traditionsbewusstsein und den weitgehenden Verzicht auf moderne Technologien haben sie schließlich mit klassischen Aussteigern gemein.

Keine "Schwarzwaldklinik"-Romantik

Im Film fällt auch Kommissar Berg auf die Täuschung rein und ist ganz hin und weg von der Konsequenz seines alten Schulfreundes Volkmar. Beste Voraussetzungen für eine Mordermittlung sehen anders aus. Gut, dass Kollegin Tobler den Blick für's Wesentliche behält und sich zügig durch den braunen Sumpf buddelt. Später dann auch wieder mit der Hilfe des sichtlich verstörten Berg.

"Sonnenwende" zeigt gekonnt, wie leicht auch heute noch rechte Ideologien verfangen, wenn sie nur geschickt genug verpackt werden. Der Ausflug in die Bio-Nazi-Szene ist schwungvoll inszeniert und überzeugt in weiten Teilen auch schauspielerisch. Allein Eva Löbau scheint sich in der Rolle der Kommissarin noch nicht ganz wohlzufühlen. Das lässt sich aber ganz gut verschmerzen, indem man den Blick stärker auf den dritten Hauptdarsteller fokussiert: den Schwarzwald. Der zeigt sich im Film von seiner beeindruckenden Seite und bleibt trotzdem weit entfernt von zuckersüßer "Schwarzwaldklinik"-Romantik.

Leider ist der Krimi am Ende doch ein bisschen überfrachtet: Die Verwicklung des Staatsschutzes als treibende Wurzel allen Übels ist vorhersehbar und gehört leider mittlerweile fast schon zum guten Ton - das hätte man geschickter lösen können. Auch das Finale enttäuscht nach dem vielversprechenden Aufbau. Am Ende bleibt "Sonnenwende" damit zwar etwas unter den selbstgesteckten Erwartungen, ist aber unter dem Strich trotzdem eine sehr solide zweite Vorstellung des neuen Schwarzwald-Teams.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen