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Das hätte ihm gefallen Mit Karl Lagerfeld fängt es an, mit ihm endet es auch

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"Wenn man weit gegangen ist, sehr weit, zu weit, dann ist es schwierig, zurückzukehren. Manchmal unmöglich." (Lagerfeld in seinem Appartement im 7. Arrondissement in Paris, 1975)

"Wenn man weit gegangen ist, sehr weit, zu weit, dann ist es schwierig, zurückzukehren. Manchmal unmöglich." (Lagerfeld in seinem Appartement im 7. Arrondissement in Paris, 1975)

(Foto: imago images / Photo12)

Wer sich Karl Lagerfeld anders nähern möchte als durch den Kauf einer Klamotte oder einer Diät-Cola, kann jetzt in einer Graphic Novel stöbern, die richtig Spaß macht. Sie beginnt mit Lagerfeld, und sie endet mit Lagerfeld. Und dazwischen – ganz viel Karl.

Geschrieben hat die Graphic Novel "Lagerfeld" Alfons Kaiser, der Autor des Bestsellers "Karl Lagerfeld: Ein Deutscher in Paris". Er ist nicht nur aufgrund seines Namens "Kaiser" prädestiniert, ein weiteres Buch über den ebenfalls "Kaiser" (Kaiser Karl) genannten Modeschöpfer zu schreiben, nein, er kannte Lagerfeld unter anderem deswegen, weil Kaiser das F.A.Z.-Magazin verantwortet. Dort hat Lagerfeld zu Lebzeiten jahrelang politische Karikaturen des Designers veröffentlicht - sogenannte "Karlikaturen".

Die Zeichnungen stammen aus der Feder des Comic-Künstlers Simon Schwartz, einem der bekanntesten seiner Zunft. Seine Comic-Serie "Vita Obscura" ersetzt die "Karlikaturen" seit Lagerfelds Tod.

Vollkommen ungewohnter Anblick: Karl Lagerfeld beim Workout, 1983.

Vollkommen ungewohnter Anblick: Karl Lagerfeld beim Workout, 1983.

(Foto: imago images / Starface)

Glamour statt Glücksklee

Wir zäumen das Pferd mal von hinten auf und bleiben am besten noch am Schluss des Buches, denn dort werden die Protagonisten vorgestellt: von Pierre Balmain über Christian Dior, Inès de la Fressange und Yves Saint Laurent bis zu Claudia Schiffer und Andy Warhol. Auch dabei: Elisabeth und Otto Lagerfeld, Karls Eltern. Wir wissen nun, woher der erfolgreiche Modeschöpfer seinen Wortwitz hatte und warum sein Vater nur schwer damit leben konnte, dass sein Sohn sich mehr für Kleider als für Kondensmilch (Otto Lagerfeld gründete in den 1920er Jahren die Firma "Glücksklee" ) interessierte.

In den einzelnen Kapiteln wird das Leben eines Mannes nachgezeichnet, der es nie leicht hatte, auf viele verschlossen wirkte und den man dennoch meinte zu kennen. Ein grandioser Irrtum. In "Lagerfeld" schaut Alfons Kaiser genauer hin, wer hinter der charismatischen Figur - die im Laufe der Jahre immer schmaler wurde - steckte. Sich vielleicht zeitweise sogar versteckte? Das Leben als junger deutscher Mann in Paris, der sich für Männer interessierte, überwiegend aber Kleider für die schönsten Frauen entwarf, kommt in dem 100-Seiten-starken Bildband ebenso wenig zu kurz wie die Zweifel und die düsteren Gedanken, die Lagerfeld am Ende seines Lebens umtrieben.

Karl für alle

Bekannt wurde Lagerfeld der breiten Masse, als er eine Kooperation mit einer Billigkette einging. Es war im Jahr 2004, als ein gewisser Donald Schneider, ein Schweizer Art Director, die Idee für "Karl Lagerfeld für H&M" hatte.

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Lagerfeld, der Einzelgänger, hatte zeitlebens Menschen an seiner Seite, die nicht nur er inspirierte, sondern die auch ihm etwas brachten: Modeschöpfer, die ihm eine Chance gaben, Models, die zu Musen wurden, Kollegen und Künstler, die ihm zeigten, dass ein unverwechselbarer Look eine Person zu einer Ikone, zu einer eigenen Marke machen kann.

Auch sein privates Leben wird beleuchtet: Lagerfeld hangelte sich von Beziehung zu Beziehung, das ganz große Glück schien er jedoch nie gefunden zu haben - war er dafür zu hanseatisch? Zu sehr von seinen Eltern gekränkt worden? Manche enttäuschten ihn, manche enttäuschte er.

Einer für Karl

2013 mit Sébastien Jondeau in St. Tropez.

2013 mit Sébastien Jondeau in St. Tropez.

(Foto: IMAGO/Bestimage)

An seinem Sterbebett saß Sébastien Jondeau, sein letzter Vertrauter, Fahrer und Leibwächter in einer Person. Der Mann arbeitet auch nach Lagerfelds Tod für die Marken seines ehemaligen Chefs und Freundes. Er hat Lagerfeld nicht enttäuscht wie Baptiste Giabiconi, nicht betrogen wie Jacques de Bascher, sich nicht von ihm entfremdet wie Antonio Lopez.

Jondeau, aus den Banlieues von Paris, war am Schluss seine Augen, seine Ohren, seine Krankenschwester und engster Vertrauter. Er nannte ihn "Séb" - eine fast zärtliche Geste, wenn man an die öffentliche Figur Karl Lagerfeld denkt, stets um Contenance bedacht, stets ein Geheimnis wahrend: Nämlich trotz aller Kommunikationslust, die eigene Lebensgeschichte möglichst zurückzuhalten.

Man fliegt in "Lagerfeld - Graphic Novel" durch die Seiten, und ja, es stimmt, was hinten auf dem Einband steht: "Es fängt mit mir an, und es hört mit mir auf." Das hätte Karl Lagerfeld gefallen.

Quelle: ntv.de

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