Panorama

Innenminister sehen EinzelfallSpahn: Mord an Tankstelle ist "Pandemie-Extremismus"

22.09.2021, 15:11 Uhr
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Die Anteilnahme nach der Tötung des 20-jährigen Tankstellenangestellten in Idar-Oberstein ist groß. (Foto: dpa)

Ministerpräsidentin Dreyer und Gesundheitsminister Spahn reagieren mit Bestürzung auf die Tötung eines 20-jährigen Tankstellenmitarbeiters. Sie werfen "Querdenkern" vor, den Mord zu instrumentalisieren. Die Innenminister gehen davon aus, dass die Gruppe zwar kleiner werde, dafür aber radikaler.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat nach der Tötung eines Tankstellen-Mitarbeiters in Idar-Oberstein zu gesellschaftlichem Zusammenhalt aufgerufen. Es bleibe wichtig, "dass sich die Gesellschaft insgesamt gegen Hass und Hetze stellt und das auch deutlich zeigt", sagte sie.

"Wir sehen bereits jetzt, dass dieser schreckliche Mord instrumentalisiert wird", sagte Dreyer mit Blick auf Äußerungen von Corona-Leugnern und Querdenkern. Die Gewalttat werde dort gerechtfertigt und sogar begrüßt. Dreyer nannte dies "unfassbar zynisch". Sie sprach von einer "kaltblütigen und grausamen" Tat. "Das Leben des jungen Manns Alex wurde brutal beendet", sagte sie und sprach Familie, Freunden und Kollegen des Studenten ihr Mitgefühl aus.

"Wir diskutieren mit Menschen, die Sorgen haben", sagte die Ministerpräsidentin. "Aber wir ziehen eine klare rote Linie bei Verschwörungsmythen, Gewalt und Hetze". Dreyer sprach von einer "unsäglichen Melange" aus Impfgegnern, Reichsbürgern und Rechtsextremisten, die sich in der Corona-Pandemie zusammengetan habe. "Wir sehen, dass sich Angehörige dieser Szene zunehmend radikalisieren und auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken." Dreyer betonte: "Wer einen Mord rechtfertigt oder sogar begrüßt, bereitet den Boden für neue Gewalt." Das Internet sei kein rechtsfreier Raum. "Hass tötet."

Welle der Desinformation zur Pandemie

Die Äußerungen des Täters, dass "die staatlichen Einschränkungen im Zusammenhang mit der Pandemiebewältigung mit zu der Tat beigetragen haben könnten", nannte Dreyer "unfassbar zynisch und unfassbar schrecklich". Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach in Berlin von "Pandemie-Extremismus", gegen den jede Bürgerin und jeder Bürger eintreten müsse. "Ich kann nur sehr dafür werben, dass wir alle miteinander genau aufpassen, wie wir Worte wägen, wie wir umgehen mit Verschwörungstheorien." Die Tat von Idar-Oberstein bezeichnete Spahn als "kaltblütigen Mord". Auch die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer zeigte sich entsetzt über die Tat. Demmer warnte vor einer "Welle an Desinformation und Verschwörungsideologien, die sich in den letzten Monaten verbreiten haben". Es gehe dabei vor allem um staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.

Der 49 Jahre alte Deutsche sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, dem 20 Jahre alten Kassierer am Samstagabend in den Kopf geschossen zu haben. Der Kassierer hatte ihn auf die Maskenpflicht hingewiesen, daraufhin war es zum Streit gekommen. Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums stellt die Tötung einen Einzelfall dar. Die Tat zeige "ein dramatisches Ausmaß an Verrohung in der Gesellschaft", sagte ein Sprecher. "Nach allen Erkenntnissen, die wir bisher haben, handelt es sich um einen Einzelfall" - wenngleich es ein extremer Einzelfall gewesen sei. Daraus ließen sich aber keine "generalisierenden Rückschlüsse" ziehen. Es gebe derzeit keine Erkenntnisse über weitere Beteiligte "im strafrechtlichen Sinne". Nach Erkenntnissen des Bundesinnenministeriums und der Sicherheitsbehörden verkleinere sich die "Querdenker"-Szene, sagte der Sprecher. "Gleichzeitig gibt es aber einen radikalen Kern, der sich auch weiterhin radikalisiert."

Dreyer verwies darauf, dass aktuell viele Berufsgruppen verunsichert seien. Sie drückte etwa ihr Mitgefühl für Busfahrer, Verkäufer, Ordnungskräfte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst aus. Es sei wichtig, die Menschen auf Regeln wie die Einhaltung der Maskenpflicht hinzuweisen. "Im Zweifel ist es aber besser, die Polizei zu rufen und sich nicht anzulegen", sagte sie unabhängig von dem, was in der Tankstelle in Idar-Oberstein passiert ist.

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP

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