Österreich befürchtet Dammbruch Dresden bangt, in Bayern steigen die Pegelstände
17.09.2024, 06:26 Uhr Artikel anhören
In Dresden wird mit einem Überschreiten der Sechs-Meter-Marke für diesen Dienstag gerechnet.
(Foto: IMAGO/EHL Media)
Die Lage in den Hochwassergebieten bleibt angespannt. An Oder und Elbe drohen Wasserwalzen aus den Nachbarländern. Auch in Bayern steigt das Wasser. In Österreich könnte es zu einem weiteren Dammbruch kommen. Eine polnische Kleinstadt ist verwüstet, in Tschechien ist die Armee im Einsatz.
In weiten Teilen der Hochwassergebiete in Mittel- und Osteuropa herrscht Land unter. Straßen und Felder sind überschwemmt, Keller und Häuser vollgelaufen, Dämme und Deiche teils zerstört. Bisher kamen mindestens 18 Menschen bei dem verheerenden, tagelangen Regen ums Leben. In Deutschland müssen sich die Menschen an Oder und Elbe auf die Wasserwalze aus Zuflüssen in angrenzenden Ländern einstellen.
An der Elbe in Dresden nähert sich der Pegelstand in langsamen Schritten der Sechs-Meter-Marke. Das Wasser stand am Pegel Dresden um 7 Uhr bei 5,86 Metern, wie aus Daten des sächsischen Hochwasserzentrums hervorging. Demnach könnte noch die Alarmstufe 3 erreicht werden, die an dem Pegel ab gut sechs Metern Wasserstand gilt - normal sind 1,42 Meter. Bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 9,40 Meter.
Bereits am Montag hatte sich ein weniger drastischer Verlauf des Hochwassers an der Elbe abgezeichnet als ursprünglich befürchtet. Hydrologen hatten eingeschätzt, dass die Elbe den Richtwert der Alarmstufe 4 weder am Pegel Schöna noch am Pegel Dresden erreichen wird. In Schöna, nahe der tschechischen Grenze galt am Dienstagmorgen weiter Alarmstufe 3, das Wasser stand dort bei 6,31 Metern (Stand: 7.00 Uhr).
Der ergiebige Regen im Süden und Osten von Bayern soll laut Prognose des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bis zum Mittag nachlassen. Vorher müssen sich die Menschen aber auf erneut steigendes Wasser einstellen. In Passau überschritt der Pegelstand der Donau am frühen Morgen den Richtwert der Warnstufe 3, wie der Hochwassernachrichtendienst Bayern meldete. Mehrere Straßen, Fußwege und Parkplätze wurden gesperrt. Auch der Fluss Sempt in Oberbayern schwillt nach einem ersten Rückgang des Wassers wieder an. Am Pegel Berg nahe der Gemeinde Wörth (Landkreis Erding) wurde ebenfalls die Warnstufe 3 erreicht.
Sorge vor Dammbrüchen in Österreich
In Österreich wurde am Montagabend ein weiterer Toter in den Fluten entdeckt. Ob der etwa 40- bis 50-jährige Mann auch ein Hochwasser-Opfer ist, ist noch unklar. Zahlreiche weitere Menschen werden vermisst. Außerdem wächst die große Sorge vor weiteren Dammbrüchen. "Es besteht höchste Dammbruchgefahr", hieß es von den österreichischen Behörden.
Mehr als 200 Straßen in Niederösterreich sind gesperrt, 1.800 Gebäude geräumt worden. Es gab auch Stromausfälle. In Niederösterreich waren in den vergangenen Tagen regional bis zu 370 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen - ein Mehrfaches der üblichen Monatsmenge. In Wien gibt es noch Probleme im öffentlichen Verkehr. Am Wienfluss, der sonst als Rinnsal, seit Sonntag aber als reißender Fluss mitten durch die Stadt geht, gab es leichte Entspannung. In Österreich stehen nach Angaben von Kanzler Karl Nehammer aus dem Katastrophenfonds zunächst 300 Millionen Euro zur Beseitigung der Schäden zur Verfügung. Der Hilfstopf könne bei Bedarf noch aufgestockt werden, hieß es.
Polnische Stadt Klodzko verwüstet
In der polnischen Kleinstadt Klodzko rund 100 Kilometer südlich von Breslau sah ein Teil der Fußgängerzone aus wie nach einer Bombenexplosion. In den Läden im Erdgeschoss waren Schaufenster und Türen herausgerissen. Drinnen waren Regale umgestürzt, lose Kabel hingen herum. In Klodzko war die Glatzer Neiße, ein Nebenfluss der Oder, über die Ufer getreten.
Am selben Fluss liegt die Kleinstadt Nysa, wo das Wasser in die Notaufnahmestation des örtlichen Kreiskrankenhauses eindrang, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete. 33 Patienten wurden mit Schlauchbooten in Sicherheit gebracht, darunter Kinder und Schwangere. Örtliche Behörden ordneten Evakuierungen in Nysa sowie in Paczkow an. In der Kleinstadt im Südwesten Polens war ein Riss in der Staumauer eines Stausees festgestellt worden. 4.900 Soldaten wurden PAP zufolge zur Unterstützung der lokalen Behörden der vom Hochwasser betroffenen Gebiete abgestellt. Regierungschef Donald Tusk kündigte für die Hochwasseropfer im Südwesten des Landes zudem die Bereitstellung von Hilfsgeldern in Höhe von einer Milliarde Zloty (rund 240 Millionen Euro) an.
Tschechien setzt Armee im Katastrophengebiet ein
Die Regierung in Tschechien beschloss wegen der Hochwasser- und Überschwemmungskatastrophe den Einsatz der Armee. Es sei geplant, dass bis zu 2.000 Soldaten mit entsprechender Technik die zivilen Behörden bis Ende Oktober unterstützen, wie Verteidigungsministerin Jana Cernochova auf X mitteilte. Armeehubschrauber sollen Menschen in den am stärksten betroffenen Regionen im Nordosten Tschechiens mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgen. Soldaten sollen zudem bei den Aufräumarbeiten nach der Flut helfen.
Nach intensivem Regen sind in Tschechien zahlreiche Flüsse und Bäche über die Ufer getreten. Bisher wurden drei Todesfälle bestätigt, mindestens sieben weitere Menschen werden vermisst. In Ostrava, der drittgrößten Stadt des EU-Mitgliedstaats, kam es zu Dammbrüchen am Zusammenfluss von Oder und Opava. Vielerorts sind Geschäfte und Supermärkte überflutet, Wasser- und Stromversorgung sowie die Mobilfunknetze ausgefallen.
In Rumänien ist vor allem der Osten des Landes betroffen. Am Montag sei das siebte Opfer im ostrumänischen Dorf Grivita nahe der Stadt Galati gefunden worden, berichtete die rumänische Nachrichtenagentur Mediafax unter Berufung auf den Katastrophenschutz. Rund 6.000 Bauernhäuser wurden vom Hochwasser erfasst, viele liegen in abgelegenen Dörfern. Menschen kletterten auf Hausdächer, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. Hunderte Feuerwehrleute waren im Einsatz.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa