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Blick in Nigerias Gesellschaft Drei Frauen lieben und verlieren

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Bei den Hochzeitsvorbeitungen werden auch weibliche Lebensentwürfe diskutiert.

(Foto: AP)

Funmi lebt in purem Luxus, Zainab pflegt ihren gelähmten Mann, Enitan ist gerade frisch getrennt. In "Freundin bleibst du immer" erzählt Tomi Obaro von einem ungleichen Frauen-Trio, von Rebellion und einer Mega-Hochzeit. Aber ihr Debüt ist viel mehr als ein Roman über eine Freundschaft.

Ein Roman über eine Frauenfreundschaft? Das klingt erstmal nicht nach etwas bahnbrechend Neuem. Aber an "Freundin bleibst du immer" von Tomi Obaro sollte man trotzdem nicht vorbeigehen. Und tatsächlich ist das auch kaum möglich, denn der farbenprächtig gestaltete Umschlag des bei Hanserblau erschienenen Buches sticht sofort ins Auge. Auf dem Titelbild ist die stilisierte Darstellung einer schwarzen Frau zu sehen, die eine festliche Kopfbedeckung und auffällige Ohrringe trägt.

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Auch inhaltlich hat das Buch einiges zu bieten. In ihrem Debütroman erzählt die in den USA als Kulturredakteurin arbeitende Obaro von drei Nigerianerinnen, die sich während des Studiums in den 1980er-Jahren kennengelernt haben und sich fast 30 Jahre später wiedersehen. Aber es ist nicht nur die Geschichte einer Freundschaft: Das Buch gewährt tiefe Einblicke in Nigerias Alltag und Kultur.

Enitan, Funmi und Zainab sind "praktisch Schwestern", dabei könnten die Herkünfte und Lebenswege der drei nicht unterschiedlicher sein. Enitan wächst streng christlich auf. Das Studium bietet ihr die Möglichkeit, vor der erdrückenden Liebe ihrer alleinerziehenden Mutter zu fliehen. Nach dem Abschluss stürzt sie sich in die Ehe mit einem weißen Missionar und folgt ihm in die USA.

So zurückhaltend Enitan ist, so forsch und impulsiv tritt Funmi auf. Sie hat den Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen, wird ungewollt schwanger und ihre Beziehung zu einem politischen Aktivisten endet tragisch. Zainab wird als die Schönste der drei Frauen beschrieben. Sie stammt aus einem akademischen, muslimischen Haus. Den Hijab trägt sie eher aus Gewohnheit, sie träumt davon, Theaterstücke zu schreiben, und verliebt sich in einen Mann, den ihr Vater strikt ablehnt.

Unglückliche Braut

2015 treffen die drei das erste Mal seit ihrem Studienabschluss wieder aufeinander. Anlass ist die Hochzeit von Funmis Tochter Destiny. Funmi führt in der Megametropole Lagos inzwischen ein Luxusleben, weiß aber nicht, womit Yinka, ihr dubioser und auf sein Smartphone dauerstarrender Ehemann, das ganze Geld verdient. Destinys Hochzeit soll eines der großen gesellschaftlichen Ereignisse werden: eine mit großem Pomp und Aufwand über mehrere Tage dauernde, durchchoreografierte Zeremonie, bei der die Familie ihren Wohlstand vorführen kann. Doch Destiny - die Medizin studiert, aber eigentlich viel lieber fotografieren möchte - wirkt in der Rolle der Braut alles andere als glücklich.

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"Freundin bleibst du immer" ist der erste Roman von Tomi Obaro.

(Foto: RJ Eldridge)

Während Funmi im Planungsstress ist und Destinys Blicke voll stiller Wut nicht wahrnehmen will, reisen die anderen beiden Freundinnen mit ihren jeweils ganz eigenen Sorgen an. Zainab pflegt ihren Mann, der nach einem Schlaganfall gelähmt ist. Enitan wiederum ist gerade frisch getrennt und bringt ihre 19 Jahre alte Tochter Remi mit. Die ist das erste Mal in Nigeria, staunt und rebelliert gleichzeitig. Gerade noch sieht sie im Vorbeifahren Makoko, einen der schlimmsten Slums von Lagos, kurz darauf steht sie, umringt von Bediensteten, in Funmis palastartigem Haus voller Kitsch und fragt beiläufig: "Was macht Onkel Yinka noch mal beruflich?"

Ein Spannungsbogen und ein Herzstück

Genauso wie die Figuren nutzt Obaro auch die zwei Zeitschienen ihres Buches - die Studienzeit als Rückblick und das Wiedersehen -, um die vielen Facetten der nigerianischen Gesellschaft miteinander zu verweben. Leserinnen und Leser erfahren zum Beispiel nicht nur etwas über die kulturellen Hintergründe von Hausa- und Yoruba-Frauen, sondern auch die politischen Unruhen zu Beginn der 80er-Jahre spielen eine Rolle. Nebenbei lässt die Autorin immer wieder die dunkle Seite Nigerias einfließen, etwa wenn der Bus, mit dem Zainab nach Lagos reist, gekidnappt wird.

Dass Obaro die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive der drei Freundinnen erzählt, ist natürlich die ideale Voraussetzung für eine Hörbuchversion. Abak Safaei-Rad, Alina Vimbai Strähler und Denise M'Baye verleihen ihrer jeweiligen Protagonistin eine ganz eigene, unverwechselbare Note und verwandeln den Roman in ein mehrstimmiges Hörereignis.

Auch wenn letztendlich die Figur der Destiny für den Spannungsbogen sorgt, bleibt doch die Freundschaft von Zainab, Funmi und Enitan das Herzstück des Romans - der von Stefanie Ochel in ein unsentimentales, griffiges Deutsch übertragen wurde. Alle drei Frauen müssen Schicksalsschläge wegstecken, sie lieben und verlieren, aber ihre Verbindung bleibt über Jahrzehnte und Tausende Kilometer hinweg unverbrüchlich. Ihre nuancenreichen Porträts hinterlassen am Ende - egal ob als Buch oder Hörbuch - einen genauso schillernden Eindruck wie das schön gestaltete Cover.

Quelle: ntv.de

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