Nach Unfall mit Alec Baldwin Tödliche Schüsse am Set - wie kann das sein?
22.10.2021, 12:37 Uhr
Im Rahmen von Dreharbeiten zum Western "Rust" kam es in New Mexico zu dem tödlichen Zwischenfall.
(Foto: dpa)
Noch immer ist unklar, wie es am Set zu dem Western "Rust" mit Alec Baldwin zum tödlichen Zwischenfall mit einer Requisitenwaffe kommen konnte. Der Fall erinnert an das Schicksal des verstorbenen Schauspielers Brandon Lee. Ein deutscher Waffenkenner hat jedoch eine andere Theorie.
Der Tod einer Kamerafrau bei einem Filmdreh mit US-Star Alec Baldwin wirft Fragen auf. Baldwin hatte bei den Dreharbeiten zum Western "Rust" in Santa Fe im Bundesstaat New Mexico mit einer Requisitenwaffe geschossen und dabei zwei Menschen getroffen. Die 42-jährige Kamerafrau Halyna Hutchins wurde dabei tödlich verletzt, Regisseur Joel Souza wurde angeschossen und verletzt in ein Krankenhaus gebracht. Details zu den Umständen sind noch nicht bekannt. Aber das Ganze weckt Erinnerungen an einen anscheinend ähnlichen Fall Anfang der 1990er-Jahre.
Im Jahr 1993 starb der Schauspieler Brandon Lee, Sohn von Martial-Arts-Legende Bruce Lee, bei Dreharbeiten zum Film "The Crow". Damals war es der Schuss mit einer Platzpatrone, der zum Tod des 28-Jährigen führte. Bei einer Szene schoss ein anderer Schauspieler mit einer Waffe des Kalibers 44 aus einer Entfernung von etwa fünf Metern auf Lee. Die Waffe war mit Platzpatronen geladen. Dennoch wurde Lee von einer Kugel im Bauch getroffen, die in seiner Wirbelsäule stecken blieb. Er starb Stunden später im Krankenhaus an inneren Verletzungen, Blutverlust und Herzversagen.
Der mysteriöse Tod des Darstellers löste Spekulationen aus, ob die Waffe absichtlich manipuliert worden war. Doch Ermittlungen konnten das Rätsel später aufklären, wie die "New York Times" berichtete: Wochen zuvor war dieselbe Waffe für eine andere Szene mit speziellen Patronenattrappen geladen worden, die bei Nahaufnahmen den Eindruck von echter Munition vermitteln sollen. Die Patronenattrappen haben eine Kugel, aus Sicherheitsgründen wird zuvor jedoch das Pulver aus der Hülse entfernt und das Zündhütchen (welches das Pulver zur Explosion bringt) entschärft.
Fehler bei Patronenattrappe
Allerdings wurden am Set von "The Crow" laut Bericht nicht professionell gefertigte Patronenattrappen verwendet, sondern von Crewmitgliedern hergestellte. Dabei unterlief offenbar ein Fehler: Eines der Zündhütchen war noch funktionsfähig. Beim Auslösen der Waffe explodiert es zwar nur schwach - doch es reichte offenbar aus, um die Kugel der Patronenattrappe in den Lauf zu schieben, wo sie stecken blieb. Als Wochen später bei der schicksalhaften Filmszene mit Lee dieselbe Waffe mit einer Platzpatrone abgefeuert wurde, schoss die feststeckende Kugel heraus und verletzte den Schauspieler tödlich. Die Staatsanwaltschaft verzichtete später auf eine Anklage. Der Tod Lees gilt als Unfall.
Ein weiterer Vorfall dieser Art: Im Jahr 1984 schoss sich der Schauspieler Jon-Erik Hexum versehentlich in den Kopf, als er in einer Szene Russisches Roulette spielte. Er starb ebenfalls an den Folgen.
Im aktuellen Fall wird laut Polizei noch ermittelt, wie es zum tödlichen Zwischenfall am Set des Western "Rust" kommen konnte. Strafrechtliche Vorwürfe wurden bislang nicht erhoben. Die Ermittler befragten auch Augenzeugen, teilte das Sheriff-Büro mit. Zudem werde die Waffe untersucht und auf welche Weise das Geschoss abgefeuert worden sei.
Wurde Gasdüse zum Geschoss?
Der freie Journalist und Waffenexperte Lars Winkelsdorf beschrieb in einem Beitrag auf Twitter seine eigene Theorie zum Vorfall. Demnach würden bei Filmdrehs umgebaute echte Waffen verwendet, in deren Läufe Gewinde geschnitten seien, in die "eine Art Düse oder Ventil geschraubt" werde. Dies sei notwendig, weil bei Pistolen, Maschinenpistolen oder Sturmgewehren sonst der notwendige Gasdruck fehle, um die Selbstladefunktion der Waffe auszulösen. Aber auch bei Revolvern - die anzunehmende Waffenart bei einem Western wie "Rust" - würden derartige Düsen verwendet, um den Schuss für die Kameras besser sichtbar zu machen.
Es spreche aus seiner Sicht viel dafür, schreibt Winkelsdorf auf Twitter, dass sich im aktuellen Fall durch Fehler beim Umbau der Filmwaffe die Gasdüse "selbst löste und so zum Geschoss wurde". Die Flugbahn solch eines Geschosses sei unvorhersehbar. Die Düse könne etwa zersplittern und in einem Winkel von 45 Grad oder mehr aus dem Lauf katapultiert werden. Das Unfallrisiko bei Filmwaffen sei nicht zu unterschätzen, mahnt der Waffenexperte. Nicht nur in den USA, auch in Europa werde mit solchen Filmwaffen gearbeitet - er selbst habe diese auch bei deutschen Produktionen eingesetzt, unter anderem in einem "Tatort".
Quelle: ntv.de