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Politthriller über Top-Terroristen Osama bin Laden lebt und fährt Moped

In "Geronimo" geht es nicht um irgendeinen Terroristen, sondern um den einst meistgehassten Mann der Welt: Osama bin Laden. Dass der längst tot ist, glauben wir zu wissen. Aber was wäre, wenn nicht?

"Geronimo": Leon de Winters Roman über Osama bin Laden ist bei Diogenes erschienen, 448 Seiten, 24 Euro.

"Geronimo": Leon de Winters Roman über Osama bin Laden ist bei Diogenes erschienen, 448 Seiten, 24 Euro.

Über fünf Jahre nach dem Tod des meistgesuchten Terroristen der Welt weiß man inzwischen ziemlich genau, wie sich die Jagd auf Osama bin Laden zugetragen haben soll. Aber stimmt sie auch, diese offizielle und wohl auch in die Geschichtsbücher eingeschriebene Version? Leon de Winter, bekannt und verehrt für seine tollkühnen Plots, wagt sich in seinem neuen Politthriller an eine fiktive Umschrift der realen Ereignisse und liefert damit jede Menge Gesprächsstoff.  

"Geronimo" lautete das Codewort, das die Navy Seals durchgeben sollten, sobald sie Osama bin Laden gefunden hätten. In de Winters gleichnamigen Buch geht es jedoch nicht nur um die Jagd nach ihm. Vielmehr schaut der niederländische Schriftsteller hinter die Kulissen eines Konflikts, bei dem eine friedliche Lösung in weiter Ferne zu liegen scheint.

Zwar dringen in de Winters Roman tatsächlich US-Elitesoldaten in der Nacht vom 2. Mai 2011 in Osama bin Ladens Haus ein. Doch statt den Terrorchef zu töten, wie aus dem Weißen Haus befohlen, schleusen sie einen Doppelgänger ins Haus und täuschen seinen Tod vor. Den wirklichen Osama bin Laden, er heißt hier minimal verändert Usama bin Laden, kurz UBL, verschleppen sie in ein geheimes Versteck nach Tadschikistan. Während US-Präsident Barack Obama verkündet, bin Laden sei erledigt worden, tobt im Verborgenen ein Kampf um die Verfügungsgewalt über den Massenmörder.

Die Schauplätze springen zwischen den USA, Pakistan, Afghanistan, Deutschland, Großbritannien und Israel. De Winter verwebt in seinem von Fakten inspirierten Roman die Geschichte des ehemaligen Elite-Soldaten und späteren CIA-Agenten Tom Johnson und des afghanischen Mädchens Apana mit dem Kampf gegen Terror.

Liebe zu Bach wird zum Verhängnis

Tom, Nachkomme eines russisch-jüdischen Musikerpaars, will unbedingt Apana wiederfinden, die er bei einem Einsatz in einem Militär-Camp kennengelernt hatte. Beide verbindet die Liebe zu Bachs Goldberg-Variationen. Für Apana wird diese Liebe zum Verhängnis. Die Taliban bestrafen das Mädchen, indem sie ihr die Hände und Ohren abhacken. Das verstümmelte Mädchen flüchtet nach dem Überfall nach Abbotabad und findet Hilfe bei Jabbar und seiner Mutter. Die beiden wohnen in der Nachbarschaft des Bin-Laden-Anwesens.

Entgegen der offiziellen Version verlässt der Terrorscheich durchaus sein Versteck. De Winter lässt UBL in "Geronimo" nachts auf einem Moped durch dunkle Gassen düsen, wobei er ständig an sein kleines Geheimnis denkt: ein USB-Stick mit Filmszenen, die für Obama verheerende politische Folgen haben könnten.

De Winter zeichnet bin Laden als kindischen Wirrkopf mit allzu menschlichen Schwächen. UBL raucht Marlborough-Zigaretten, liebt Vanilleeis und benötigt Viagra, um seine drei Ehefrauen zu beglücken. "Er hatte die Pflicht, seine Frauen zu besuchen, aber die jüngste, eine Frau mit gierigen Augen und Schenkeln voll Feuer, wusste immer, auch wenn er schwieg, in welcher Stimmung er war. Selbst tagsüber, wenn ihn Sorgen drückten, konnte sie ihn in Erregung versetzen."

Die Geschichten durchkreuzen und überlagern sich. Einmal angefangene Geschichten greift De Winter immer wieder auf, nur das entscheidende Geheimnis, warum das Weiße Haus bin Ladens Liquidierung angeordnet hat, das lüftet der Autor lange Zeit nicht. Und so spannend die Jagd nach bin Laden auch ist, der unsichtbare Draht zwischen Tom und Apana ist in weiten Teilen fesselnder – bis beide Stränge in einem explosiven Finale zusammentreffen.

In den Niederlanden, wo "Geronimo" bereits 2015 erschien, reichten die Reaktionen von Begeisterung bis zu heftiger Ablehnung. "Das ist insgesamt zu viel, zu knallig, zu sentimental", urteilte die Amsterdamer Zeitung "Volkskrant". "Aber auch so verrückt, dass Leon de Winter mit 'Geronimo' der Wirklichkeit schon wieder nahekommt."

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Quelle: ntv.de

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