Bücher

Sehnsucht, Identität und Verlust Das kann man im Sommer lesen

Amman ist der Schauplatz von Svenja Leibers Roman "Staub".

Amman ist der Schauplatz von Svenja Leibers Roman "Staub".

(Foto: imago stock&people)

Ein Mann reist "mit einem Kopf voller Monster" nach Amman, ein Youtuber mit seinem Schwein auf die Schmahamas. Außerdem führen die sommerlichen Lektüre-Ideen zu den Träumen der Anwohner entlang der legendären B96.

Zurück an den Ort des größten Schmerzes

Mit ihrem Roman "Das letzte Land" über einen Geiger und dessen Familie in den Wirren des 21. Jahrhunderts begeisterte Svenja Leiber 2014 sowohl Leser als auch Kritiker. Vor allem der außergewöhnliche Sprachsound machte das in Norddeutschland angesiedelte Gesellschaftspanorama zu einem Erlebnis. Mit ihrem neuen Roman "Staub" muss die Autorin also eine stattliche Messlatte überspringen - und das gelingt nur teilweise.

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Leiber verlegt die Handlung dieses Mal in den Nahen Osten. Dort verbringt Jonas Blaum einen Teil seiner Kindheit. Eines Tages verschwindet sein jüngerer Bruder, der eigentlich eine Schwester ist, spurlos - und taucht kurz darauf verstört und sprachlos wieder auf. Auch die überstürzte Abreise kann das Kind nicht retten. 30 Jahre später läuft Blaum, inzwischen Arzt und tablettenabhängig, "mit einem Kopf voller Monster" durch die Straßen von Amman. Warum er zurückgekehrt ist in eine Gegend, die ihn an den größten Schmerz seines Lebens erinnert? Vielleicht "um das Spiel zu Ende zu spielen, welches auch immer." Und auch dieses Mal verknüpft sich sein Schicksal mit dem eines Kindes: Ihm wird ein Junge anvertraut, der an einer Krankheit leidet, die ihn rasend schnell vergreisen lässt.

"Staub" ist kein Buch, das es dem Leser leicht macht. Man braucht einen langen Atem, um in die Geschichte rund um Identität, Verlust und eine an ihren eigenen Katastrophen leidende Region einzusteigen. Der Plot mag nicht an allen Stellen rund laufen; aber auch dieses Mal ist Leiber wortgewandt und mit origineller Erzählstimme ein Garant für eine unkonventionelle Lektüreerfahrung. (kse)

Zwischen Wahn und Wirklichkeit

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Nina, Ronda und Arif lernen sich während ihres Studiums kennen und glauben fest an die eine große Liebe im Leben. Mit Mitte 30 treffen sie sich auf Ninas Hochzeit wieder. Arif ist geschieden, Ronda lebt vom Vater ihres Sohnes getrennt - und Nina sagt auf einer Waldlichtung vor allen Gästen Nein. Zusammen laufen die drei Freunde in den Wald. Dort finden sie sich inmitten von Menschen wieder, die seltsame Rituale vollziehen. Dann ist Nina plötzlich verschwunden.

Was tun, wenn dem Leben der Sinn abhandenkommt? Nicht gelebte Träume und das Verzweifeln an der Realität sind die Themen, um die Lisa Kreißler ihren Roman "Das vergessene Fest" aufbaut. Im Sehnsuchtsort Wald lässt sie die Freunde in eine Welt eintauchen, in der sich Erinnerungen, Wirklichkeit und Wahn mischen: Männer führen zwischen Bäumen einen leichtfüßigen Kriegstanz auf, Jugendidol Leonardo DiCaprio trinkt Jägermeister und eine Wattwanderung wird zum Horrortrip. Ein eigenwilliges und mysteriöses Buch. (kse)

Roadtrip auf der wichtigsten Fernstraße der DDR

Dunkeldeutschland, Pegida, Hass auf Flüchtlinge und die Regierung: Der Autor Raphael Thelen, geboren 1985 in Bonn, und der Fotograf Thomas Victor, geboren 1983 in Jena, haben genug von den immer gleichen schlechten Nachrichten aus und über Ostdeutschland, von den Klischees. Da muss es doch auch noch was anderes geben? Also machen sie sich auf den Weg, auf die Bundesstraße 96. Sie ist 520 Kilometer lang, führt von Zittau in Sachsen bis nach Sassnitz an der Ostsee und war einst die wichtigste Fernstraße der DDR.

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Straße der Träume: Ein Roadtrip auf der B96
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Thelen und Victor wollten wissen, wovon die Menschen träumen, die entlang der B96 leben. Darum stellten sie allen die gleiche Frage: Wovon träumst du? Aber sie fragen sich auch selbst: "Wird diese Reise unseren Blick auf Ostdeutschland verändern?" Sie treffen auf alte Kommunisten und Mauer-Verteidiger, aufrechte Bürgermeister, die für das Gute kämpfen und sich nicht unterkriegen lassen. Einen einsamen Schwulen, Vorurteile gegen Flüchtlinge und Künstler-Projekte in Hoyerswerda. Orte am Kohle-Abgrund und Öko-Unternehmer, die auf Biogas und Solarkraft setzen. Einen Ort voller Aussteiger aus verschiedenen Ländern und Lehrer, die mit dem Prinzip "liebevolle Härte" Erfolg haben.

Kurz: Sie treffen auf eine große Vielfalt, "überraschend viel Optimismus und Gemeinschaftssinn" und entwickeln auf ihrer Fahrt auch Verständnis für Ostdeutsche, die sich abgehängt fühlen. Und sie kommen zu dem Schluss: "Zeichnet die bundesdeutsche Presse ein zu negatives Bild von Ostdeutschland? Ja, ganz bestimmt." Ergänzt wird der Text von Autor Thelen durch zahlreiche Farbfotos Victors, die entlang der Strecke entstanden sind - Porträts von Menschen, denen sie begegnet sind, aber auch Landschaften und Stadt-Aufnahmen, mal schön, mal lustig, mal trostlos. Wie das Leben. (abe)

Youtube zwischen Buchdeckeln

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Die Schmahamas-Verschwörung: Ein Roman aus der Welt von Minecraft Freedom
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"Palu wer?" mag manch einer gedacht haben, als ein Buch mit dem Titel "Die Schmahamas-Verschwörung" in der Bestellerliste auftauchte. Sie hätten besser ihre Kinder gefragt. Denn die kennen den Autor Paluten natürlich als Youtuber, der mit seinem Minecraft-Projekt Freedom Millionen Zuschauer erreicht.

Genau darauf baut das Buch auf, Paluten gewinnt eine Einladung auf die Schmahamas. Dort leben die Schmalamas, das Leben könnte herrlich sein. Aber irgendetwas ist furchtbar faul in dieser Idylle. Paluten muss das natürlich gemeinsam mit seinem Schwein Edgar in Ordnung bringen. Die Geschichte spielt sich nicht nur in der gleichen Umgebung, sondern auch auf dem sprachlichen Niveau ab, das man auch aus den Let's-Play-Videos von Patrick Mayer, so der bürgerliche Name von Paluten, kennt.

Aber der 30-Jährige hat eben über zwei Millionen Abonnenten und eine gut geölte Merchandising-Maschine, da lässt sich selbst ein Buch verkaufen. Aber der Sommer ist lang, irgendwann ist es langweilig und eh die Kids noch ein Let's-Play-Video gucken, kann man ihnen auch dieses Buch in die Hand drücken. (sba)

Quelle: ntv.de

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