Panorama

Schreiben von Rechtsextremen "NSU 2.0"-Drohmails auch gegen Deniz Yücel

Laut hessischem Innenministerium sollten Behörden im Text erwähnte Personen informieren - im Fall von Deniz Yücel ist das nicht passiert.

Laut hessischem Innenministerium sollten Behörden im Text erwähnte Personen informieren - im Fall von Deniz Yücel ist das nicht passiert.

(Foto: dpa)

Die Serie der Drohmails gegen Politiker, Künstler und Journalisten reißt nicht ab. Mehrere neue rechtsextremistische Schreiben mit dem Absender "NSU 2.0" betreffen auch Deniz Yücel. Von den Drohungen gegen ihn erfahren hat der Journalist allerdings nicht von der Polizei.

Die jüngsten Drohungen in rechtsextremistischen Schreiben mit dem Absender "NSU 2.0" betreffen einem Bericht zufolge auch den Journalisten Deniz Yücel. Das berichtet die "Welt am Sonntag". In mindestens zwei Schreiben tauche demnach erstmals auch sein Name auf. Der Journalist selbst hat keine Drohmails erhalten, dafür aber einige andere Personen des öffentlichen Lebens.

Die Schreiben mit identischem Inhalt seien nach Angaben der Zeitung am Freitag an insgesamt 15 Adressaten geschickt worden. Zu den Empfängern der E-Mails gehören dem Bericht zufolge Hessens CDU-Innenminister Peter Beuth sowie die Linksfraktionschefin im hessischen Landtag, Janine Wissler, und die Kabarettistin Idil Baydar. Beide Frauen hatten in den vergangenen Monaten bereits mehrmals rechtsextremistische Morddrohungen des "NSU 2.0" erhalten. Auch weitere Politikerinnen und andere Frauen des öffentlichen Lebens waren betroffen.

In dem neuen Schreiben werden laut "Welt am Sonntag" sowohl Yücel als auch eine Journalistin der "taz" beleidigt und bedroht. Yücel bezeichnete es als "verstörend", dass er erst durch die Recherchen seiner Kollegen von dem Drohschreiben erfahren habe. Die Polizei habe sich bislang nicht mit ihm in Verbindung gesetzt.

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sind neben den bislang bekannten Fällen auch zwei weitere Frauen Ziel von Drohschreiben gewesen. Eine Berliner Kolumnistin sowie eine Strafverteidigerin aus München hätten der Zeitung gesagt, die hessische Polizei habe sie im vergangenen Jahr informiert, dass Briefe abgefangen worden seien, die derselben Quelle zugerechnet würden. Beide Frauen wollten zu ihrem Schutz anonym bleiben.

Journalistenverband fordert Aufklärung

Ein Sprecher des hessischen Innenministeriums sagte der "Welt am Sonntag", man habe Kenntnis von dem neuen Drohschreiben. Im Text erwähnte Personen sollten eigentlich darüber informiert werden, sagte er.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die Ermittlungsbehörden auf, die Morddrohungen gegen Journalisten, Künstler und Politikerinnen ernst zu nehmen und mit Hochdruck aufzuklären. Wenn einzelne Betroffene wie Yücel nicht über eine gegen sie gerichtete Morddrohung informiert würden, "stimmt etwas nicht mit der Sorgfalt der Ermittlungen", erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

Er bezeichnete die Drohungen als "widerliche Versuche der Einschüchterung", die sich gegen die deutsche Demokratie richten. Die Polizei stehe aus seiner Sicht in der Pflicht, die Betroffenen zu schützen und mit Nachdruck den oder die Täter zu ermitteln.

Polizisten haben Daten von Betroffenen abgerufen

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Die Staatsanwaltschaft ermittelt in Deutschland bereits wegen mehrerer Fälle von rechtsextremen Drohschreiben. Einige der Mails waren mit "NSU 2.0" unterzeichnet. In mindestens drei Fällen waren zuvor persönliche Daten der Betroffenen von hessischen Polizeicomputern abgefragt worden. Landesinnenminister Beuth schließt nicht aus, dass es ein rechtes Netzwerk in der hessischen Polizei geben könnte. Ein Sonderermittler wurde eingesetzt.

Der Hamburger Polizeiforscher Rafael Behr sagt, schon jetzt werde in der Ausbildungsphase bei der Polizei viel getan, etwa mit interkulturellem Lernen. Behr dämpft aber zugleich die Erwartungen: "Es ist sehr schwer, jede Form von Extremismus bei der Polizei durch Ausbildung zu eliminieren."

Quelle: ntv.de, joh/AFP/dpa

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