"Discovery"-Start verschoben Reiter wartet weiter
01.07.2006, 20:41 UhrSchlechtes Wetter hat am Samstag den Start der Raumfähre "Discovery" mit dem Deutschen Thomas Reiter verhindert. Der Countdown wurde kurz vor dem geplanten Zünden der Triebwerke um 21.48 Uhr MESZ abgebrochen. Der Spaceshuttle kann jetzt erst am Sonntagnachmittag (Ortszeit) auf dem Weltraumbahnhof von Cape Canaveral in Florida einen neuen Startversuch machen.
Es ist erst der zweite Flug einer US-Raumfähre seit dem tödlichen "Columbia"-Desaster vom 1. Februar 2003 und der erste Flug seit knapp einem Jahr. Der 48-jährige Reiter soll mindestens sechs Monate auf der ISS bleiben. Er ist damit der erste Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation ESA, der einen Langzeitbesuch auf der Station macht, und auch der erste Deutsche an Bord der ISS. Erstmals seit drei Jahren werden damit wieder drei Raumfahrer in der Station sein.
"Reiter steht für die gesamte europäische Raumfahrt, die gesamte ESA steht hinter ihm", sagte ESA-Generaldirektor Jean Jacques Dordain. "Er ist sehr cool, freut sich darauf, im Orbit Gitarre zu spielen, und er ist in bester Verfassung." Der musikbegeisterte Reiter wolle also nicht nur auf der Station als Bordingenieur und Betreuer wissenschaftlicher Experimente arbeiten, sondern "auch Vergnügen haben".
Mit Reiter verstärkt die ESA die wissenschaftlichen Aktivitäten an Bord der ISS und wartet auf den Start des europäischen Weltraumlabors "Columbus" im September 2007. So viel Wissenschaft wie dann habe die ESA noch nie an Bord der ISS gehabt, sagte Dordain. "Wir arbeiten hart daran, dass Europa ein Partner im Weltraum ist, ohne den große Erkundungen nicht möglich sind." Als "Aushängeschild europäischer Raumfahrt und Wissenschaft" werde der Reiter Anfang August als erster Europäer einen sehr wichtigen Außeneinsatz unternehmen. Während seiner Zeit auf der ISS werde der Deutsche mehr als 160 Stunden an Experimenten arbeiten.
Von einer "großen Stunde für die deutsche Raumfahrt" sprach der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Sigmar Wittig. "Reiter ist ein halbes Jahr lang die ganz zentrale Figur auf der Station. Er übernimmt einen russischen Platz, betreibt die Station mit und betreut aktiv 25 Experimente, darunter acht deutsche", sagte Wittig. "Raumfahrt muss wieder dieses Image des Erfolges haben", begrüßte Wittig die Wiederaufnahme der Shuttle-Flüge.
Der Direktor der US-Raumfahrtbehörde NASA, Michael Griffin, sieht kein Sicherheitsrisiko für die Shuttle-Crew. Er sei zufrieden und für die Raumfähre bestehe kein Risiko. Sie sei in einem bemerkenswert guten Zustand.
Griffin bezeichnete vom Außentank fallende Schaumstoffstücke als verständliche Besorgnis, warnte aber vor Panikmache. "Das Fliegen des Shuttles ist aus vielen Gründen nicht ohne Risiko -über den Schaumstoff hinaus", sagte Griffin. Ein 700 Gramm schweres Stück Isolierschaum hatte beim Start der "Columbia" ein Loch in den Hitzeschild der Raumfähre geschlagen und damit das Unglück ausgelöst.
Nach dem Start dauert es achteinhalb Minuten, bis die Raumfähre den Orbit erreicht. Am Montag soll die "Discovery" an der ISS andocken.
Quelle: ntv.de