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Die Bestseller-Macherin Elke Heidenreich über "Mensch, Sessel, Lampe, Buch"

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Einen Tag, an dem sie nicht liest, gibt es nicht: Elke Heidenreich.

Einen Tag, an dem sie nicht liest, gibt es nicht: Elke Heidenreich.

(Foto: dpa)

Sie war die Metzgersgattin Else Stratmann, ist Literaturkritikerin und schreibt Bestseller: Elke Heidenreich, eine der großen Intellektuellen Deutschlands. Sie ist streitbar, streitlustig und eckt an. 80 Jahre alt ist sie nun, von Altersmilde keine Spur.

Den Titel ihres aktuellen Bestsellers "Ihr glücklichen Augen" entlehnte Heidenreich bei Goethe. Schon im Prolog dieser Reiseerinnerungen öffnet sie ihr Herz ganz weit. "Ich kann nicht acht Milliarden Menschen lieben, aber einzelne liebe ich schon, überall, ich liebe Menschen, aber die Leute gehen mir meist auf die Nerven, so ist das", schreibt sie. Diese Mischung aus Liebe zu Menschen und Genervtsein von ihnen passt zu Heidenreichs Vita.

Else Stratmann: "Grace Kelly ihre Mutter, die war Turnlehrerin aus Düsseldorf, wussten Se dat nicht?"

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(Foto: dpa)

Heidenreich kam am 15. Februar 1943 mit dem Geburtsnamen Rieger im hessischen Korbach zur Welt und wuchs in Essen in ärmlichen Verhältnissen auf. Ihren Nachnamen hat sie aus der jung gescheiterten Ehe mit dem Schriftsteller Gerd Heidenreich. Bald danach verliebte sie sich in den Schriftsteller Bernd Schroeder, mit dem sie viele Jahre zusammen blieb und auch nach der Trennung 1995 noch gemeinsam schreibt. Inzwischen ist sie mit dem 28 Jahre jüngeren Pianisten und Komponisten Marc-Aurel Floros zusammen.

Mit Schroeder fing Heidenreich Anfang der 70er Jahre an, Hörspiele zu schreiben, bald schrieb sie auch für Zeitungen und fürs Fernsehen. Ein erster Geniestreich war 1975 ihre Erfindung der Else Stratmann: Die Metzgersgattin aus Wanne-Eickel kommentierte fortan im breitesten Ruhrpottslang das Weltgeschehen in Radioprogrammen. Zu großer bundesweiter Bekanntheit kam die Figur bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles durch Fernsehauftritte.

Schon vorher sammelte Heidenreich Fernseherfahrung als Nachfolgerin von Alfred Biolek als Moderatorin der Sendung "Kölner Treff" im Westdeutschen Rundfunk und anderer Talksendungen. Für die Illustrierte "Brigitte" schrieb sie parallel viele Jahre lang Kolumnen. 1992 gelang ihr mit ihrem ersten literarischen Werk, dem Erzählungsband "Kolonien der Liebe", ein Bestseller. Ihre 1995 veröffentlichte Katzengeschichte "Nero Corleone" wurde auch international zum Bestseller.

Von Heidenreich empfohlen = Bestseller

Nicht nur wegen ihres eigenen Schaffens wurde Heidenreich bald danach zu einer der wichtigsten Figuren des deutschen Literaturbetriebs. 2003 kehrte sie ins Fernsehen zurück und machte mit der ZDF-Sendung "Lesen!" eines der erfolgreichsten Literaturprogramme.

Während im vorher auf dem Sendeplatz laufenden "Literarischen Quartett" von Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki immer wieder Bücher auch verrissen wurden, besprach Heidenreich nur, was sie wirklich empfehlen wollte. Diese Empfehlungen wurden regelmäßig Bestseller - und Heidenreich zur Literaturpäpstin.

Aber 2008 flog Heidenreich hochkant beim ZDF raus - sie hatte den eigenen Sender wegen angeblich fehlender Qualität des Programms öffentlich beschimpft. Wegen des großen Einflusses der Sendung versuchten Verleger noch, das ZDF zur Rücknahme des Rauswurfs zu bringen. Doch es blieb dabei. Über den Ärger hinaus überwarf sich Heidenreich auch noch mit Reich-Ranicki.

Sie lässt sich den Mund nicht verbieten ...

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(Foto: dpa)

An ihrem Status als bekannteste Literaturkritikerin im deutschsprachigen Raum änderte das aber nichts. Im Schweizer Fernsehen bespricht sie bis heute Bücher, dazu schreibt sie in Zeitschriften Buchkritiken und tritt auch immer wieder in Talkshows auf. Heidenreich polarisiert auch dort bis heute und löste schon einigen Wirbel in den sozialen Netzwerken aus - angeblich stört sie sich nicht daran.

Vielleicht gelingt es Heidenreich auch einfach, sich als Vielleserin durch die Literatur abzulenken. "Ein Tag, an dem ich nicht lese, findet nicht statt", verriet sie dem Portal Literaturcafe.de. Welche Rolle das Lesen in Zukunft spielen werde, vermöge sie nicht zu sagen. Aber sie ist überzeugt: "Die Allianz 'Mensch, Sessel, Lampe, Buch' ist unschlagbar."

Quelle: ntv.de, Ralf Isermann, AFP

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