Hörbücher

Batman vs. Rudolf Steiner "Der Lärm des Lebens" von Jörg Hartmann

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Jörg Hartmann lässt tief blicken in seinem Buch und Hörbuch "Der Lärm des Lebens", ohne komplett die Hosen runterzulassen.

Jörg Hartmann lässt tief blicken in seinem Buch und Hörbuch "Der Lärm des Lebens", ohne komplett die Hosen runterzulassen.

(Foto: imago images/Camera4)

Wenn man kein Hörbuch-Fan ist, aber Jörg Hartmann-Fan, dann hört man sich das Buch des Schauspielers natürlich doch an. Und will nie etwas anderes hören, denn niemand könnte sein eigenes Buch so gut lesen, spielen, leben, wie der Autor es nun eingesprochen hat. Eine unbedingte Empfehlung.

Eins mal vorneweg - ich bin überhaupt kein Hörbuch-Fan. Nur wenn Jörg Hartmann liest, dann schon. Der könnte mir das Telefonbuch vorlesen und ich fände es super. Noch superer ist es allerdings, wenn er sein eigenes Buch vorliest, vom "Lärm des Lebens" - den er so gar nicht verbreitet.

Wie macht er das bloß, so wandelbar und gleichzeitig so authentisch zu sein?

Wie macht er das bloß, so wandelbar und gleichzeitig so authentisch zu sein?

(Foto: IMAGO/Future Image)

Neulich war ich auf seiner Premieren-Lesung und es glich einer Mischung aus Konzert und Kirche. Hartmanns Jünger kamen gepilgert, in Wollsocken oder Pumps, in den Großen Sendesaal des RBB in der Masurenallee in Berlin, die Moderatorin hatte ein bisschen rote Wangen und er den größten Spaß. Sie plauderten über sein Leben und das Buch natürlich, und wer Jörg Hartmann nur mit seiner Figur des Kommissars im Dortmunder "Tatort" verbindet, der wird sich kaum vorstellen können, dass dieser Hartmann ein Plauderer ist. Charmant und witzig, klug und sanft, voller Anekdoten und Energie. Ist er aber.

Zeiten des Aufbruchs

Jörg Hartmann erzählt auf hinreißende Weise eine im besten Sinne des Wortes Geschichte - die seiner Eltern und Großeltern. Das Buch ist eine Liebeserklärung an die Kraft der Familie - und an den Ruhrpott. Ob es um die Situation seiner gehörlosen Großeltern im Nationalsozialismus geht, das Leben seiner Mutter als Pommesbudenbesitzerin, die Demenzerkrankung seines Vaters, der Dreher und leidenschaftlicher Handballer war, die vielen skurrilen Erlebnisse in der Großfamilie oder um Schlüsselbegegnungen, die er als Schauspieler hatte - immer hält Hartmann die Balance zwischen Tragik und Komik.

Hartman schreibt vom puren Glück, als die Mauer fiel und er im "Joker"-Kostüm ungläubig vor der Glotze saß, das "Joker"-Grinsen noch im Gesicht, erstarrt, Gänsehaut auf den Armen, aber auch vom Besuch der ersten "Ossis", die plötzlich, nach dem Mauerfall, an der Tür der Familie Hartmann klingelten, und darüber, wie er sich wunderte, dass "die nicht in ihrer Heimat blieben, denn jetzt konnten sie doch endlich machen, was sie wollten". Bei der Lesung drückt er seine Verwunderung darüber so komisch aus, dass diesem Ruhrpottkind ganz sicher kein "Ossi" böse sein kann. Er lässt seine Zuhörer wissen, dass Vater Hartmann und seine Handballtruppe sich dann umgehend um Wohnung und Job kümmerten, anpackend, empathisch, zugewandt.

Um diese Geschichten nicht zu vergessen, hat er sie aufgeschrieben. Zum Glück. Er sagt: "Wahrscheinlich ist das Schreiben immer eine Art Selbstverortung oder der Versuch dessen. In 'Der Lärm des Lebens' versuche ich, auf zwei Zeitebenen zu erzählen: Zum einen über die Zeit des Aufbruchs, meines Aufbruchs ans Theater - und das durchaus mit einer gewissen Komik, so hoffe ich." Kurze Anmerkung: Ja, ist gelungen. Wenn er erzählt, wie er der damaligen Intendantin der Schaubühne im "Ciao", also dem Wohnzimmer der "Ciao-Bühne" auflauerte, um sie von sich als Jungschauspieler zu überzeugen, dann hat das wirklich sehr viel Komik. Vor allem, weil Hartmann über sich selbst lachen kann.

Zeiten der Krise

Der Schauspieler spricht vom unbändigen Willen und die unglaubliche Naivität der Jugend, seinen persönlichen Aufbruch in Zeiten des Aufbruchs, kurz nach dem Mauerfall, "in der sich die Welt öffnete und alles vor einem lag." Dann im Wechsel dazu Rückblicke aus der Perspektive des mittlerweile 50-Jährigen über die Demenz seines Vaters, die Besuche bei ihm im Heim, die Trauer, den Tod, immer weiter, bis fast in die Gegenwart. Er erzählt von Zeiten der persönlichen Krise und Trauer in einer Zeit der Krisen. "Diesen Bogen versuche ich zu spannen." Und wieder: Das gelingt ganz hervorragend!

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Wie er in einem Krankenhaus, in dem er als Pförtner jobbte, das Bild Rudolf Steiners gegen das von Batman austauschte, gehört zu den besten Geschichten. Und dennoch, beim Einsprechen seiner eigenen Texte, seines eigenen Lebens überkommen Hartmann immer wieder Zweifel. "Die Schwierigkeit ist natürlich, dass ich keinen richtigen Abstand zum Text habe - ich habe ihn geschrieben, ich kenne ihn in- und auswendig. Ich versuche, den Text klingen zu lassen, ihn erlebbar und lebendig zu machen und gleichzeitig nicht zu viel zu gestalten, eine lebendige Skizze sozusagen und weniger ein ganzes Gemälde."

Ja, er hinterfragt sich ständig, auch in der Rolle des Peter Faber, ob ihm alles gelingt, und auf die Gefahr hin, Sie nun zu langweilen, sei an dieser Stelle noch einmal erwähnt: Jörg Hartmann gelingt es. Und das sagt eine, die grundsätzlich keine Hörbücher mag.

Quelle: ntv.de

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