Kliesch, Fitzek, "Auris 2" Den Tod kann man hören
14.06.2020, 19:04 Uhr
"Auris 2" ist als auch als Hörspiel bei Audible erschienen.
(Foto: Audible)
Ein verschwundenes Baby, ein undurchsichtiger Profiler, eine junge True-Crime-Bloggerin: In "Die Frequenz des Todes", dem zweiten "Auris"-Fall entführen die Autoren Kliesch und Fitzek die Leser erneut in die Welt der akustischen Forensik. Ein Thriller, den man lesen und hören muss.
Es ist ein scheinbar ganz normaler Tag in Berlin. Die Telefone in der Notrufzentrale stehen nicht still. Doch ein Anruf ist besonders. Das wird sich in aller Klarheit aber erst später herausstellen. Zu hören ist eine Frauenstimme. In Aufruhr. Ihr Baby sei verschwunden, sagt sie völlig aufgelöst. Dann eine Weile nur Geräusche. Dann wieder die Frau. Dann bricht das Gespräch ab. Ein Scherzanruf? Oder bitterer Ernst?
Als Leser von "Die Frequenz des Todes", dem zweiten "Auris"-Buch von Vincent Kliesch und Sebastian Fitzek, ist genau das die Stelle, an der man sich entscheiden muss, ob man weiterliest oder nicht. Denn wenn es um Kinder geht, hört bei vielen Menschen der Spaß auf. Kinderhandel, Gewalt gegen Kinder, psychische oder physische Folter an Kindern - da ist bei vielen Schluss. Aber wer den Namen Fitzek kennt, weiß, das könnte auch erst der Anfang von etwas Großem sein. Und das ist es im Fall von "Auris 2" auch.
Die Story Ansorge/Hegel geht weiter
Wer den Erstling "Auris" kennt, weiß aber auch: Im Mittelpunkt der Story, als tragende Figur, steht erneut der forensische Phonetiker Matthias Hegel. Der Mann, der die Verbrechen hört. Das Problem dabei: Weil er seine Frau ermordet haben soll, sitzt er im Gefängnis und ist deshalb auf die Hilfe von Jula Ansorge angewiesen, einer jungen Reporterin, Journalistin, Bloggerin und True-Crime-Expertin.
Ansorge und Hegel kennen sich bereits. Ansorge ist fasziniert von den Fähigkeiten Hegels und angewidert zugleich. Hegel ist ein brillanter Kopf, besitzt das absolute Gehört. Er weiß seine besondere Fähigkeit gewinnbringend einzusetzen. Und er hat Informationen über Ansorges verschwundenen leiblichen Bruder. Das schweißt die beiden zusammen, denn Ansorge braucht Hegel, um mehr über das Verschwinden und den Verbleib ihres Bruders zu erfahren - und Hegel braucht Ansorge als seine Augen und Ohren in der Welt außerhalb des Gefängnisses, denn Hegel wird von der Polizei wegen des Anrufs der Frau und dem möglicherweise verschwundenen Baby als Profiler und Experte hinzugezogen. Mit Fußfessel sitzt er gefangen in einer alten Villa, darf diese nicht verlassen.

Autorenduo Kliesch/Fitzek: Mit "Auris 2: Die Frequenz des Todes" liefern sie den zweiten Bestseller in Folge ab.
(Foto: Sven Krohn)
Hegel spielt Ansorge den Mitschnitt des Anrufs vor. Beide lauschen, rätseln, fachsimpeln auf ihre Weise. Und sie kommen voran. Das Ziel ist, herauszufinden, von wo der Anruf kam. Haben sie den Ort, haben sie auch die Frau. Ansorge beginnt zu ermitteln. Auf ihre Weise. Scheinbar ohne System, aber mit Erfolg. Ein Puzzleteil führt zum nächsten und irgendwann ergibt sich ein Bild. Es gewinnt mehr und mehr an Klarheit. Und es zeigt sich: Nichts ist so banal, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint, niemand so unschuldig, wie er sich gibt.
Ein Thriller, der ins Ohr geht
Genau das ist die Stärke auch des zweiten Falls des ungleichen Ermittlerduos Ansorge/Hegel. Wenn die Frau ein Baby hat, was ist dann mit dessen Vater? Hat er das Kind entführt? Gibt es eine Lösegeldforderung? Sollte es so sein, wieso hat dann die Polizei davon nichts mitbekommen? Drückt sie etwa ein Auge zu? Oder ist die Sache noch schlimmer? Wo ist das Jugendamt? Und welche Rolle spielt Hegel eigentlich? Weshalb hat er Ansorge nicht den kompletten Anruf vorgespielt und einen Teil, möglicherweise den entscheidenden, weggelassen? Wurde ihm selbst nur die gekürzte Fassung überlassen?
Es sind die offenen Fragen, die in "Auris 2" die Spannung hochhalten und den Leser vorantreiben, ihn voranpeitschen. Seite um Seite. Minute um Minute. Das ist die Stärke des Buches. Die Story zieht hinein, die Figuren halten den Leser gefangen. Sie sind sympathisch, haben Ecken und Kanten. Sie sind wie du und ich, haben kleine Geheimnisse, manchmal auch düsterer Art. Aber am Ende weiß man: Nur Ansorge und Hegel zusammen, das funktioniert. Und man weiß: Ganz ohne Blut, Gewalt und Tod geht es bei Kliesch/Fitzek nicht ab. Aber wer zwischen den Zeilen "hört", weiß auch immer: Das Baby ist nie in Gefahr, es geht ihm gut. Oder?
Quelle: ntv.de