Musik

"Mit 80 plus ist nicht Schluss" Palim, Palim: Dieter Hallervorden singt

Volle Kraft voraus - auch mit 86: Dieter Hallervorden.

Volle Kraft voraus - auch mit 86: Dieter Hallervorden.

(Foto: Dirk Dehmel / Telamo)

Er ist Komiker, Kabarettist, Theater-Intendant, Schauspieler, Querkopf und nun auch noch Sänger. Mit "80 plus" legt der 86-jährige Dieter Hallervorden sein erstes Album vor. Mit ntv.de spricht er über "Didi" und Hallervorden, die Liebe und die Ehe, das Leben und den Tod - und natürlich über "Palim, Palim".

ntv.de: Sie haben im Lauf ihrer Karriere schon auch das eine oder andere Lied gesungen. Für ein richtiges, zusammenhängendes Album wie nun "80 plus" mussten Sie jedoch erst 86 Jahre alt werden. Warum hat das so lange gedauert?

Dieter Hallervorden: Überstürztes Handeln ist das sicherste Rezept für Misserfolg. Man sollte sich für so ein Projekt vielmehr mit Bedacht die richtigen Partner aussuchen und das Ganze erst mal mit viel Optimismus und noch viel mehr guter Laune so betreiben, als wenn es nur ein Hobby wäre. Das dauert zwar, ist dann aber womöglich erfolgreich …

Viele erinnern sich sicher noch an einen Song wie "Du, die Wanne ist voll", den Sie einst mit Helga Feddersen sangen. Die Songs auf "80 plus" sind auch sehr humorvoll, aber doch deutlich hintersinniger und weniger Klamauk. Wie betrachten Sie heute etwas wie "Du, die Wanne ist voll" - als "Jugendsünde"?

Na, ich würde sagen: Alles zu seiner Zeit! Ich hab mich seit der "Wanne-Zeit" ja auch ein bisschen weiterentwickelt und so mancher meint: in die richtige Richtung!

Viele werden von "80 plus" überrascht sein. Das ist kein betuliches und in sich gekehrtes Alterswerk. Es ist fröhlich, spaßig, optimistisch und geht nach vorne. Entspricht das Ihrem Lebensgefühl?

Total! Mich interessiert nicht, was vergangen ist, sondern was die Zukunft bringt.

Tatsächlich befindet sich - von der "Ohne Strom"-Version des Titelsongs vielleicht mal abgesehen - keine einzige Ballade auf "80 plus". Ich weiß nicht, ob es so ein Album von einem 86-Jährigen überhaupt schon jemals gegeben hat …

Ich glaube auch, dass ich da als 86-Jähriger Neuland betrete. Wobei für mich der Song "Mein Leben" schon was von Ballade hat.

Wie sind die Stücke entstanden?

Ich habe größtenteils die Themen, die mir wichtig waren, vorgegeben. Danach habe ich Thomas Schmidt-Ott, den ich lange kenne, zum Chefautoren erkoren. Ihn hab ich dann pro Song mit 2 bis 3 Seiten Gedankensplittern versehen, die die Richtung vorgaben. Und Thomas war es auch, der den genialen Musiker und Komponisten Frank Nimsgern mit ins Boot holte.

Auf dem Album reiht sich wie an einer Perlenschnur ein Schlaglicht auf Ihr Leben und Ihre Karriere ans andere. Das macht es dem Interviewer leicht, mit Ihnen da hindurch zu spazieren. "Mit 80 plus ist längst nicht Schluss", singen Sie im Titelsong. Udo Jürgens meinte noch: "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an." Was stimmt denn nun?

In dem Song singe ich ja: Udo Jürgens hat zum Besten gegeben, mit 66 begänne das Leben. Er hat sich verrechnet. Egal, das macht nix! Denn richtig los geht es erst ab 80!

Im Song "Ehe" heißt es: "Erinnert mich manchmal an Nudelsalat, erst schmeckt er lecker, dann wird er fad." Sie waren selbst zweimal verheiratet. Sind Sie fertig mit der Institution der Ehe?

Unterstützt wurde Hallervorden bei dem Album von Frank Nimsgern (l.) und Thomas Schmidt-Ott.

Unterstützt wurde Hallervorden bei dem Album von Frank Nimsgern (l.) und Thomas Schmidt-Ott.

(Foto: Peter Adamik / Telamo)

Ich sag mal ironisch: "Ehe ist ein staatlich begünstigter Kleinbetrieb zur Herstellung von Steuerzahlern." Und aus Erfahrung weiß ich: Heirat heißt Rechte halbieren und Pflichten verdoppeln.

Das Lied "Stuntfrau" wiederum ist eine offene Liebeserklärung an Ihre heutige Lebensgefährtin, die diesen Beruf ausgeübt hat. Viele Prominente würden sich sicher scheuen, sich derart privat in einem Song "nackig" zu machen. Hat Ihnen das nichts ausgemacht?

Ich mach mich nicht nackig, ich berichte nur ehrlich, dass ich glücklich bin. Und wenn man erst mal das Video zu diesem Song sieht, da geht aber humormäßig total die Post ab.

Wie hat Ihre Freundin auf das Lied reagiert?

Schmunzelnd und geschmeichelt. Im Video spielt sie selbst mit und gibt jede Menge Vorlagen für den Humor und die Spaßvarianten.

Äußerst selbstironisch ist dagegen das Stück "Palim, Palim". Klar, mit diesem Ausspruch aus einem berühmten "Nonstop Nonsens"-Sketch werden Sie für immer verbunden bleiben. Sehen Sie das eher als Fluch oder als Segen?

"Palim, Palim" trage ich als eine Art Verdienstorden, den mir die Zuschauer ans Revers geheftet haben.

Die gleiche Frage könnte man Ihnen an sich beim Song "Hallervorden" stellen. "I was born to be Hallervorden, bin halt einfach mal kein anderer geworden", heißt es darin. Das ist dann aber doch definitiv ein Segen, oder?

Ich freue mich, dass ich mich nie habe verbiegen lassen. Ich habe nie Gegenwind gescheut. Es macht mir Spaß und es ist mir ein Bedürfnis, meine persönliche Meinung kundzutun. Mainstream ist für mich nicht meinungsentscheidend. Man muss Mut haben, auch mal gegen den Strom zu schwimmen. Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt irgendwann an die Quelle.

Bei allem Humor und aller Ironie in den Songs - es blitzt doch sehr viel von dem durch, was Sie als Person ausmacht. Macht es einem Musik einfacher, sich zu offenbaren, als etwa die Arbeit als Komiker, bei der man ja doch stets eine Rolle spielt?

Bühne, selbst Fernsehen oder Kino, verlangen eine ganz andere Art zu arbeiten als das Erstellen von Songs in einer Studioatmosphäre ohne Zuschauer. Ich sage das nicht wertend, aber zwischen Komiker auf der Bühne und Privatperson im Studio klaffen Welten.

Eine der wichtigsten Maxime in Ihrem Leben, wenn nicht die wichtigste, scheint "Freiheit" zu sein. Was macht für Sie Freiheit aus?

Dass er sich der FDP nahe fühlt, ist kein Geheimnis.

Dass er sich der FDP nahe fühlt, ist kein Geheimnis.

(Foto: Dirk Dehmel / Telamo)

Freiheit ist kein Privileg, das verliehen wird, sondern ein Gut, das immer wieder neu erworben werden muss. Brot ist die Nahrung des Körpers, aber Freiheit ist die Speise der Seele.

Politisch fühlen Sie sich dementsprechend bei der FDP zu Hause. Auch das ist kein Geheimnis. Was ist Ihre zentrale Hoffnung, die Sie an die Liberalen in der neuen Regierung knüpfen?

Ich wünsche mir, dass die FDP dafür sorgt, dass Innovationen begünstigt werden, dass sie die Eigenverantwortung jedes Einzelnen stärkt und darauf achtet, dass faire Spielregeln im Wettbewerb eingehalten werden. Möge die FDP in vier Jahren als ein Garant dafür dastehen, dass sie im Rahmen der Möglichkeiten durchgesetzt hat, was im Wahlkampf versprochen war.

Heute werden Sie in all Ihren Facetten wahrgenommen. Sie sind eben nicht nur der Komiker, sondern auch der Kabarettist, der Theater-Intendant, der Schauspieler, der politisch denkende und nun auch noch der singende Hallervorden. In den 70er- und 80er-Jahren waren Sie dagegen eine Zeit lang für die breite Öffentlichkeit nur der blödelnde "Didi". Gab es einen Punkt, an dem Sie das gestört hat und auch bewusst dagegen angearbeitet haben?

Natürlich! Sonst wären ja wohl kaum Filme wie "Sein letztes Rennen" oder "Honig im Kopf" entstanden.

"Wenn's dann um Smalltalk-Themen geht, wenn sich's Nonstop um Nonsens dreht, dann ist mir meine Zeit zu schade", heißt es in "Keine Zeit". Das klingt fast wie eine Abrechnung mit "Didi" …

ANZEIGE
80 Plus
70
9,99 € 17,89 €
Zum Angebot bei amazon.de

Nein, es geht um Unterhaltungen, in denen geschwafelt wird. Wo Leute Fragen stellen, bei denen sie die Antwort gar nicht wirklich interessiert. Geschwätz ohne Sinn und Verstand – das ist mit dem Song gemeint.

Apropos Schauspielerei. Als Sie in "Sein letztes Rennen" oder "Honig im Kopf" zu sehen waren, haben einige bereits das verfrühte Hohelied auf Ihr Lebenswerk angestimmt. Jetzt ist auch das schon wieder sieben bis acht Jahre her. "Mit 90 wird die Zeit echt knapp", singen nun Sie selbst. Haben Sie keine Angst davor, sich womöglich auch selbst zu täuschen?

Mich selbst zu täuschen gehört nicht zu meiner vorrangigen Begabung.

Selbst wenn es um den "Tod" geht, klingt das auf Ihrem Album noch immer locker und unbeschwert. Sind Sie mit Blick auf die eigene Endlichkeit tatsächlich so unerschrocken?

Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das weiß, dass es sterben wird. Der Affe ahnt es vielleicht, aber er ist nicht ganz sicher, weil er ja nicht so oft zu Beerdigungen gehen muss. Ich denke: Man muss es nehmen, wie es kommt.

Glauben Sie eigentlich daran, dass nach dem Tod noch irgendetwas kommt?

Solange ein Leben nach dem Tod nicht bewiesen ist, genieße ich lieber erst mal, was mir hier und heute geboten wird.

Mit Dieter Hallervorden sprach Volker Probst

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen