Musik

Die Lemonbabies sind wieder da "Erwachsenwerden hat uns gutgetan"

Bisher gab es die Lemonbabies nur auf CD ...

Bisher gab es die Lemonbabies nur auf CD ...

(Foto: imago images/POP-EYE)

Sie sind auf einer Reise, in die Neunziger, aus den Neunzigern hinaus, in die Jetzt-Zeit, eventuell sogar wieder auf die Bühne zurück? Naja, eins nach dem anderen: Erstmal gibt es ein Best-Of-Album, das man nicht (!) auf CD oder Platte kaufen muss, sondern voll modern streamen kann, und eine Kurz-Doku. Mit ntv.de sprechen die Lemonbabies über Pop-Pop-Pop-Music, Final Cut Pro und Pausen. Ob sie wieder auf die Bühne gehen müssen sie noch auschingchangchongen.

ntv.de: Ihr seid wieder da, in Bild und Ton. Wie schön, willkommen zurück.

Diane: Naja, wir sind auf einer Art Reise (lacht). Eine Reise der Band und eine Reise in die Neunziger. Wir hatten anfangs gar nicht geplant, so viel Material zusammenzutragen, aber letztendlich wollten wir neben den Songs dann auch die anderen Erinnerungen aufbereiten. Zum Beispiel auch in einer Kurzdoku. Unser Cutter hat dann jedoch einen großen Auftrag reinbekommen und wir mussten es selbst hinbekommen. Ich habe mir letztendlich Final Cut Pro gekauft und ein paar Tutorials angeschaut und es dann mit ganz viel Kraft und Liebe zu Ende gebracht. Es war auch ein unfassbar bereinigender Moment.

Es muss doch schwer sein, aus dem ganzen Material auszuwählen.

Diane: Alle von uns haben wunderbares Material zusammen getragen und auch die Archive von MTV und Viva versorgten uns in großzügiger Weise. Aber eine von uns verfasste Bio, die eine enge Freundin eingesprochen hat, haben wir als Handlungsstrang, als Gerüst genommen und das dann mit Bildern aufgepeppt.

Die Idee zum digitalen Release hatte wer?

Julia: Die hatten wir alle (alle lachen). Wir haben im Frühjahr letzten Jahres, als der Lockdown anfing, in unserer Whatsapp-Gruppe überlegt, wäre das nicht cool, wenn wir jetzt, wo die Rechte der alten Alben für eine gewisse Zeit an uns zurückfallen werden, unser Material nutzen - wir müssen es halt in Anspruch nehmen. Wir haben uns immer so ein bisschen darum gedrückt.

Barbara: Unser lieber Manager und Freund Markus Linde meinte, also entweder ihr macht das jetzt oder es verfällt. Und außerdem war der Wunsch schon lange da, die Lieder digital zu hören, dass die auch auf Spotify, Deezer und YouTube und was auch immer stattfinden. Weil das bisher ja nicht möglich war. Es gab uns nur als CD - auch wenn wir keine CD-Player mehr haben …

Aber einen Plattenspieler, oder?

Vierstimmiger Gesang, Gitarre, Keyboards, Bass und Schlagzeug, gegründet 1989, aufgelöst 2001, nach mehr als 400 Konzerten in sieben Ländern, vier Alben und eine EP.

Vierstimmiger Gesang, Gitarre, Keyboards, Bass und Schlagzeug, gegründet 1989, aufgelöst 2001, nach mehr als 400 Konzerten in sieben Ländern, vier Alben und eine EP.

(Foto: Joerg Grosse Geldermann)

Alle: Ja, na logo!

20 Jahre "Pause" - ist das ein Fingerschnippen später oder ist das eher eine Ewigkeit? Kompliment allerdings - ihr seht super aus!

Barbara: Beides gleichzeitig. Es fühlt sich an, als ob es gestern erst gewesen wäre, und andererseits ist es aber auch ein ganzes Leben, stimmt. Das ist wohl so im Alter.

Julia: Ich bin ja weit weg, ich lebe seit 10 Jahren in der Schweiz. Da ist eh alles anders. Es ist wie eine Reise in die Vergangenheit, es bewegt mich total, und es beschäftigt mich. Viele Leute in meinem direkten Umfeld wissen gar nicht, was ich "früher" gemacht habe, und wenn man es erzählte, kam immer die Frage: "Oh, hast du mal eine CD für mich? Kann man das mal hören?" Jetzt kann ich einfach antworten: "Hör doch mal bei Spotify rein, da sind alle Alben meiner Band Lemonbabies zu hören!"

Diane: Ja, ich sage auch gern: Hey, guck mal, ich war früher ein bisschen ein Pop-Star! (lacht)

Was denkt ihr, zeichnet euch am meisten aus?

Kaum eine Studenten-WG, in der nicht das Poster zum Album "Porno" hing.

Kaum eine Studenten-WG, in der nicht das Poster zum Album "Porno" hing.

(Foto: Joerg Grosse Geldermann)

Diane: Wir waren wirklich sehr sehr eng, wir waren wie Schwestern. Und sind es jetzt auch noch, auch wenn wir uns nicht ständig sehen. Aber wir kriegen mit, was gegenseitig in unseren Leben passiert. Ich habe diese ganze Arbeit an der Doku in letzter Zeit wirklich so empfunden, als würde ich in unser verlassenes Elternhaus gehen. Und wir machen das jetzt besenrein. Jeder nimmt sich aus dem Haus mit, was er haben möchte. Und es fallen einem wieder alte Kamellen ein, wie der erste Liebeskummer (lacht). Der war dann aber auch nicht mehr so schlimm, weil wir ja immer uns hatten! Also - jede hat jetzt einen Teil ihrer Geschichte aufgeräumt.

Dass ihr überhaupt noch so gut befreundet seid, ist doch toll! Und dass ihr eine Doku gemacht habt, ein Best-Of-Album mit drei unveröffentlichten Songs! Wo kommen die drei Songs jetzt eigentlich her?

Diane: Wir haben immer viel mehr Demos gemacht als letzten Endes aufs Album kamen. Die sind aus der Zeit zwischen dem zweiten und dem dritten Album.

Julia: Die sind aus dem frühen Home-Office (lacht) Damals haben wir uns ausprobiert und mal geschaut, was Neues geht. Da sind wahnsinnig viele Songs entstanden.

Barbara: Ich war beim Entstehungsprozess nicht dabei, aber ich meine mich zu erinnern, dass wir ein oder zwei Songs davon auch auf der Bühne gespielt haben.

Ihr habt andere Berufe - seid ihr in der momentanen Situation ganz besonders froh darüber, noch etwas anderes zu können?

Diane: Ich glaube, wir haben alles richtig gemacht (lacht). Wir haben uns in unseren jungen Jahren mega ausgetobt. Ich war auf jeden Fall zehn Jahre länger Teenager als andere. Plötzlich war ich Ende 20 und hatte das Gefühl, ich mache noch immer das, was man nach der Schule eben so macht. Alle anderen hatten ein Auslandsjahr hinter sich, ein Studium, oder wenigstens bei McDonald's gearbeitet und ein oder zwei Praktika hinter sich - und man selbst hat immer nur das eine gemacht. Da kam irgendwann der Punkt, an dem wollte jede von uns mal über den Tellerrand blicken und anderen Interessen nachgehen. Um die Frage also zu beantworten (lacht): Wenn wir noch immer die Alten wären, dann wäre das jetzt wirklich brenzlig für uns als Künstler. Denn wir haben vor allem von unseren Live-Konzerten gelebt. Das sähe momentan schlecht aus.

Womit wir beim Thema wären: Wann tretet ihr wieder auf?

Es gibt kaum eine der damals bekannten Bands, mit denen sie nicht getourt oder auf Festivals aufgetreten sind.

Es gibt kaum eine der damals bekannten Bands, mit denen sie nicht getourt oder auf Festivals aufgetreten sind.

(Foto: Joerg Grosse Geldermann )

Julia: Ich habe schon vor ein paar Jahren gesagt, ich hätte Lust, eine kleine Festival- Runde zu machen! Aber ehrlich: Es sind immer so profane Dinge dazwischen gekommen, wie Familiengründung …

Diane: Barbara hat sogar gerade erst ein Baby bekommen!! Wie alt ist es jetzt?

Barbara: Ein paar Wochen erst (lacht). Und der Große macht Homeschooling …

Butter bei die Fische: Auftritte …

Diane: Das ist natürlich schmeichelnd, dass es Menschen gibt, die sich wünschen, dass wir auftreten. Und wir sind auch nicht abgeneigt. Aber wir kommen gar nicht so einfach raus aus unseren normalen Leben als beispielsweise Art-Director, aus der Elternzeit, aus der Praxis. Und wollen wir ja auch gar nicht, weil wir sehr glücklich sind. Aber vorstellbar wäre schon, dass wir uns eine Woche Urlaub nehmen und uns so eine Mini-Tour mal gönnen. Aber wir sind ja keine aufgelöste Band - wir sind nur in Pause! Wir waren damals eben sehr jung.

Barbara: Wir wollten uns weiterentwickeln. Wir sind alle recht gesettelt - und haben zum Glück keine finanzielle Not!! Wir stehen mitten im Leben.

Julia: Also, meine Kinder sind aus dem Gröbsten ja raus - ich könnte loslegen (lacht).

Diane: Wir hatten vor drei Jahren mal einen inoffiziellen Auftritt, drei Songs für ein Label-Jubiläum, ich fand, dass wir wirklich gut klangen. Eigentlich so schön wie nie zuvor (lacht). Erwachsenwerden hat uns gutgetan, das steht schonmal fest. Und es wäre sicher spannend zu gucken, was wir heute leisten könnten.

Mitreißend und energetisch, aber nie selbstverliebt. Rau, aber glamourös. Wie Berlin - die Stadt, aus deren Randbezirken sie einst zusammenkamen.

Mitreißend und energetisch, aber nie selbstverliebt. Rau, aber glamourös. Wie Berlin - die Stadt, aus deren Randbezirken sie einst zusammenkamen.

Julia: Es gibt bei uns keine Erwartungshaltung. Es war halt so, dass wir alle im Lockdown gemerkt haben, dass es uns auf den Streaming-Kanälen nicht gibt! Das wollten wir ändern. Ohne darüber nachzudenken, was es mit sich bringen könnte.

Ihr habt theoretisch ja noch immer einen Auftrag: Musik mit Anspruch von coolen Frauen, die keine Püppis sind - das gibt es auch 20 Jahre später noch nicht so häufig … Inhalt ist gefragt!

Julia: Na gut! Überzeugt! (lacht)

Diane: Okay - die Neunziger sind wieder da. Wenn sogar die Mode ein Revival feiert, warum dann nicht die Lemonbabies (lacht)?

Mit Diane Weigmann, Julia Fensky (Gehrmann), Barbara Mayer (Hanff, seit 1996) sprach Sabine Oelmann,
Katy Matthies (seit 1995) konnte an dem Tag nicht.

Quelle: ntv.de

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