Unterhaltung

"Tatort" mit Ballauf und Schenk "Gespannt, wann sich der Entführer meldet"

Die Kommissare Freddy Schenk und Max Ballauf und Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth am Tatort neben einem Toten und einer Tasche voller Geld.

Die Kommissare Freddy Schenk und Max Ballauf und Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth am Tatort neben einem Toten und einer Tasche voller Geld.

(Foto: Thomas Kost/WDR/ARD/dpa)

Der 73. Fall für das Kölner Kriminalduo kommt als Mogelpackung daher: "Krimi" steht drauf, Familienaufstellung steckt drin. Alles halb so wild, wären da nicht diese Dialog-Plattitüden im Dutzend. Und Büro-Frotzeleien aus dem letzten Jahrtausend.

Kurze saufen im Tutu, Blumen im Haar und Sprüche-T-Shirts über der Brust: Ein ganz normaler Junggesellenabschied ist es, der den Auftakt zum neuesten "Tatort"-Fall der Kölner Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) bildet. "Ivo Lost Forever" ist das Motto der Jungs, die in der Morgendämmerung durch Köln wanken, um den Kumpel in den Hafen der Ehe zu verabschieden. Wenig später ist Ivo (Christoph Bertram) nicht "lost forever", sondern "dead forever". Kurz vor der heimischen Haustür wird er von einem PKW überfahren und tödlich verletzt, keine fünf Minuten, nachdem er eine Tasche voller Geld in einem Papierkorb gefunden hat.

Während zu Hause Jessica (Marie Meinzenbach), die Braut in spe, trauernd den gemeinsamen Sohn an die Brust drückt, entlarvt Ballauf die letale Fahrerflucht mit all der Erfahrung von über zwei Dekaden Kommissariatsarbeit schneller, als Freddy "Currywurst" sagen kann, und vermutet den eher zufälligen Kollateralschaden einer Entführung. Die Spur führt schließlich zu Rainer Bertram (Hansjürgen Hurrig), einem renommierten Rechtsanwalt in Wirtschaftsfragen. Jene 500.000 Euro, die sich in der Tasche befanden, sollten zur Befreiung seiner Enkelin Charlotte (Anke Sabrina Beermann) dienen.

Schnell erweist sich das Motto der "Tatort"-Folge, wenig einfallsreich mit "Familien" betitelt, als ebenso überschaubar wie verwohnt: Zerrüttung, Freizeit-Alkoholismus, Tragik, alte Geheimnisse, neue Wunden, Verlust, Verdammnis, Verbrechen. Charlottes Bruder Paul (Johannes Franke) scheint etwas auf dem Kerbholz zu haben und wirkt schon genauso gebrochen wie sein Vater (Harald Schrott), ganz zu schweigen von Mutter Ines (Nicole Marischka), die über zwei Gesichtsausdrücke verfügt: zerknirscht und sehr zerknirscht.

Von einem Dialogzeilen-Klassiker zum nächsten

Ein Aggregatszustand, der das ganze Personal auszeichnet. Kaum verwunderlich, wenn man sich durch x-mal gesehenen Zoff, x-mal gehörte Zoten hangeln muss: Kollegen, die nur ans Essen denken. Hochzeitstage, die vergessen werden, dazu Wiedergutmachungs-Ringe, Scherze über Ayurveda und vergammelte Blumensträuße - wie von Allgemeinplatz-Tourette geschüttelt, hangeln sich hier alle von einem angejahrten Dialogzeilen-Klassiker zum nächsten, das alles durchweg knapp über Ruhepuls, um nicht zu sagen, lethargisch gespielt. "Bin gespannt, wann sich der Entführer meldet", heißt es da an einer Stelle, mit so viel Verve gesprochen, als ginge es um die Frage, was es wohl heuer in der Polizeikantine zum Mittag gibt.

Da werden ganz gemächlich die Beine auf den Bürotisch gelegt, während irgendwo ein junges Mädchen im Keller vor sich hindämmert. Wird immer wieder irgendwo reingebissen, in alte Brötchen, kalte Pizza, schmierige Torte. Kalorienreiche Verfugungsmasse, die irgendwie dazu dienen soll, das dramaturgisch klamme Kammerspiel zusammenzuhalten.

Richtig in Fahrt kommt das Ganze erst gegen Ende, als die Blutleere zu fast befreiendem Overacting mutiert und sich die Enthüllung der Todesumstände einer der Hauptfiguren als fantasievoller, um nicht zu sagen, fantastischer erweisen als die gesamten 88 Minuten zuvor.

Quelle: ntv.de

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