Unterhaltung

Zerbrechlich, versöhnlich, stark Ganz einfach: Georg auf Lieder

Es ist sein drittes Album. Gefühlt aber sein Debüt.

Es ist sein drittes Album. Gefühlt aber sein Debüt.

(Foto: Ben Wolf)

Neues Album, eigenes Label, dieselben Freunde wie immer und ein paar gute neue - das ist Georg auf Lieder, der Mann, der das Wort Authentizität hätte erfinden können. Mit ntv.de spricht er über Träume, Geld, Familie - und sein rastloses Herz, das gar nicht so rastlos wirkt.

Vor sechs Jahren habe ich Georg auf Lieder zum ersten Mal getroffen, einen supersympathischen Liedermacher, der ohne jede Allüre und jegliches Getue durchs Leben zog und Musik machte, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Musik macht er immer noch und es ist, als träfe man einen alten Kumpel wieder, als ich Georg auf dem Berliner Alexanderplatz (so heißt auch sein eben erwähntes, erstes Album) wiedersehe. Unser damaliges Gespräch endete mit den Worten: "Ich hab' immer noch dieselben Kumpel wie früher." Jetzt fängt es quasi genauso an: "Und die hab' ich immer noch," erzählt der 33-Jährige auf meine Nachfrage. Ein extrem beständiger Typ, dieser Georg. Trotz unsteter Zeiten.

Jetzt hat er ein neues Album im Gepäck, sein drittes, und es klingt wie eine melancholische Reise. Seine Reise. Er traut sich tatsächlich, auch über die Lebensabschnitte zu singen, die zu wahr sind, um schön zu sein. Und zum ersten Mal verpackt der stattliche Kerl mit dem dazu passenden großen Herzen diese Wahrheiten nicht in Scherzen, sondern springt ins Leben ohne Seil und doppelten Boden. Kein Schutzschild, keine Bremse. So lernen wir in Sprachnachrichten seine Familie kennen, begreifen die Umstände der Kindheit des Bolivianers: Aufgewachsen fern vom Vater, nah an der Mutter, das rastlose Herz, wenig Kohle, viele Träume.

Sein zweites Album ("Mano Grande") lassen wir mal ganz elegant unter den Tisch fallen und reden lieber über die Wohnzimmerkonzerte, die er in der Zwischenzeit gegeben hat. Hunderte waren es, denn es sprach sich herum, dass das ein guter Abend werden könnte, wenn man Georg zu Hause auf dem Sofa lauschen kann. Es ging immer rauf und runter in seinem Leben, im Moment geht es ganz eindeutig aufwärts und das darf doch gern so bleiben, eine Art Plateau wäre doch schön, eine Hochebene. Abheben wird der Mann deswegen nicht. "Ich möchte einfach immer nur Musik machen! Auch wenn es ein hartes Pflaster ist, wenn man in private Dynamiken hineingerät." Aber seine Zeit als Straßenmusiker dürfte ihn da abgehärtet haben. "Auf jeden Fall", lacht er.

Keine Schnörkel

Fährt viel Zug, denkt viel nach: Georg auf Lieder.

Fährt viel Zug, denkt viel nach: Georg auf Lieder.

(Foto: Ben Wolf)

Und dann meldete sich Matthias Schweighöfer und bat Georg darum, ihn auf seiner Tour zu supporten, dann Milow, er tauchte im Vorprogramm von internationalen Größen wie Amy MacDonald, Imagine Dragons, Rea Garvey und MIA auf und landete einen Major Deal, wurde Headliner bei Festivals. Georg merkte, wie er immer selbstsicherer wurde, sich wohl fühlte, auch wieder vor mehr Menschen als in einem Wohnzimmer zu spielen, und fing an, neue Songs zu schreiben. Sein über die Jahre entstandenes Netzwerk half ihm, an sein drittes Album zu glauben. Es heißt ganz einfach wie er selbst "Georg Auf Lieder", keine Schnörkel. Und trotz der schwierigen Familien-Historie hat er es geschafft, einen Song für seine Mama - logisch - und aber auch einen für seinen Vater - trotz aller Komplikationen - mit auf das Album zu packen. "Das ist so ganz natürlich entstanden", sagt er ntv.de, "auch wenn das nach Konzeptalbum aussieht. Aber dieses Album ist eine Sammlung prägender Momente, die mich zu dem gemacht haben, der ich heute bin. Es ist gefühlt wie mein Debüt-Album."

"Ich habe an meiner Base gearbeitet", fasst er zusammen, und seine Base hat mit ihm gearbeitet. Nach einem erfolgreichen Crowdfunding tut er sich mit Freunden und Leuten zusammen, die ihm wohlgesonnen sind, und legt los. "Ich bin zum ersten Mal mein eigener Chef und stolz darauf." 30.000 Euro hatte er zusammenbekommen, um sein Album zu finanzieren. Und das trotz Corona. Mit der Unterstützung seiner Fans und dem Willen, etwas Pures und Echtes abzuliefern, schloss er sich mit Produzent Philipp Schwär (Fynn Kliemann) für zwei Monate in Hamburg im Studio ein. Entstanden sind elf zerbrechliche, versöhnliche, fordernde Songs. Um seiner Unabhängigkeit die Krone aufzusetzen, gründet Georg sein eigenes Label zusammen mit Steffen "Steddy" Wilmking. Das Logo entsteht auf dem Handy, die Videos dreht er mit Freunden. Es sind super Geschichten, die er da erzählt, von "Bernd" und von "Alexandra", oder eben dieser Song über sein "Rastloses Herz".

Ehrlich sein, das ist es

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"Wenn man sehr viel Bahn fährt, so wie ich, dann macht das was mit einem. Allein in der Bahn, dann bei Leuten im Wohnzimmer, ganz high, und dann wieder ab in die Bahn, wieder allein. Man fragt sich dann zum Beispiel, wofür man stehen will, wenn man so viel Zeit zum Nachdenken hat. Und dann kommen auch Zweifel, auch, weil ja so viele andere auch noch Musik machen, die auch behaupten, ehrlich zu sein, so wie ich." Georg fragt sich, immer wieder, ob die Musik, die nicht beim Bügeln stört, schon als ehrlich bezeichnet werden kann. Und? "Was die Leute brauchen, sind Geschichten, an die sie glauben können. Und bestimmt gibt es Leute, die besser texten als ich, die besser singen als ich, aber ich gebe mein Bestes, voller Ehrlichkeit und Dramatik." Ist angekommen.

Inzwischen glauben nicht nur andere an ihn, sondern er selbst auch. "Ich komme aus Hamburg aus einer etwas kritischen Gegend, da, wo man in ein paar Stunden am Tag unter 50 Euro verdient - also ich weiß, dass es nicht nur auf Geld ankommt." Wenn er morgen abkratzen sollte, dann wüsste er, dass er ein unglaublich bewegtes und schönes Leben gelebt hätte. Aber so weit sind wir ja noch lange nicht, denn erstmal soll er weiter für uns singen! "Ich lebe meinen Traum", sagt Georg, und das kaufen wir ihm 100-prozentig ab. Wenn es gut läuft, dann kauft Georg seiner Mama eines Tages ein Haus, denn ihr hat er so viel zu verdanken. Und wenn das nicht klappt, dann liebt sie ihn noch immer und er freut sich, dass er in seiner sehr aufgeräumten, weil gar nicht so vollgestellten, gar nicht mal so riesigen Bude in Berlin von seiner Musik leben kann. Begleiten wir ihn doch einfach weiterhin auf seinem spannenden Weg und hören uns seine vertonten Geschichten an, die uns, wie eingangs erwähnt, melancholisch machen, die aber auch Mut und Trost spenden. Wie bei Hausbootkonzerten von einem gewissen Olli Schulz.

Quelle: ntv.de

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