King of Ring? King of Kotelett! Stefan Raab kriegt ein pa aufs Maul


Wie sieht er nur aus? Stefan Raab spannt das Publikum lange auf die Folter, ehe er seine wahre Erscheinung nach neun Jahren TV-Abstinenz preisgibt und sich mal wieder von Regina Halmich vermöbeln lässt. Doch am Ende gerät der Boxkampf in Düsseldorf beinahe zur Nebensache.
Man kann spüren, dass es eine besondere Veranstaltung ist, die da am Samstagabend im PSD Bank Dome in Düsseldorf über die Bühne geht. Ja, vielleicht sogar so was wie das "Fernsehereignis des Jahrzehnts", wie es im Laufe des Abends immer mal wieder ganz unbescheiden heißen wird. Nicht, weil Promis der Marke Olivia Jones, Evelyn Burdecki oder Jens "Knossi" Knossalla nicht auch bei anderen Events, bei denen es was zu gucken gibt und Häppchen gereicht werden, gesichtet werden würden. Sondern, weil die Anspannung vor dem Boxkampf zwischen Stefan Raab und Regina Halmich geradezu mit Händen zu greifen scheint.
Überall wird ein bisschen getuschelt und gerätselt. Worüber? Natürlich über das, was Frank "Buschi" Buschmann auf den Punkt bringt: "Kommt er wirklich? Wie sieht er aus?" Die Sport-und-Spiel-Allzweckwaffe führt moderierend durch den Abend - neben Laura Wontorra und Elton, der als Raabs ehemaliger "Show-Praktikant" und Best Buddy sicher durchaus einige Interna preisgeben könnte, sich adäquat zu seinem feinen Zwirn jedoch in vornehmer Zurückhaltung übt.
Vor allem Buschis zweite Frage war es, die viele im Vorfeld beschäftigte. Schließlich hatte man Raab seit 2018, als er noch mal ein paar Live-Auftritte nach seinem TV-Abschied drei Jahre zuvor absolvierte, nicht mehr in natura zu Gesicht bekommen. Seit er Ende März verkündet hatte, für den Kampf gegen Halmich noch einmal ins Rampenlicht zurückzukehren, sah man ihn nur mit künstlicher Plauze oder - wie im letzten Werbevideo für den "Final Fight" - als mithilfe von Künstlicher Intelligenz zurechtgebastelten Adonis. Klar war: So sieht er ganz sicher nicht aus. Die Frage war nur: wie dann?
Harte Geduldsprobe
Buschis erste Frage, ob Raab nun wirklich kommen würde, dürfte hingegen eigentlich niemanden ernsthaft umgetrieben haben. Dass er die 13.000 zahlenden oder aber geladenen Gäste in der Halle oder gar das Millionenpublikum vor den Fernseh- und Streaming-Geräten mal eben mir nichts, dir nichts versetzen würde, war dann doch äußerst unwahrscheinlich.
Bis es dann aber so weit ist, dass Raab alle, die nur auf seine Erscheinung warten, endlich erlöst, stellen er und die Macher der Show rund um das Box-Duell die Zuschauerinnen und Zuschauer auf eine harte Geduldsprobe. Fast eineinhalb Stunden vergehen, in denen es in diversen Einspielfilmen mit Zeitzeugen von Campino und Herbert Grönemeyer über Thomas Gottschalk und Markus Lanz bis Anne Will und Judith Rakers eigentlich nur um eines geht: In Sachen TV-Unterhaltung war Stefan Raab einst der unangefochtene "King of Kotelett", wie er seinerzeit den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück im TV-Duell mit Angela Merkel titulierte.
Wir sehen Stefan Raab, den Ex-Viva-Anarcho, den TV-total-Erfinder, den Musik-Crack und das Kampfschwein. Aber wie artikuliert es ein Fan im Plausch mit Laura Wontorra so schön? "Raab ist uns alles wert." Und so verfolgen die Menschen im Düsseldorfer "Dome" auf XXL-Videoleinwänden gebannt das, was auch in den heimischen Wohnzimmern über die Bildschirme flimmert - bis, ja bis der erste Hauptdarsteller des Abends seinen großen Auftritt hat: Um 21.40 Uhr fährt der bis dato nicht zu sehende Boxring von der Decke, begleitet von einem pyrotechnischen Feuerwerk und Frank Buschmanns Jubelschrei: "Da ist das Ding!"
"Alle Menschen sind entzückt"
Weitere 15 Minuten später geht es dann endlich zur Sache. "It's showtime" - zumindest für Regina Halmich. Zu Live-Klängen der mit ihr befreundeten Metal-Queen Doro Pesch und mit der eindeutigen Kampfansage "Ich möchte das Comeback von Stefan Raab zerstören" entert sie den Ring. Die Sympathien hat sie dabei nicht auf ihrer Seite. Die Menschen in der Halle scheinen dann doch mehrheitlich auf einen Sieg der "Killerplauze" zu hoffen, die als klarer Underdog gehandelt wird. "Halmich gewinnt in der fünften oder sechsten Runde durch K.o." - so oder so ähnlich wie Buschmanns Einschätzung lauten dann doch viele Prognosen.
Während Halmich nach ihrem Einmarsch einsam im Ring alles dafür tut, Konzentration und Fokus auf den Kampf aufrechtzuerhalten, lässt Raab sie und das Publikum genüsslich weiter schmoren. Ein Countdown vorwärts und rückwärts, Helge Schneider, der "Katzeklo" singt, und Fitness-Influencerin Pamela Reif, die wie ein Engel an Drahtseilen durch die Luft schwebt, während sie Worte wie "Stefan Raab kehrt zurück, alle Menschen sind entzückt. Wunderschön, so wie er, wär ich gern, doch das ist schwer", haucht - nur einige der Show-Elemente, die den Höhepunkt des Abends weiter hinauszögern.
Geradezu sinnbildlich für den Spannungsbogen ist auch die eigens gebaute Showtreppe, die vom Boden bis unters Hallendach reicht und über die der in einen Kapuzenmantel gehüllte Raab durch Nebelschwaden, Laserblitze und Pyrodonner gemächlich herabschreitet. Unten angekommen gibt er dann gleich mal singend die Devise aus: "Jetzt gibt's ein pa aufs Maul." Sido und Ski Aggu dürfen auch noch kurz musikalisch ihren Senf dazu geben, ehe sich Raab in seiner vollen oberkörperfreien Pracht auf einem Podest zur Schau stellt. Ja, er ist trainiert. Ja, er hat abgespeckt - auf 85 Kilo, wie wir später erfahren. Und ja, er ist mit seinen inzwischen 57 Jahren auch ein bisschen gealtert, das Haar noch etwas lichter, der Bart ein wenig grauer geworden.
Raab nimmt es sportlich
Kein Zweifel: Als der "Vize-Meister im Frauen-Boxen" nach den Klängen von "Ich liebe deutsche Land" Halmich im Ring gegenübersteht, hofft er durchaus darauf, vielleicht doch für eine faustdicke Überraschung zu sorgen. Doch schon in der zweiten von insgesamt sechs angesetzten Runden wird deutlich, dass ihn allenfalls ein "Lucky Punch" retten könnte - schon da wird Raab zum ersten Mal angezählt. Nein, eine wirkliche Chance hat er bei allem Training, körperlicher Dominanz und womöglich auch größerer Schlagkraft gegen die nur 51 Kilo wiegende Ex-Boxweltmeisterin nicht. Wie schon in seinen ersten beiden Kämpfen 2001 und 2007 gegen Halmich wird er gründlich vermöbelt. Aber immerhin: Er hält die vollen sechs Runden durch und verliert am Ende nur nach Punkten.
Raab nimmt es sportlich. Als Halmich sich darüber beklagt, dass er sich in den Wochen und Monaten vor dem Kampf versteckt und nicht bei ihr gemeldet habe, drückt er der zehn Jahre jüngeren Kontrahentin zwar noch einen Spruch: "Ich bin ja kein Altenpfleger." Letztlich reckt er ihren Arm jedoch bereits zur Siegespose in die Höhe, noch ehe die Kampfrichterinnen und -richter das offizielle Urteil verkünden.
Ohnehin wird das Spektakel auf einen Schlag fast zur Nebensache, als Raab schließlich das ankündigt, was einige zwar erwartet hatten, bis dato aber noch Spekulation geblieben war: "Ich hab mir überlegt, ich mach wieder Shows." Da ist nicht nur das Publikum aus dem Häuschen, sondern sicher auch Elton, als ihm Raab verklickert: "Bei uns ist noch ne Praktikumsstelle frei."
DGHNDMBSR statt NWSDWH
Es ist die eigentliche Sensation des Abends, die der Jetzt-wieder-Entertainer im Anschluss noch genauer auf einer Pressekonferenz erläutert und die kurz darauf per offizieller Mitteilung die Ticker heißlaufen lässt: Raab hat einen exklusiven 5-Jahres-Vertrag mit RTL geschlossen. Seine erste Show heißt "Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab", kurz DGHNDMBSR und nicht etwa NWSDWH. Lange war gerätselt worden, was das Kürzel in Raabs Werbevideos für den Kampf gegen Halmich wohl zu bedeuten hätte. Gar nichts, klärt er nun auf. Es sei die Abkürzung für den Namen der Show gewesen, ehe diese dann doch noch umbenannt wurde.
So heißt es nun also DGHNDMBSR. Und DGHNDMBSR startet tatsächlich bereits am Mittwoch um 20.10 Uhr - und das ausschließlich auf dem Streamingportal RTL+. Weitere Ausgaben des Formats, in dem Raab Kandidatinnen und Kandidaten vom Gewinn von einer Million Euro abhalten will, folgen danach im Wochenrhythmus.
Und dabei soll es nicht bleiben. Geplant seien "unter anderem verschiedene aufsehenerregende Primetime-Shows, die von Raab Entertainment entwickelt wurden und für die das Multitalent Ende des Jahres wieder vor die Kamera treten wird", gibt RTL bekannt, während der verlorene TV-Sohn auf der Pressekonferenz seinen neuen Heimatsender süffisant musikalisch feiert: "Mein RTL. Willkommen zu Hause." Nein, Raab ist vielleicht nicht der King of the Ring. Aber er ist zurück als der ultimative King of Kotelett des Entertainments.
Quelle: ntv.de