Bücher

Adler-Olsen: "Natrium Chlorid" Moerck und die Psycho-Morde im Namen des Herrn

Religiöser Wahnsinn mündet in einer seit Jahrzehnten andauernden Mordserie: Carl Moerck ist gefordert.

Religiöser Wahnsinn mündet in einer seit Jahrzehnten andauernden Mordserie: Carl Moerck ist gefordert.

(Foto: Harald Tittel/dpa/Archiv)

Endlich sind Carl Moerck und das Sonderdezernat Q zurück: Jussi Adler-Olsen, Dänemarks bekanntester und erfolgreichster Thrillerautor, meldet sich mit "Natrium Chlorid" explosiv zurück - mit einer bereits Jahrzehnte andauernden Mordserie, deren Lösung in Gottes Namen salzig schmeckt.

"Irgendwas sagt mir, dass dieser Fall nur die Spitze eines Eisbergs ist." Da spricht die Erfahrung von Carl Moerck, als er von seinem Chef eine "Cold Case"-Akte in die Hände gedrückt bekommt. Mehr als 30 Jahre liegt der darin enthaltene Fall schon zurück: Es geht um mehrere Explosionen in einer Autowerkstatt, bei der mehrere Menschen gestorben sind, darunter auch ein kleiner Junge. Dessen Mutter hat sich nun an ihrem 60. Geburtstag das Leben genommen. Bei der Untersuchung des Falls damals waren sich Carl und sein Chef Markus nach dessen Ansicht zum ersten Mal über den Weg gelaufen. Nun hat Markus so ein Gefühl - und Carl eben auch.

Ruckzuck ist das Team des Sonderdezernats Q um den schrulligen Ermittler Carl Moerck Feuer und Flamme, denn es tauchen Unstimmigkeiten auf: Der Autowerkstatt ging es, obwohl noch nicht lange am Markt, schlicht und einfach zu gut. Chef und Mitarbeiter ließen es geldtechnisch krachen. Haben sie ihre Kunden betrogen? Ihnen Reparaturen aufgeschwatzt, die sie nicht brauchten? Diese dann auf dem Papier durchgeführt, an den Autos selbst aber keinen Finger krumm gemacht? Aber noch wichtiger: Warum fand sich auf dem Gelände eine große Menge Salz? Und welche Verbindung ergibt sich daraus zu einem anderen Fall, der ebenfalls Jahre zurückliegt?

Das sind die Fragen, die Moerck und sein Team umtreiben. Dass sie dabei einem Serienmörder auf der Spur sind, der bereits seit Jahrzehnten sein Unwesen in Dänemark treibt, ahnen sie nicht. Es dauert, bis Moercks Mannschaft etwas Licht ins Dunkel bringt. Allerdings wird dadurch auch offenbar, wie abgrundtief schwarz und böse eine menschliche Seele sein kann. Ist der Teufel höchstselbst gar am Werk? Oder religiöser Wahnsinn? Die Opfer haben zumindest einiges auf ihren Kerbhölzern, moralisch betrachtet.

Sympathy for the devil?

Jussi Adler-Olsen liefert mit "Natrium Chlorid" bereits den neun Moerck-Fall - und wieder einen Bestseller.

Jussi Adler-Olsen liefert mit "Natrium Chlorid" bereits den neun Moerck-Fall - und wieder einen Bestseller.

(Foto: Tine Harden)

Mit "Natrium Chlorid" meldet sich Carl Moerck und sein schräges, aber sympathisches Team aus dem Sonderdezernat Q endlich wieder zurück: Der dürre und immer neugierige Gordon, die sonderbare, aber liebenswert-durchgeknallte Rose und Assad, der emotionale Haudrauf, dem die Herzen der Leser gehören. Geführt wie immer von Carl Moerck, dem Ermittler, der dahin geht, wo es weh tut; der um die Ecken denkt, die andere links liegen lassen. Und den diesmal seine Vergangenheit einholt, was gleichzeitig die schnelle Lösung der mysteriösen Mordserie gefährdet.

Aber eine schnelle Lösung ist gefragt, denn der Mörder wird wieder töten: am 26. Dezember, dem Geburtstag von Mao Tsetung. Die Recherchen deuten darauf hin, dass alle zwei Jahre, jeweils am Geburtstag eines Massenmörders, eines politischen Großverbrechers, ein Mord verübt wird. Einer, der nicht auf den ersten Blick als solcher erkannt wird. Einer, der zunächst als Unfall oder Selbstmord in den polizeilichen Ermittlungsakten gelandet ist. Erst auf den zweiten Blick wird der Zusammenhang offensichtlich: Eine kleine oder größere Menge Kochsalz findet sich bei den Leichen oder am Tatort. Salz? Sodom und Gomorrha? Eine Mordserie mit biblischen Bezügen? Morden im Namen des Guten, im Namen Gottes?

Das Salz in der Thriller-Suppe

ANZEIGE
NATRIUM CHLORID: Der neunte Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q – Thriller (Carl-Mørck-Reihe, Band 9)
5027
25,00 €
Zum Angebot bei amazon.de

Jussi Adler-Olsens mittlerweile neunter Carl-Moerck-Fall ist das, was man einen Pageturner nennt. Selbst für Neueinsteiger bietet "Natrium Chlorid" beste Krimi- und Thrillerunterhaltung, die aber zugegebenermaßen erst so richtig in den Bann zieht, wenn man zumindest ein paar der vorherigen Bücher der Reihe gelesen hat. Dann kann man die Dialoge, das zwischenmenschliche Geplänkel von Moercks Team nachvollziehen: Gordons Schüchternheit Rose gegenüber; Roses direkte Art gegenüber Moerck, ihrem Chef; Assads tiefe Freundschaft mit Moerck. Dann lacht man als Leser auch lauter und herzhafter über die von Assad ungewollten Versprecher, die Moerck immer wieder zu belehrenden Verbesserungen herausfordern: "Was zum Henkel" statt "Was zum Henker" oder "Du siehst den Wald vor lauter Baumgipfeln nicht."

"Natrium Chlorid" ist wie nach Hause zu kommen nach einer langen Reise; wie ein alter Freund, den man wieder in die Arme schließt, nachdem man ihn jahrelang nicht gesehen hat. Apropos in die Arme schließen: Adler-Olsen gelingt es auch, das Thema Corona nicht auszusparen. Das Buch spielt 2020, um die Weihnachtszeit herum, mitten in der schweren zweiten Welle. Das ist mutig - aber macht den neunten Moerck auch authentisch. Adler-Olsens veraltet anmutender Schreibstil hilft dabei auch, es ist ein Markenzeichen des Dänen und erinnert an die guten alten Zeiten eines Frederick Forsyth und seiner Spionageromane. Waren diese aber abgeschlossen, lässt Adler-Olsen diesmal einen Erzählfaden am Ende lose baumeln. Ein perfekter Cliffhanger und der Hinweis für die Moerck-Fans: "Irgendwas sagt mir, dass dieser Fall nur die Spitze eines Eisbergs ist."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen