Warnstufe "Orange" für 400 Millionen Menschen Chinese verklagt Regierung wegen Smogs
25.02.2014, 09:12 Uhr
Die Luft raubt den Menschen in China den Atem: Behörden erhöhen wegen des Smogs die Alarmstufe in sechs Provinzen auf "Orange". Vielerorts beschweren sich Bürger. Einer von ihnen will gerichtlich gegen die Regierung vorgehen.
Erstmals ist die chinesische Regierung wegen Versagens be i der Bekämpfung der Luftverschmutzung verklagt worden. Ein Bewohner der Hauptstadt der Provinz Hebei, Shijiazhuang, reichte die Klage bei einem Bezirksgericht ein, wie staatliche Medien berichteten. Darin werden die Behörden aufgefordert, ihre gesetzliche Pflicht zur Kontrolle der Luftreinhaltung zu erfüllen. Zugleich fordere Li Guixin als Kläger Schadenersatz für die vom Smog betroffenen Bewohner, hieß es. Ob das Gericht die Klage zulässt, blieb zunächst offen.
Wegen des schlimmen Smogs in China haben die Behörden für rund 400 Millionen Chinesen im Norden und in den mittleren Regionen des Landes die zweithöchste Alarmstufe "Orange" ausgerufen. Seit mehreren Tagen galt diese Alarmstufe bereits in der Hauptstadt Peking. Das Meteorologische Zentrum verhängte den Smog-Alarm nun auch für die Metropole Tianjin sowie die sechs Provinzen Hebei, Shanxi, Shandong, Henan, Shaanxi und Liaoning.
Die Luftwerte für den besonders gefährlichen Feinstaub erreichten in Peking das 17- bis 20-fache des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwertes. In der nordöstlich von Peking gelegenen Stadt Tangshan wurde sogar das 34-fache des WHO-Richtwertes gemessen. Auf einer Echtzeit-Karte sind die besorgniserregenden Werte zu sehen.
Verschmutzte Luft weht nach Seoul
Seit mehreren Tagen raubt die extreme Luftverschmutzung China den Atem - betroffen sind vor allem der Norden und Osten des Landes. Immer mehr Patienten müssen mit Atemwegs- und Augenproblemen ins Krankenhaus. Die Schadstoffe aus China wehen sogar bis in die südkoreanische Hauptstadt Seoul, wo die Stadtregierung die Menschen aufforderte, nicht vor die Tür zu gehen.
Das Gesundheitsamt in Peking warnte vor gesundheitlichen Folgen und rief besonders ältere Menschen und Kinder auf, daheimzubleiben. Die 20 Millionen Einwohner der Hauptstadt sollten sich mit Atemmasken schützen, wenn sie nach draußen müssten. Sie sollten auch ihre Autos stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel nehmen.
"Wir haben viel mehr Patienten mit Atemwegsentzündungen", berichtete eine Schwester des großen Chaoyang Hospitals. Viele Pekinger Krankenhäuser seien "voller Patienten", berichtete die Zeitung "Beijing Ribao". Mehr als ein Drittel leide unter Problemen, die durch den Smog ausgelöst worden seien.
Krankenhäuser sind voll
Die Zahl der Patienten mit akutem Asthma und Lungenemphysemen in Pekings Krankenhäusern habe sich seit Donnerstag verdoppelt, berichtete das Staatsradio. Nach Schätzungen renommierter chinesischer Wissenschaftler sterben jährlich 350.000 bis 500.000 Chinesen vorzeitig an den Folgen der hohen Luftverschmutzung.
Als Reaktion auf den Smog wurden in der Stadt Shijiazhuang in der um Peking herum liegenden Provinz Hebei vorerst je nach Endziffer des Nummernschildes ein Fünftel der Autos von der Straße genommen. Mehrere Betriebe der Stahlindustrie mussten schließen. Auch in Peking wurden 36 Unternehmen geschlossen, während 75 die Produktion drosseln mussten.
Die Alarmstufe "Orange" in der Hauptstadt war am Freitag zum ersten Mal in diesem Winter ausgerufen worden. In der Bevölkerung herrschte angesichts der schwer erträglichen Luftverschmutzung aber wenig Verständnis, warum nicht die höchste Stufe "Rot" ausgerufen und einschneidende Maßnahmen wie ein Fahrverbot für die Hälfte der Autos ergriffen und mehr Fabriken geschlossen werden.
Ärzte warnen vor den gesundheitlichen Gefahren des Smogs besonders für ältere und kränkliche Menschen sowie Kinder. Hohe Schadstoffbelastungen schwächten das Immunsystem und könnten den Ausbruch von Atemwegsproblemen oder Herz- und Kreislauferkrankungen erleichtern.
Quelle: ntv.de, fma/dpa