Panorama

Russland geht gegen Künstler vor Putin lässt "schwulen Putin" abhängen

Das Bild "Travesti" von Konstantin Altunin zeigt Putin (l.) und Medwedew.

Das Bild "Travesti" von Konstantin Altunin zeigt Putin (l.) und Medwedew.

(Foto: REUTERS)

Weltstars protestieren gegen schwulen- und lesbenfeindliche Politik in Russland. Erste westliche Künstler meiden das Land. Doch Moskaus Machthaber lassen Bilder beschlagnahmen und eine Galerie schließen. Russische Kulturschaffende suchen das Weite.

Ein weiteres Bild von Altunin zeigt Putin mit Heiligenschein.

Ein weiteres Bild von Altunin zeigt Putin mit Heiligenschein.

(Foto: REUTERS)

In St. Petersburg ist eine Ausstellung mit Bildern von Präsident Wladimir Putin und Regierungschef Dmitri Medwedew in Damenwäsche geschlossen worden. Das ausstellende Privatmuseum im Zentrum der russischen Metropole musste dichtmachen, wie dessen Besitzer Alexander Donskoij bestätigte. Vier Bilder seien auf Anzeige eines Ausstellungsbesuchers beschlagnahmt worden, sagte ein Polizeisprecher, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Die Beschlagnahmung konnte mit dem seit dem Sommer geltenden umstrittenen Gesetz begründet werden, das "Homosexuellen-Propaganda" vor Minderjährigen unter Strafe stellt. Eines der beschlagnahmten Gemälde des Künstlers Konstantin Altunin zeigt Putin im Unterkleid, wie er seinem mit Damen-Dessous bekleideten Ministerpräsidenten die Haare frisiert. Auf einem anderen Bild ist der Autor des umstrittenen Gesetzes, der Abgeordnete Witali Milonow, mit einer Fahne in den Regenbogenfarben der Homosexuellenbewegung zu sehen.

Proteste in Spanien gegen die Homophobie in Russland.

Proteste in Spanien gegen die Homophobie in Russland.

(Foto: AP)

Museumsgründer Donskoij warf dem Abgeordneten vor, die Schließung veranlasst zu haben. Milonow habe die Ausstellung vor einigen Tagen besucht und sei dann am Dienstagabend mit der Polizei wiedergekommen, berichtete er. Die Polizisten hätten dabei dazu "geraten", so kurz vor dem G-20-Gipfel Anfang September in St. Petersburg "keinen Lärm um diese Sache zu machen", sagte Donskoij. "Das ist skandalös, die Kunst hat mit der Politik nichts zu tun", fügte er hinzu.

Altunin kehrt Russland den Rücken

Altunin kündigte an, das Land zu verlassen - wegen der "Bedrohungslage". Zwar betont Putin, dass niemand in Russland wegen seiner Sexualität diskriminiert werde und Homosexualität selbst ja erlaubt sei. Experten aber meinen, dass Gewalttaten aus Schwulenhass bis hin zu Morden zugenommen hätten. In Internetforen verbreiten Homosexuelle entsetzt angebliche Aushänge von Hausverwaltungen in Wohnblocks mit Appellen, verdächtiges Verhalten von Nachbarn zu melden.

Unlängst hatte die russische Operndiva Anna Netrebko zu Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben gemahnt. Der britische Schauspieler Stephen Fry reiste sogar nach St. Petersburg - auch um Milonow bei dessen Hetzjagd auf Homosexuelle zu stoppen. Popstars wie Madonna und Lady Gaga protestierten gegen das Putin erlassene Verbot, in Gegenwart von Minderjährigen gut über Homosexualität zu sprechen.

Auch der deutsche Dramaturg Marius von Mayenburg sagte eine Reise zu einem Theaterfestival aus Protest gegen die staatliche Diskriminierung von Homosexuellen ab. Der US-Schauspieler Wentworth Miller verband seinen Verzicht auf einen Festivalbesuch in St. Petersburg sogar mit der ersten öffentlichen Erklärung, dass er Männer liebe. Die russische Kulturszene schwankt angesichts der westlichen Solidarität zwischen Respekt und Sorge.

In Internetforen bedauern Einzelne, dass nicht nur liberale und kluge Köpfe das Land verlassen, sondern jetzt auch noch die bei vielen Russen populären Idole aus dem Westen fernbleiben. Den Ton in Russland würden jetzt andere angeben.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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