"Das ist wie ein Kriegsgebiet" Feuer des Tankzugs ist gelöscht
08.07.2013, 01:47 Uhr
Erst nach und nach wird das gesamte Ausmaß der Tragödie offenbar.
(Foto: REUTERS)
Zwei Tage dauert es, bis der brennende Tankzug in Kanada gelöscht ist. Vorsichtshalber werden einige Waggons aber weiter mit Wasser abgekühlt. Derweil entdecken die Behörden zwei weitere Leichen - die Zahl der Opfer steigt damit auf fünf. Das Zentrum von Lac-Mégantic wurde durch die Explosion nahezu ausgelöscht.
Fast zwei Tage nach der verheerenden Explosion eines entgleisten Tankzugs in Kanada ist der dadurch verursachte Großbrand endlich gelöscht. "Die Flammen, die Feuer sind gelöscht", sagte der örtliche Chef der Feuerwehr, Denis Lauzon. "Wir haben gewonnen." Zwei Tankwaggons würden vorsichtshalber weiter mit Wasser besprengt, damit sie abkühlten, führte Lauzon aus.
Durch die Explosion in der Kleinstadt Lac-Mégantic in Québec waren mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Polizeisprecher Michel Brunet sagte, bislang seien fünf Leichen entdeckt worden. Da noch 40 Menschen vermisst würden, rechne die Polizei aber mit "viel mehr" Opfern. Ein Feuerwehrmann, der anonym bleiben wollte, hatte zuvor gesagt, zum Unglückszeitpunkt hätten sich allein 50 Menschen in einer Bar in der Nähe der Explosion befunden. Von dem Lokal sei nun "nichts mehr übrig".
Die Identifizierung der Opfer dürfte sich allerdings schwer gestalten, wie eine Vertreterin der Gerichtsmedizin, Geneviève Guilbault, sagte. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Leichen stark verkohlt seien. Angesichts der Schwere des Brandes sei es nicht auszuschließen, dass bestimmte Leichen gar nicht identifiziert werden könnten.
"Das Stadtzentrum ist zerstört"
Kanadas Premierminister Stephen Harper besuchte das zerstörte Stadtzentrum von Lac-Mégantic. "Das ist wie ein Kriegsgebiet", sagte er. Das Ausmaß der Zerstörung sei "unglaublich, schwer vorstellbar". Er sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und versicherte Québec jede notwendige Hilfe der Zentralregierung. "Das Stadtzentrum ist zerstört", konstatierte auch die Premierministerin der betroffenen Provinz Québec, Pauline Marois.
Ein Sprecher der Provinzpolizei sagte, ein großer Teil des Unglücksortes sei den Ermittlern immer noch nicht zugänglich, weil die Feuerwehr die Bereiche noch nicht gesichert habe. Ermittler der kanadischen Behörde für Verkehrssicherheit untersuchten die Lokomotive und stellten Daten ihrer Black Box sicher.
Der mit Rohöl beladene Zug war in der Nacht zum Samstag (Ortszeit) führerlos durch Lac-Mégantic gerast und entgleist, woraufhin mehrere Kesselwagen explodierten. Durch das Flammeninferno wurde das Zentrum der 6000-Einwohner-Stadt völlig zerstört. Etwa 40 Gebäude wurden massiv beschädigt, von manchen blieben nicht einmal die Grundmauern übrig. Etwa 2000 Einwohner mussten ihre Häuser verlassen, einige von ihnen durften inzwischen zurückkehren. Das Rote Kreuz richtete Notunterkünfte ein.
Mindestens vier Waggons explodierten
Den kanadischen Behörden zufolge bestand der Tankzug aus fünf Lokomotiven und 72 mit je 100 Tonnen Öl beladenen Waggons, von denen später mindestens vier explodierten. Laut dem Bahnunternehmen Montreal Maine & Atlantic hatte der Zug zunächst wegen eines Personalwechsels im 13 Kilometer entfernten Nachbarort Nantes gehalten.
Trotz gezogener Bremsen sei er dann plötzlich ohne Lokführer die abschüssigen Gleise hinunter nach Lac-Mégantic gerollt, das rund 250 Kilometer östlich der Metropole Montréal liegt. Zeugen berichteten später von mindestens sechs Explosionen und einem riesigen Feuerball über der Ortschaft.
Quelle: ntv.de, AFP