Kostenloses Telefonieren Jajah macht die Erde platt
22.01.2007, 13:39 UhrDie Idee zum kostenlosen telefonieren, aber wie gewohnt mit dem üblichen Telefonapparat, hatten zwei Wiener: Daniel Mattes und Roman Scharf. Dazu mussten irgendwie der Computer und das Internet dazwischen geschaltet werden. Amerikanische Investoren griffen die Idee auf, verlangten aber, dass Forschung und Umsetzung in Israel geschehe. Heraus kam "Jajah", wieder eine neue Idee, mit modernster Technologie die herkömmlichen Telefongesellschaften um lukrative Einkünfte zu bringen. "Jajah ist eine echte "flache-Welt-Firma” mit kleinen Büros und engagiertem Personal rund um den Globus", heißt es in der Selbstdarstellung der im vergangenen Jahr gegründeten Gesellschaft.
"Die Idee kam aus Österreich. Aber heute profitieren wir von einer Kombination von Mentalitäten. Die Österreicher sind Pedanten und Grafiker mit viel Kreativität. Wir Israelis haben in der Armee gelernt, unvorhergesehene Umstände schnell zu meistern. Die Amerikaner haben einen erbarmungslosen Sinn für Marketing", sagt Amichai, Sprecher der israelischen Zentrale von Jajah. In Israel wird die Entwicklung des Projekts abgewickelt und der "Support" (Kundendienst).
Das kostenlose Reden mit aller Welt war eine israelische Idee. Vor zehn Jahren ging Vocaltec auf den Markt mit einem Computerprogramm, von PC zu PC miteinander zu sprechen. Längst ist Skype der Marktführer für Telefonieren per Computerleitungen, sich per PC-Cam zu sehen, mal schnell Texte per Chat auszutauschen und vieles mehr. "Skype mich doch mal an", ist bei Jugendlichen zum gängigen Begriff geworden, anstelle des miteinander "telefonieren". Bis zu 9 Millionen Benutzer sind bei Skype gleichzeitig auf der Leitung. Doch Jajah habe innerhalb nur eines Jahres schon über eine Million Abonnenten gesammelt und sich zur zweiten Position hochgearbeitet.
Längst haben auch Firmen die Vorzüge der billigen Kommunikation erkannt. Sogar Nachrichtenagenturen, darunter apa, haben das Skype Programm "runtergeladen", auf ihren Computern "installiert" und für ihre Korrespondenten weltweit zum Pflicht-"Programm" gemacht. Doch Skype hat einen haken. Man benötigt Mikrofon und Lautsprecher oder Kopfhörer und sitzt am Computer, was nicht jedermanns Sache ist.
Vom Computer aus die Oma im Festnetz anzurufen, die noch keinen Computer besitzt, aber das altherkömmliche Telefon, kostet Geld. Minutengebühren sind bei Skype-out spürbar niedriger als bei herkömmlichen Telefongesellschaften. Um die besagte Oma fast kostenlos anzurufen, gibt es andere Anbieter, etwa aus dem Haus Betamax in Köln. Da kann man sich "Voipbuster" oder "Sparvoip" als Programm in den Computer runterladen und kostenlos telefonieren. Wer mit Österreich oder mit der Schweiz ohne Geld reden will, holt sich "Voipbuster". Deutschland und ein Dutzend anderer Länder wie Taiwan, Malaysia, Ungarn und Süd Korea sind bei "Sparviop" kostenlos. Der Haken bei diesen Programmen ist, dass man alle drei Monate 10 Euro auf deren Konto legen muss. Dieses Geld verbraucht man für kostenpflichtige Gespräche, wenn man ein Handy anruft oder kostenpflichtige Länder wie Indien, Nigeria, Israel oder Marokko.
Jajah baut auf den Gewohnheitsmensch mit herkömmlichem Telefon. Am Computer oder über das Handy gibt man erst die eigene Nummer ein und dann die gewünschte Nummer des Partners. Hierzu klickt man die Homepage www.jajah.com an. Man muss kein Programm im PC einrichten. Wenn die Telefonnummern beider Gesprächspartner bei Jajah als Abonnenten (kostenlos) registriert sind, kostet das Gespräch nichts. Nachdem man beide Nummern eingegeben hat, klingelt das eigene Haustelefon, während gleichzeitig die Verbindung zum Telefon des Gesprächspartners hergestellt wird. "So kann man mit seinem häuslichen schnurlosen Telefon im Wohnzimmer am Kamin sitzen und mit der Oma in Toronto reden, ohne Mikrofon und Kopfhörer am Computer im Arbeitszimmer."
Amichai verriet auch, wie seine Firma verdiene: "Wir bieten weitergehende Dienstleistungen wie Konferenzgespräche. Außerdem beschränken wir zeitlich die kostenlosen Kontakte. Wenn Firmen zusätzliche Dienstleistungen wünschen, liefern wir die zu niedrigen Preisen. Davon leben wir." Hauptsache, so Amichai, dass die Masse der Kunden kostenlos kommunizieren könne. Er prophezeit, dass in Kürze das Telefonieren in der ganzen Welt "preislos" sein werde und durch Werbung oder anders finanziert werde. Die Zeiten, wo monopolistische Telefongesellschaften horrende Minutenpreise für Gespräche verlangen, seien heute schon vorbei.
Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem
Quelle: ntv.de