Panorama

Frage nach der Verantwortung Köln gedenkt der Opfer

An der Einsturzstelle

An der Einsturzstelle

(Foto: APN)

Am Jahrestag des Stadtarchiv-Einsturzes erhebt Oberbürgermeister Roters schwere Vorwürfe gegen die Baufirmen und die Kölner Verkehrsbetriebe: Wenige Wochen vor dem Einsturz sei in der U-Bahn-Baugrube Waidmarkt nahe des Gebäudes ein erheblicher Wassereinbruch festgestellt worden.

Mit zwei Gedenkminuten hat Köln an den Einsturz des Stadtarchivs vor genau einem Jahr erinnert. Busse und Bahnen standen um 13.58 Uhr vorübergehend still. Zu dieser Uhrzeit war das Historische Stadtarchiv am 3. März vergangenen Jahres eingestürzt. Zwei junge Anwohner starben in den Trümmern. Dokumente von unschätzbarem Wert wurden verschüttet.

Khalin und Kevin starben vor einem Jahr beim Einsturz des Stadtarchivs.

Khalin und Kevin starben vor einem Jahr beim Einsturz des Stadtarchivs.

(Foto: dpa)

Die genaue Ursache des Einsturzes steht noch nicht fest, doch es gilt als sicher, dass das Unglück mit dem skandalträchtigen U-Bahn-Bau in Köln zu tun hatte: Direkt neben dem Archiv befand sich eine große U-Bahn-Baustelle.

Schwere Vorwürfe an Baufirmen und KVB

Im Zusammenahng mit dem Pfusch am Bau erhob Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) schwere Vorwürfe gegen die Baufirmen und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). Wenige Wochen vor dem Einsturz des Archivs sei in der U-Bahn-Baugrube nahe des Gebäudes ein erheblicher Wassereinbruch festgestellt worden, sagte Roters. Die KVB als Bauherrin und -aufsicht habe die Baufirmen vergeblich zur Abhilfe aufgefordert. Hier hätte der technische Vorstand der KVB handeln müssen: "Wer in dieser Situation zur Tagesordnung übergeht, hat mein Vertrauen verloren", sagte Roters bei einer Gedenkveranstaltung im Rathaus.

Frage nach der moralischen Verantwortung

Trauernde Kölner stehen vor dem Denkmal "Die trauernden Eltern" in der Kirche Alt Sankt Alban.

Trauernde Kölner stehen vor dem Denkmal "Die trauernden Eltern" in der Kirche Alt Sankt Alban.

(Foto: dpa)

Neben der noch ungeklärten rechtlichen gebe es auch eine politisch-moralische Verantwortung. "Gehört zu einem Neuanfang nicht auch dazu, den Platz frei zu machen?" fragte Roters. Das gesamte System der Bauaufsicht müsse auf den Prüfstand gestellt werden.

Die in den vergangenen Wochen bekanntgewordenen Pfusch-Vorwürfe beim Bau der Kölner U-Bahn hätten das Vertrauen der Menschen weiter erschüttert. "Wer von uns hätte sich vorstellen können, dass international handelnde Baufirmen in solch großem Umfang täuschen, manipulieren und betrügen, und dies bei Bauvorhaben, bei denen wir - wie beim Bau der Kölner U-Bahn - höchste Sicherheitsstandards verlangen", sagte Roters in Richtung des Baufirmenkonsortiums unter Federführung des Mannheimer Konzerns Bilfinger Berger.

Flutung am Heumarkt nicht mehr nötig

Inzwischen sind die Sicherungsarbeiten an der gefährdeten U-Bahn-Baustelle Heumarkt in der Innenstadt abgeschlossen. Die Zwischendecke, die der Grube Stabilität verleihen soll, sei fertig geworden, teilten Stadt und KVB mit. Wenn der Beton ausgehärtet ist, sei die Baustelle auch gegen höheres Hochwasser geschützt. Eine Flutung der Grube sei nun nicht mehr nötig.

Unterdessen sei der Grundwasserstand weiter gesunken. In den Betonwänden fehlen über 80 Prozent der stabilisierenden Eisenbügel. Der Schacht drohte einzubrechen, wenn das Rhein-Hochwasser und damit das Grundwasser stark gestiegen wären.

Immer mehr Pfusch am Bau

Das Kölner Stadtarchiv stürzte vor einem Jahr ein.

Das Kölner Stadtarchiv stürzte vor einem Jahr ein.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seit Wochen kommen fast wöchentlich immer wieder neue Verstöße gegen Bau-Vorschriften ans Licht. Erst am Dienstag bestätigte eine Sprecherin des NRW-Bauministeriums, dass die Aufzeichnungen über die aus dem Erdreich abgepumpten Sandanteile nicht gemäß den geltenden Regeln durchgeführt wurden. Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" zufolge hat es diese "inhaltlich unbefriedigenden" Aufzeichnungen bei den "Sandmengenmessungen" auch an der Baugrube Waidmarkt gegeben, wo vor einem Jahr das Stadtarchiv eingestürzt ist.

Quelle: ntv.de, hdr/dpa

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