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Partys, Alkohol, Sex Was ist im Fall Rammstein passiert?

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Der Zugang zu Lindemann-Partys war offenbar an Bedingungen geknüpft.

Der Zugang zu Lindemann-Partys war offenbar an Bedingungen geknüpft.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Rammstein-Frontmann Till Lindemann sieht sich mit Schilderungen über mutmaßlich ausschweifende Partys rund um die Konzerte der Band konfrontiert. Es ist eine Mischung aus Schilderungen über fanatisches Fansein, Feiern und Begeisterung. Aber auch über Grenzüberschreitungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Worum geht es?

Gegen den Sänger der Band Rammstein, Till Lindemann, erheben inzwischen mehrere Frauen Vorwürfe. Mitunter sind die verschiedenen Schilderungen widersprüchlich und unscharf. So geht es um angebliche sexuelle Handlungen ohne ausdrückliche Zustimmung der Frauen. In einem anderen Fall ist vom Verdacht der Betäubung im Backstage-Bereich der Bühne die Rede.

Daneben gibt es Beschreibungen, wonach aus dem Umfeld des Sängers junge Frauen bei Konzerten für Treffen mit Lindemann im Anschluss an Konzerte extra ausgesucht worden seien. So berichten NDR und "Süddeutsche Zeitung" von einem "System", über das Frauen aus dem Umfeld von Lindemann gezielt angesprochen worden seien. Ziel war es demnach, die Frauen auf speziell für Lindemann organisierten Aftershow-Partys zu lotsen. Dafür berufen sich NDR und SZ auf Schilderungen von mehr als einem Dutzend Frauen. Diese seien häufig über soziale Medien kontaktiert worden.

Gibt es in den Schilderungen so etwas wie einen roten Faden?

Es scheint so. Die Aussicht auf eine Party mit der Band war für viele Frauen anscheinend sehr verlockend. In den Berichten taucht in Abwandlungen oftmals der Gedanke auf, den eine der Frauen so formuliert: "Die Band war ein großer Teil meines Lebens, deswegen wollte ich sie unbedingt kennenlernen."

In beinahe allen Ausführungen geht die Kontaktaufnahme vom mutmaßlichen Umfeld des Sängers Lindemann aus. Immer wieder ist die Rede von viel Alkohol, gelegentlich von Drogen. Offenbar kommt die Sprache stets früh auf das Thema Sex mit Lindemann.

Steht der Vorwurf der Vergewaltigung im Raum?

Bislang nicht. Keine der in den Berichten zitierten Frauen schildert, dass es Geschlechtsverkehr oder andere Sexpraktiken gegen ihren Willen gegeben habe. Manche betonen dagegen ausdrücklich, dass sie nicht von einer Vergewaltigung sprechen wollen oder dem Sänger dies vorwerfen.

Wie soll die Kontaktanbahnung abgelaufen sein?

Laut den Schilderungen der Frauen sollten sie offenbar vor den Konzerten Fotos von sich schicken. Dazu wurden sie nach eigenen Angaben in sozialen Netzwerken direkt angesprochen. Mitunter seien auch Fotos und Videos am Konzertabend gemacht worden, wie die beiden Medien unter Berufung auf eidesstattliche Versicherungen der Frauen berichten. Eine der Frauen hat demnach erklärt, dass ihr deutlich gemacht worden sei, dass das Interesse an Geschlechtsverkehr mit Lindemann Bedingung für den Zugang zu den Veranstaltungen sei. Wer sich darauf einließ, dem seien auf den Partys kostenlos Alkohol und illegale Drogen angeboten worden.

Im Zentrum steht den Berichten zufolge eine inzwischen 35-jährige Russin, die es vom Groupie zur "Türöffnerin für den Backstage-Bereich" geschafft habe. Wer bei Konzerten vor die Absperrungen und anschließend in den Backstage-Bereich und damit zu den Partys wollte, musste sich an sie wenden - zumindest soll sich dies so in der Szene herumgesprochen haben, heißt es in den Berichten.

Welche Ereignisse bei den Partys werden als Extreme geschildert?

NDR und "Süddeutscher Zeitung" berichtet eine der Frauen, dass es in einer Garderobe zu Sex mit Lindemann gekommen sei. Sie habe nicht ausdrücklich Nein gesagt. Den Akt habe sie aber als gewaltvoll und schmerzhaft beschrieben. Sie habe anschließend geblutet.

Eine andere Frau will sich erinnern, dass Lindemann in einem Hotelzimmer auf ihr gelegen habe. Sie selbst habe zwischendurch offenbar immer wieder die Besinnung verloren. Lindemann habe gefragt, ob er aufhören solle. Doch sie habe in dem Moment nicht gewusst, womit.

Wie kam die ganze Sache ins Rollen?

Ausgangspunkt für die mutmaßlichen Offenbarungen mehrerer Frauen war die Serie von Tweets einer Irin. Ihr sei Alkohol in einer Konzertpause angeboten worden, schrieb sie auf Twitter. Sex-Avancen Lindemanns habe sie abgelehnt, woraufhin dieser aggressiv geworden sei. Am nächsten Morgen habe sie an ihrem Körper mehrere Blutergüsse entdeckt. Ein Drogentest sei negativ gewesen. Zur Erklärung der von ihr angeführten Erinnerungslücken habe sie nach eigener Einschätzung aber nicht genug Alkohol getrunken.

Richten sich die Vorwürfe gegen die gesamte Band?

Bislang nicht. Es soll nach den Konzerten den Schilderungen der Frauen zufolge zwei Arten von Partys gegeben haben - mit Band und später mit Lindemann. Die Events mit der kompletten Band werden allgemein als "großartiges Erlebnis" geschildert, wie NDR und "Süddeutsche" berichten. Keine der Frauen schildere Übergriffe oder Entgleisungen bei den Band-Treffen, heißt es weiter.

Sind die Erzählungen der Frauen glaubwürdig?

Die Schilderungen erfolgten an Eides statt, wie NDR und "Süddeutsche" berichten. Sie ähneln sich in Einzelheiten (Kontaktanbahnung, Alkoholkonsum, Sex-Offerten).

Im Mittelpunkt der jüngsten Berichte stehen zwei Frauen. Eine von ihnen gibt an, Sex mit Lindemann gehabt zu haben. Sie schildert, dass ihr erst durch die Reaktion von Freunden ("ganz schockiert", "mit krasser Verurteilung") der Gedanke gekommen sei, "dass das vielleicht schlimm war, was mir da passiert ist". Später habe sie nicht mehr einschätzen können, ob sie etwas Schlimmes gemacht habe, oder ihr etwas Schlimmes widerfahren sei.

Die Frau, die mit Lindemann den nun als gewaltvoll beschrieben Sex hatte, will versucht haben, an jenem Tag nach dem Konzert noch zu einer Party Lindemanns in dessen Hotel kommen zu dürfen. Sie sei "voll verblendet" gewesen, weil sie sich in dem Moment so besonders gefühlt habe. Sie sei später noch zu einem weiteren Konzert der Band gegangen.

Auch die Frau, die den mutmaßlichen Sex im Hotelzimmer schilderte, ging nach eigenen Angaben zu einem weiteren Konzert, stand wieder in der ersten Reihe und ging erneut zu einer anschließenden Party. "Mir ging es am nächsten Tag nicht schlecht und ich habe den Leuten erzählt, dass Till ganz nett war und ich Spaß hatte und alles gut war." Dies sei ein Schutzmechanismus gewesen, "weil ich Spaß haben wollte".

Gibt es auch andere Berichte?

Ja. Die "Süddeutsche" berichtet von einer Konzertgängerin in Zürich, die die Party mit Lindemann als beste ihres Lebens bezeichnet habe. Als sie dem Sänger sagte, sie wolle seine Hand nicht auf ihrer Taille, habe er sich entschuldigt. Letztlich sei er allein nach Hause gegangen, obwohl es ihrer Einschätzung nach "genug Frauen gab, die mit ihm schlafen wollten".

In den Berichten erzählen mehrere Frauen, dass sie scheinbar eindeutige Kontaktaufnahmen durch die Russin abgelehnt hätten.

Auch die "Neue Zürcher Zeitung" hat Rammstein-Partygängerinnen ausfindig gemacht. Ansprache, erste Reihe, Tipps zum Outfit. Lindemann sei sehr zurückhaltend gewesen. Ein Kuss sei von ihr ausgegangen, berichtet eine der Frauen. "Till hätte nichts versucht." Eine Einladung ins Hotel nimmt sie erst an und zieht auf dem Weg dorthin die Reißleine - andere an diesem Abend nicht.

Wie reagiert die Band?

In einer ersten Reaktion Ende Mai wies die Band die Vorwürfe, die sich auf einen konkreten Veranstaltungsort bezogen, zurück. Fragen von NDR und SZ zu konkreten Vorwürfen ließen sowohl Lindemann als auch die Band unbeantwortet. Dasselbe gilt bislang für Anfragen von RTL und ntv.

Gibt es erste Konsequenzen?

Ja, der Verlag Kiepenheuer & Witsch beendet mit sofortiger Wirkung seine Zusammenarbeit mit Rammstein-Sänger Till Lindemann. Der Kölner Verlag, der die Bände "In stillen Nächten" und "100 Gedichte" mit teils heftig umstrittenen Gedichten Lindemanns rausgebracht hatte, gab seine Entscheidung am Freitag bekannt. "Mit Erschütterung haben wir in den letzten Tagen öffentlich gewordene Vorwürfe gegen Till Lindemann verfolgt", schrieb Verlegerin Kerstin Gleba. "Unser Mitgefühl und unser Respekt gilt den betroffenen Frauen." Bei den Berichten geht es um Kritik am Umgang des 60-Jährigen mit Frauen.

"Im Zuge der aktuellen Berichterstattung haben wir Kenntnis erlangt von einem Porno-Video, in dem Till Lindemann sexuelle Gewalt gegen Frauen zelebriert und in dem das 2013 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienene Buch "In stillen Nächten" eine Rolle spielt", heißt es in der Begründung des Verlags.

Wer ist Rammstein?

Die Band um Sänger Till Lindemann gründete sich 1994 und wird vielfach zur neuen Deutschen Härte gezählt. Sie hat weltweit mehrere Millionen Alben verkauft. Bekannt ist Rammstein vor allem für ihre mitreißenden Live-Shows samt hohem Pyro-Anteil. Rammstein-Konzerte sind zumeist innerhalb weniger Stunden ausverkauft.

Quelle: ntv.de, jwu

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