Neustart bei der "Bild"Kolumnist Harald Martenstein beerbt "Gossen-Goethe" Wagner

Nach dem Tod von Franz Josef Wagner übernimmt Harald Martenstein die legendäre Kolumne der "Bild". Mit "Mail von Martenstein" will der Autor die Tradition fortsetzen - auf seine eigene, "völlig verrückte" Art.
Fast zwei Monate nach dem Tod von Franz Josef Wagner steht nun fest, wer die traditionsreiche Kolumne auf Seite zwei der "Bild"-Zeitung fortführen wird: Der Autor und Kolumnist Harald Martenstein übernimmt das Format, das über zwei Jahrzehnte hinweg zu den markantesten Stimmen der deutschen Boulevardpresse gehörte. Wie die Zeitung mitteilte, erscheint die Kolumne ab Februar an jedem Werktag - dann unter dem neuen Titel "Mail von Martenstein".
Die "Bild" würdigt Martenstein als "brillant, streitbar, originell". Marion Horn, Vorsitzende der Chefredaktionen, beschreibt ihn als Autor, der "gleichermaßen amüsant und furchtlos ist". Martenstein wurde für seine Arbeiten mehrfach ausgezeichnet - unter anderem mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis, dem Henri-Nannen-Preis und dem Theodor-Wolff-Preis.
Martenstein schreibt nach Angaben von "Bild" parallel weiterhin seine wöchentliche Kolumne für die "Welt am Sonntag". Mit seiner Kolumne bei "Die Zeit" werde er aufhören, wie die Wochenzeitung mitteilte. Der Abschied sei für Januar 2026 geplant.
Franz Josef Wagner hatte die Kolumne fast 25 Jahre lang geprägt. Er starb im Oktober im Alter von 82 Jahren. Mit seiner "Post von Wagner" gehörte er seit 2001 zu den bekanntesten Kolumnisten des Landes. Die Kolumne, die stets mit der Anrede "Liebe(r) ..." begann und sich an unterschiedlichste Personen, Tiere und Phänomene richtete, war mit oft pointierten, mal zärtlichen, mal harschen Zeilen gespickt. Das brachte ihm vielerorts Kultstatus ein, sorgte aber auch für Kritik. Der Spitzname "Gossen-Goethe" kursierte ebenso wie Vorwürfe, er sei gnadenlos, scharfmacherisch und ausgrenzend.
Ganz im Stil seines Vorgängers sagte Martenstein nun in einer Mitteilung: "Lieber Franz Josef, ich habe deine Texte gemocht, weil sie etwas völlig Verrücktes hatten. Es gibt zu wenige Verrückte in unserem Job. Ich werde versuchen, auf meine Art völlig verrückt zu sein, und wenn wir uns im Jenseits bei einer Flasche Wein treffen, sagst du mir, wie du's gefunden hast, ja?"
Seine Kolumnen schickte Franz Josef Wagner nicht per Mail an die "Bild"-Redaktion, wie er 2023 in einem Podcast erzählte, sondern telefonierte sie demnach an das Sekretariat durch - ein Kontrast, der den Schritt zur "Mail von Martenstein" nun umso deutlicher zu einem Neustart macht.