Wegen Kriegsverbrechen Prozess gegen syrischen Folter-Arzt beginnt
19.01.2022, 12:25 Uhr
Mord, Folter, Körperverletzung und Freiheitsberaubung - diesen schweren Vorwürfen muss sich ein syrischer Arzt vor dem Bundesgerichtshof in Frankfurt stellen. Angeklagt ist er wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach dem sogenannten Weltrechtsprinzip.
Vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main hat der Prozess gegen einen syrischen Arzt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begonnen. Zum Auftakt wurde die Anklage verlesen. Die Bundesanwaltschaft wirft Alaa M. Folter und die vorsätzliche Tötung eines Gefangenen vor.
Der 36-Jährige soll in den Jahren 2011 und 2012 in einem Armeekrankenhaus und einem Gefängnis des Militärgeheimdiensts im syrischen Homs Gefangene "gefoltert und ihnen schwere körperliche sowie seelische Schäden zugefügt" haben. Konkret wirft ihm die Anklage unter anderem Mord, Folter in 18 Fällen, schwere und gefährliche Körperverletzung, schwere Freiheitsberaubung sowie Freiheitsberaubung mit Todesfolge vor. Der Arzt soll einen Gefangenen mit einer Injektion vorsätzlich getötet haben. Gefangene soll er getreten, geschlagen und mit einem Schlagstock verprügelt haben.
Der Bundesgerichtshof ließ am Dienstag alle Anklagepunkte zu. Zuvor hatte der Senat sie in zehn Fällen abgelehnt. Bis Ende März sind zunächst 15 Verhandlungstermine angesetzt.
Prozess nach dem Weltrechtsprinzip
Es ist der zweite Prozess dieser Art in Deutschland. Das Oberlandesgericht Koblenz hatte vor wenigen Tagen einen Mitarbeiter eines syrischen Gefängnisses unter anderem wegen 27-fachen Mordes, Folter und Misshandlungen zu lebenslanger Haft verurteilt.
Wie der Prozess in Koblenz wird die Verhandlung in Frankfurt gegen Alaa M. nach dem Prinzip des sogenannten Weltrechtsprinzips geführt. Dieses Regelwerk ermöglicht es, bei besonders schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch dann Urteile zu erhängen, wenn die Taten von anderen Staatsangehörigen in anderen Ländern begangen wurden.
Der syrische Exilaktivist und Journalist Sakher Edris, der aus Paris zu dem Prozess angereist war, sagte in Frankfurt, Prozesse um Staatsfolter in Syrien vor deutschen Gerichten seien ein Hoffnungsfunke für die Angehörigen der Menschen, die in Syrien nach der Festnahme durch Sicherheitskräfte verschwunden seien. Eine Gruppe von Syrern machte vor Prozessbeginn auf das ungewisse Schicksal vermisster Oppositioneller und die Menschenrechtsverletzungen in Syrien aufmerksam.
Quelle: ntv.de, mbu/AFP/dpa/rts