Panorama

Es wird kälter und sonniger Der Winter kommt erst noch

Spaziergänger im Ostseebad Heiligendamm.

Spaziergänger im Ostseebad Heiligendamm.

(Foto: dpa)

Von Frost und Schnee keine Spur. Stattdessen Frühlingsgefühle Anfang Januar. Bleibt das jetzt so? "Nein", meint n-tv Meteorologe Björn Alexander und erinnert an den letzten Winter, der auch erst "hintenraus richtig losgelegt hat".

n-tv.de: Björn, können wir Schlitten und Ski schon für den nächsten Winter einmotten?

Björn Alexander: Ich schreibe den Winter bisher noch nicht ab. Zwar ist mittelfristig – also bis in die kommende Woche hinein – kein richtiger Winter in Sicht. Aber es gibt doch einige Punkte, die dafür sprechen, dass wir schon noch mit der kalten Jahreszeit rechnen müssen. Da sind zum einen die klimatologischen Gründe: der kalendarische oder astronomische Winter hat erst vor zwei Wochen begonnen. Das meist liegt also noch vor uns. Zum anderen ist die Zeit des Hochwinters eben erst im Januar und Februar. Und denken wir beispielsweise an den Winter 2011/2012, dann haben wir in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft ein prima Beispiel für einen Winter, der erst hintenraus richtig losgelegt hat.

Mein Gedächtnis in Sachen Wetter ist nicht so gut ausgeprägt. Oder ich habe es aus gutem Grunde verdrängt. Wie war denn der letzte Winter?

Der Dezember 2011 war 3 Grad zu warm. Der Januar 2012 brachte es auf einen Temperaturüberschuss von knapp 2,5 Grad. Beide Monate waren außerdem sehr nass. Etwa das 1,5- bis 2-fache der ansonsten üblichen Niederschläge sind gefallen. Und dann kam ein Februar, der den Titel "Hochwinter" wirklich verdient hat. Sibirische Kälte mit Dauerfrost am Tag, strenge Nachtfröste und zugefrorene Flüsse und Kanäle. Der Februar 2012 war fast 3 Grad kälter als normal. Weil es aber trockene Kälte aus Osten war, fielen nur wenig Niederschläge und das große Schneechaos blieb aus. Aber der Winter ist definitiv noch gekommen.

Gibt es denn Anzeichen dafür, dass uns der Winter noch einen Besuch abstattet?

Es gibt zumindest Anzeichen dafür, dass die sehr milde Strömung aus westlichen Richtungen über kurz oder lang schwächer wird und dadurch steigen die Chancen, dass sich bei uns östliche Winde durchsetzen können. Damit wären wir jetzt bei einem weiteren Punkt, der für ein Wintercomeback spricht. Um diese Umstellung zu sehen, müssen wir nicht nur in die Zukunft blicken. Es geht auch noch weit rauf in die Atmosphäre. Temperaturberechnungen für die Stratosphäre, die ja dank Felix Baumgartner deutlich an Bekanntheit zugelegt hat, zeigen, dass sich eine Umstellung anbahnt. Derzeitig erwärmt sich die Atmosphärenschicht zwischen 20 und 35 Kilometern Höhe. Damit ändert sich das Zirkulationsmuster über der Nordhalbkugel und das hat wiederum zur Folge, dass die Westwinddrift schwächer wird oder ganz zusammenbricht.

Erwärmung der Stratosphäre -hat das was mit dem Klimawandel zu tun?

Diese Erwärmung hat erst einmal was mit unserem Wetter zu tun. Eine Entwicklung, die in die Jahreszeit passt. Keine Angst also, wenn es wieder kälter wird. Zum Thema "Klimawandel" lässt sich natürlich viel sagen. Fakt ist: Es gibt ihn, es gab ihn schon immer und es wird ihn immer geben – mit oder ohne Mensch. Sehr bedenklich ist die Geschwindigkeit, die offensichtlich durch unser Dazutun schneller ist, als sie es unter "ungestörten" Bedingungen wäre. Allerdings lässt sich der menschliche Anteil am Klimawandel nicht einfach so berechnen. Da gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen.

Wie ist deine?

Ich würde sagen, dass es eigentlich keine Rolle spielt. Wir sollten so oder so versuchen, mit den Ressourcen vernünftig umzugehen. Keine Panik also, aber sinnvolles Handeln. Problematisch dabei ist allerdings, dass wir in Deutschland viel machen, um das Klima zu entlasten und dass es wirklich viele gute Ansätze gibt. Aber das hat natürlich auch immer etwas mit dem "Entwicklungsstand" einer Gesellschaft zu tun. Wir können es uns leisten, über die Zukunft und globale Probleme nachzudenken. In vielen anderen Ländern sind aber andere Probleme an der Tagesordnung. Wenn du nicht weißt, was dich am nächsten Tag ernährt oder wie du an Wasser für dich und deine Kinder kommst, dann ist das Weltklima gerade mal eine zu vernachlässigende Größe - auch wenn der Klimawandel  innerhalb der nächsten Jahrzehnte eine weitere Verlagerung der Anbau- und Lebensflächen haben dürfte.

Was gerade die armen Länder trifft.

Stimmt. Diese Wüstenbildung oder Desertifikation verschlimmert natürlich die Lage vieler Menschen – gerade in den Entwicklungsländern, wo deutlich über eine Milliarde Menschen von Trockenheit betroffen sind. Und wenn wir in unserer  Geschichte nur einige Jahre zurückgehen, dann stellt man fest: auch bei uns hat in den 1950ern und 1960ern das klimatologische Gewissen keine Rolle gespielt. Unwissenheit, gepaart mit dem Willen zum wirtschaftlichen Fortschritt - das ist keine gute Kombination, wenn es um den Klimaschutz geht.

Björn Alexander.

Björn Alexander.

(Foto: n-tv)

Ein weites Feld, das zum Diskutieren einlädt. Der verliert man doch glatt das Wetter aus den Augen.

Also kommen wir zurück zum Wetter. Das bringt uns jetzt erst einmal eine Lage, die alles andere als winterlich ist. Auch zum Start ins Wochenende bleibt uns die milde Nordseeluft erhalten. Die Temperaturen liegen häufig zwischen 5 und 12 Grad. Im Südosten tendenziell weiterhin mit reichlich Regen. Die Schneefallgrenze liegt bei etwa 1200 Metern. Derweil schiebt sich aber von Südwesten ein Hoch heran und das sorgt in der Folge zum Sonntag überall für abklingende Niederschläge. Die Sonne hat es zwar schwer, sich gegen die zahlreichen Wolken und Hochnebelfelder durchzusetzen. Da und dort wird es ihr aber gelingen, am häufigsten im Südwesten. Der Start in die neue Woche bringt erst einmal wenig Änderung. Jedoch gehen die Temperaturen langsam etwas zurück.

Wie viel ist "etwas"?

Zu Beginn der neuen Woche dürften die Tageshöchstwerte sich meistens zwischen 3 und 8 Grad bewegen. Nur in den westlichen Landesteilen sind am Montag noch Werte um 10 Grad möglich. Und damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit von leichten Nachtfrösten. Es gibt also einen leichten Hauch vom Winter. Weil sich das Ganze unter Hochdruckeinfluss abspielt, sind Niederschläge selten und die Sonne kann sich zeit- und gebietsweise zeigen.

Das hört sich doch gar nicht so schlecht an.

Finde ich auch.

Quelle: ntv.de

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