Panorama

Hakenkreuze auf der Brust Bayreuth entlässt Sänger

In wenigen Tagen beginnen die Wagner-Festspiele in Bayreuth – allerdings ohne den russischen Sänger Nikitin. Wegen seiner Hakenkreuz-Tätowierungen muss der als "Holländer" verpflichtete Bass-Bariton abreisen. Wer ihn ersetzt, ist offen. Die Bayreuther Festspiele schrammen womöglich haarscharf an einem Skandal vorbei.

Evgeny Nikitin.

Evgeny Nikitin.

(Foto: dpa)

Wegen Hakenkreuz-Tätowierungen hat der "Holländer"-Sänger Evgeny Nikitin seinen Auftritt bei den Bayreuther Festspielen abgesagt - und das nur wenige Tage vor der Eröffnungspremiere am kommenden Mittwoch. "Mir war die Tragweite der Irritationen und Verletzungen nicht bewusst, die diese Zeichen und Symbole besonders in Bayreuth und im Kontext der Festspielgeschichte auslösen", teilte der Russe mit.

Die Festspielleitung und der Regisseur seien durch Filmaufnahmen im ZDF auf eine Tätowierung am Oberkörper aufmerksam geworden, sagte Festspielsprecher Peter Emmerich. Oberhalb der Brust habe man ein Hakenkreuz erkennen können. Aktuelle Bilder des Sängers, die in den vergangenen Tagen veröffentlicht wurden, zeigen, dass sich an jener Stelle am Oberkörper inzwischen ein sehr farbintensives Tattoo befindet.

"Dazu muss man Haltung beziehen. Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", sagte Emmerich. Am Vormittag hatte sich die Festspielleitung mit Nikitin getroffen. Danach veröffentlichte der Sänger seine Erklärung. Am Nachmittag war er nach Emmerichs Worten bereits aus Bayreuth abgereist. Die Festspiele müssen sich nun binnen weniger Tage einen anderen Sänger für die Neuinszenierung des "Fliegenden Holländers" suchen.

"Ein großer Fehler"

"Ich habe mir die Tattoos in meiner Jugend stechen lassen. Es war ein großer Fehler in meinem Leben und ich wünsche mir, dass ich es niemals getan hätte", schrieb Nikitin. Der Russe hatte in mehreren Interviews zuvor erklärt, früher in einer Metal-Band gespielt zu haben. Die Filmaufnahmen stammen aus dieser Zeit und zeigen Nikitin mit freiem Oberkörper und kahlrasiertem Kopf am Schlagzeug.

Emmerich sagte, die Festspielleitung habe bei der Besetzung der "Holländer"-Partie nicht auf die Tätowierungen geachtet. "Es wird eine Stimme engagiert, ein Sänger." Hautfarbe oder Nationalität spielten ja auch keine Rolle. Und genauso werde normalerweise auch nicht überprüft, "was jemand auf der Haut trägt". Hier aber liege eine andere Situation vor.

Die Verzahnung der Festspiele mit Nazi-Diktatur und Antisemitismus markiert eines der dunkelsten Kapitel der Musikgeschichte in Deutschland. Richard Wagner hatte sich wiederholt judenfeindlich geäußert. Seine Frau Cosima, die die Festspielleitung nach Wagners Tod übernahm und das Festival zum großen Kulturereignis formte, steht für den Antisemtismus am Festspielhügel.

Am Sonntag öffnet in Bayreuth eine Sonderausstellung, die sich der Judenfeindlichkeit und dem deutsch-nationalen Gedankengut in der Festspielgeschichte widmet. Beides mündete in der Verschmelzung der Festspiele mit dem Nationalsozialismus. Adolf Hitler war regelmäßig Festspielgast, wurde mit seiner Entourage in Bayreuth umjubelt und verehrte Richard Wagners Werk. Die Ausstellung zeigt auch: Antisemitismus und die Verherrlichung deutsch-nationaler Gedanken hatten schon vor der Machtübernahme Hitlers ihren festen Platz bei den Festspielen. Nur mühevoll gelang in den 1950er Jahren ein Neustart.

Quelle: ntv.de, jga/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen